Nach ein paar grundlegenden Überlegungen zu Macht in der Organisation beleuchte ich hier mal die Perspektive von Machtumverteilung in Veränderungsprozessen. Und weise auch kurz auf den Unterschied bei Machtumverteilung in lateralen und vertikalen Veränderungsprozessen hin.
Nachdem ich über die individuelle Macht geschrieben habe, bekam ich ein paar Rückfragen zu Macht in Organisationen. Daher habe ich in meinem zweiten Beitrag die individuellen Machtkonzepte in den Organisationskontext gesetzt. Jetzt geht es um Macht in Veränderungs- und Transformationsprozessen aus einer ersten Perspektive. In einem nächsten Artikel schaue ich dann mal auf die Herausforderungen des Individuums in diesem Kontext. Und Fragen gerne an mich, dann kann ich damit drauf eingehen: hvt@heiko-veit.de.
Also, wie angekündigt, erst einmal ein paar Gedanken zu der Perspektive des Systems Organisation.
Dazu möchte ich an die Unterscheidung erinnern, ob es sich um eine laterale/horizontale Veränderung oder um eine vertikale Veränderung/Transformation geht. Ja, ich bin mir darüber bewusst, dass das in der Praxis nicht immer trennbar ist, aber für die Reflexion ist das erst mal eine nützliche Unterscheidung.
Bei einer lateralen Veränderung ändert sich die wesentliche Weltsicht und der Komplexitätsgrad nicht. Das ist eine Entwicklung auf ein und dergleichen Entwicklungsstufe. Dabei kann es erst einmal schon umwälzend aussehen, die grundsätzliche Handlungslogik und die gelten Kulturregeln der Organisation bleiben aber unverändert.
Ein aktuelles Beispiel ist, dass an vielen Stellen agile Techniken und Praktiken verwendet werden, jedoch der kulturelle Wandel und die damit verbundenen Haltungsveränderungen nicht wirklich passieren. Agile Techniken werden dann als ein Element für Effektivität oder Effizienz verwendet. Was vielen Organisationen sehr gut tut und zu deren Gesundung beiträgt, aber eben noch keinen wirklichen Paradigmenwechsel darstellt.
Oft finden laterale Veränderungen eher im objektiv-sichtbaren Bereich statt, beispielsweise die Veränderung einer Organisationsstruktur. Es können sich hier auch Haltungen und Werte ändern, aber die bleiben dann meistens auf der gleichen Entwicklungsstufe.
Wenn wir uns in dem Kontext das Thema Macht anschauen, dann reden wir darüber, dass die soziale Macht, also die Verantwortung, die eine Rolle oder Abteilung hat, umverteilt werden soll.
Eine Organisation ist ja unter anderem ein Mittel, um die Spannungsfelder unterschiedliche Zielstellungen auszubalancieren. Und Macht bedeutet, eine Zielstellung durchzusetzen.
Aus rein organisatorischer Perspektive ist dann also die Frage: Welche Spannungsfelder habe ich in der Organisation? Und wie will ich diese gestalten? Und dabei ist es unerheblich, ob es sich um die primären Spannungsfelder vom Markt oder die sekundären Spannungsfelder aus der internen Organisation, Menschen oder sonstigen Ressourcen handelt.
Somit ist das Thema Macht hier relativ trivial:
Hier geht es darum, bisherige Machtbereiche anders zu schneiden und anders zu verteilen. Und damit gilt es folgende Fragen zu beantworten:
Wenn man diese, gemeinsam mit einer Kontextanalyse gut reflektiert hat, ist der nächste Schritt relativ einfach. Man definiert, welche Macht, welcher Einfluss in Zukunft wo liegen soll. Zumindest aus der Perspektive des Systems Organisation ist das einfach… ich schreibe ja noch nicht über das Individuum und die dort eventuell empfundenen Verluste.
Bei einer vertikalen Veränderung ändert sich die grundlegende Handlungslogik, die Weltsicht, die Art und Weise, wie die Organisation sich und Ihrer Umwelt Bedeutung gibt, es ändern sich die Grundprämissen. DAS ist eine wirkliche Transformation.
Wenn Agilität wirklich in die DNS einer Organisation einsickert, ändern sich die Bedeutungsgebungsmuster, die Kultur ändert sich. Eventuell werden die agilen Praktiken aus dem Lehrbuch sogar komplett über den Haufen geworfen, weil in dem speziellen Fall bessere Wege gefunden werden, die Aufgabe der Organisation zu lösen. Es gibt ja viel Bewährtes für Flexibilität jenseits der Agilitätswelle.
In einem solchen Fall hat man nicht mehr die Diskussion über die jährliche starre Budgetplanung, die dann doch nicht zum iterativen Vorgehen passt. Es ist kein Thema mehr, dass eine Person eventuell nicht die Entscheidungskompetenz für ein Produkt hat. Eventuell gibt es sogar keine klassischen Führungskräfte mehr…
Und dennoch, auch in dem Fall gilt es Spannungsfelder zu managen und Macht einzusetzen, damit etwas geschieht. Hier kommt es nicht nur zu einer Umverteilung der Macht auf andere Rollen oder Abteilungen. Eine Umverteilung der Macht muss hier mehr oder weniger stärker in die Wertschöpfungsprozesse des Systems erfolgen. Wie können wir Prozesse und Strukturen gestalten, die eine Umverteilung der Macht bewirken und was wollen wir damit überhaupt erreichen?
Auch hier gilt es wieder die Treiber der Veränderung bewusst in den Blick zu nehmen. Da helfen die üblicherweise benutzten Begriffe wie „Stärkung der Anpassungsfähigkeit an den Markt“ nur sehr bedingt weiter. Die für diese Organisation gültigen Treiber und Spannungen herauszufinden ist eine wichtige Aufgabe. Das ist spannend und herausfordernd, vor allem, wenn wir irgendwann in die Richtung post-konventioneller Organisationen gelangen.
Jetzt ist der Beitrag schon sehr lang geworden und ich habe mich nur dem Aspekt der sozialen Macht gewidmet. Die intellektuelle Macht, die ja auch durchaus etwas mit Information, Wissen und Ausbildung zu tun hat, ist ein weiterer Aspekt, der wesentlich ist. Ebenso die emotionale Macht, die in Organisationen ja oft in den Netzwerken zu sehen ist. Daher mal ein paar Frage, die über die soziale Macht hinaus gehen:
Und ja, es geht mit dem Thema Macht weiter…
spannend. Als ich anfing, war ich mir noch gar nicht bewusst, wie breit das Thema eigentlich ist. Und ich folge ja auch nur einem von vielen möglichen Fäden.
Übrigens, diese Artikel zum Thema Macht könnten auch noch interessant sein:
Macht Teil 2: Macht in Organisationen
Macht Teil 1: Macht oder Ohnmacht - Was wir als Kinder lernen sollten?