Von KPIS (Kennzahlen), Steuerung und Sinn…

Von KPIS (Kennzahlen), Steuerung und Sinn…

Heiko Veit
von Heiko Veit

Eine Organisation muss geführt und gesteuert werden. 

Auch wenn dies nicht unbedingt durch einen Diktator erfolgen sollte… 

Entscheidungen in komplexen Situationen können nur durch Menschen sinnvoll getroffen werden. 

Und Menschen sind dazu auf Informationen angewiesen…

Unabhängig vom Organisationsmodell, ob klassisch hierarchisch, flache oder tiefe Hierarchie, holarchisch oder zwiebelförmig, kooperativ oder diktatorisch, keine Organisation kommt ohne Entscheidungen und Steuerung aus. Und Steuerung in komplexen Situationen können nur Menschen sinnvoll vornehmen, da sich die Welt nicht mit Algorithmen und Routinen vollumfänglich beschreiben lassen kann. 

Ok, manche würden sagen „noch nicht“, aber das warten wir erst mal ab….

Sinnvoll bedeutet auch, dass Informationen unseren Sinnen erst einmal zugänglich gemacht, dann interpretiert werden, um dann daraus Schlüsse zu ziehen.

Hier geht es mal um den Beginn… das Zugänglich machen mit den Sinnen und einen guten Rahmen als Interpretationshilfe.

Also, um gute Entscheidungen zu treffen, müssen Menschen sinnlich wahrnehmen und müssen dann daraus -unter anderem- gute Informationen machen. Und da möchte ich gerne für die Ehrenrettung eines leider extrem in Misskredit geratenen Elements eintreten. Für den KPI, den Key Performance Indicator.

Ohne jetzt auf die Historie, die übertriebene Verwendung von KPIs oder auf die lustige Idee, eine Organisation wäre alleine mit Powerpoint und Excel zu führen einzugehen, hier ein paar pragmatische Hinweise.

Mehr zu KPIs (Kennzahlen)

Ein KPI soll mir Informationen geben, die es mir möglich machen, (m)eine Organisationseinheit zu steuern. Ob die Steuerung jetzt auf Ebene von Prozessen, Ressourcen, Mitarbeitern, Kunden oder sonstiges einwirkt, ist für die grundsätzliche Betrachtung von KPIs unwesentlich.

Ein KPI hat also zum Ziel, mir Informationen zu geben, damit ich die Organisation steuern kann. Damit habe ich ein paar ganz konkrete Anforderungen an einen KPI:

Die Offensichtlichste: Ich muss etwas messen, was ich auch beeinflussen kann!

Ansonsten ist das eher weniger ein KPI, als mehr ein Eingangsparameter für Steuerungsprozesse oder eine interessante Information, mit der ich Erkenntnisse gewinnen kann, was eigentlich vorgeht oder die ich in die Bewertung meiner KPIs mit einbeziehen kann.

Die Aussage, etwas zu messen, was ich auch beeinflussen kann, klingt jetzt so einfach, bedeutet in der Praxis aber, dass ich mir bei der Definition von KPIs einiges an Gedanken machen muss.

Wenn auch vielleicht nicht unbedingt in der Reihenfolge, so muss ich mir aber doch die folgenden Gedanken machen:

Wie messe ich den KPI?

Ich benötige eine sichere und wiederholbare Messmethodik, die mir auch verlässliche Ergebnisse liefert. 

Das klingt jetzt überraschend? Gut. Ich habe schon Kunden erlebt, die haben KPIs definiert, bei denen leider die Grundlagen fehlten und diese daher gar nicht erhoben werden konnten.

Was nicht bedeutet, dass Menschen dann nicht Daten zusammengestellt haben, um die KPIs zu liefern. Jedoch eben mit viel manuellem Aufwand und damit -mal abgesehen von der Effizienzfrage- mit einer hohen Fehleranfälligkeit.

Was ist der Zielwert oder Zielbereich für diesen KPI?

Ein KPI sollte mich schnell in die Lage versetzen zu steuern. 

Und steuern bedeutet ja auch einer Orientierung zu folgen. Zumindest, wenn man ergebnisorientiert steuern möchte. Dazu ist es wichtig, dass man einen Zielwert oder einen Zielbereich definiert, in dem der KPI liegen soll. Dies kann übrigens auch relativ geschehen. Gerade zum Thema relative Zielsetzung empfehle ich Niels Pflägings Buch „Beyond Budgeting“.

Übrigens muss man manchmal auch erst mal ein paar Daten sammeln, bevor in meinem Kontext passende Zielbereiche definiert werden können.

Welche Faktoren haben einen Einfluss auf diesen KPI?

Interessanterweise ist das eine Frage, die sich viele Organisationen gar nicht konsequent stellen. 

Dabei ist das genau das spannende Element, denn ich möchte ja den KPI nutzen, um zu steuern. Dann sollte ich auch wissen, WIE ich steuere, um diesen KPI zu beeinflussen. Was sind die Einflussfaktoren auf diesen KPI und welche davon kann ich wirklich beeinflussen und bei welchen bin ich abhängig von anderen, vielleicht sogar vom Markt?

So, jetzt müssen wir das „nur“ noch zusammen setzen.

KPI Steuerung Sinn Organisationen


Wenn man das jetzt genau anschaut, kann man meistens feststellen, dass erst mehrere KPIs in Bezug zueinander gesetzt werden müssen, damit man wirklich sinnvolle Erkenntnisse ableiten kann.

Und das ist gerade ein Schlüsselsatz: Ein Mensch muss sinnvolle Erkenntnisse ableiten.

Vielleicht indem Sie sich mal einen KPI anschauen, den Sie derzeit verwenden und sich die wesentlichen Fragen einmal stellen:

  • Ist der KPI allgemeinverständlich definiert?
  • Ist der KPI allen relevanten Personen zugängig und kann er auch entsprechend interpretiert werden?
  • Ist die Messung des KPI verlässlich?
  • Ist der Zielwert des KPI nützlich definiert?
  • Kenne ich die Einflussfaktoren auf den KPI und wie sind diese beeinflussbar?
  • Gibt es eine ausreichende Dokumentation dieser Zusammenhänge?

Und gerade in größeren Organisationen wäre dazu noch zu ergänzen:

  • Welche Routinen, also regelmäßig stattfindenden Abläufe gibt es auf welcher Ebene, um die KPIs (und weitere Informationen) auch regelmäßig zu nutzen, Veränderungen zu reflektieren und Maßnahmen zu initiieren?
Vielleicht offensichtlich, aber dennoch:
Die Betrachtung und Reflexion über einen KPI erzeugt noch keinen Unterschied, es braucht eine Handlung, um etwas zu verändern!
Das schönste Dashboard, die professionellste Dokumentation und Darstellung hilft nicht, wenn es nicht eine Klarheit der Erkenntnisse und daraus abgeleitete Aktivitäten gibt, deren Wirkung
-hoffentlich Erfolg- auch wiederum ausgewertet wird.

Food for Thought: Mögliche Täuschungsprozesse

Selbst wenn man sich an die obigen Empfehlungen für wirksame KPIs hält, kann man dennoch vielfältigen Täuschungen unterliegen. So könnte man beispielsweise glauben, dass Aussagen über Produktivität, Krankenstand oder andere eher intern erhobene Leistungskennzahlen auch direkte Aussagen über die Überlebensfähigkeit und den Erfolg der Organisation zuliessen. Natürlich sind diese Zahlen relevant, sie benötigen aber eine Einordnung unter Berücksichtigung des Kontexts der Organisation. Und genau da kommt die Unternehmensgrenze ins Spiel. 

Das Überleben und der Erfolg der Organisation ist primär an der Schnittstelle zwischen Organisation und Kontext, also beispielsweise Austauschbeziehungen zu Kunden, Mitarbeitende oder Gesellschaft zu erkennen. Daher sind Informationen wie Umsatz, Gewinn und Cash-Flow, die sich an der Unternehmensgrenze abspielen "härter" als beispielsweise die interne Produktivität. Natürlich kann man jetzt sagen, dass die Produktivität eine Auswirkung auf das Verhältnis von Umsatz zu Gewinn hat und damit relevant ist. 

Aber eine wirklich gute Produktivität sagt halt noch nichts darüber aus, ob genug Produkte abgenommen und bezahlt werden.

Wenn man mit obigen Überlegungen einmal über den Unterschied von internen Kennzahlen und denen an der Grenze der Organisation reflektiert, wird man schnell feststellen, dass je mehr wir auf Unternehmensgrenze und somit den Kontext schauen, unsere direkten Einflussmöglichkeiten geringer werden. Damit wird es auch schwieriger, erfolgversprechende Maßnahmen abzuleiten. Auch die direkte Wirksamkeitsmessung wird hier immer herausfordernder. Gerade an den Unternehmensgrenzen ist auch der Einsatz relativer Ziele, ein Konzept aus dem Beyond Budgeting, besonders interessant. 

Damit einher geht aber auch, sich bewusster zu werden, welche Aspekte wir stärker steuern und gestalten können und an welchen Stellen es sich um einen regelrecht co-kreativen Akt zwischen Unternehmen und Umwelt handelt, in dem wir nur Wahrscheinlichkeiten erhöhen können. Das erzeugt natürlich eine gewisse Form von Unsicherheit, die oftmals durch die Illusion von Kontrolle behoben wird.

Dazu kommen reichlich Narrative und Standard-KPIs, die landläufig genutzt werden, unabhängig davon, ob diese KPIs wirklich gut erstellt wurden oder ob die vermuteten Wirkzusammenhänge wirklich existent sind, bzw. unter welchen Rahmenbedingungen diese KPIs anwendbar sind.

Messen wir das Richtige und leiten wir passende Maßnahmen ab?

Am Ende ist im Unternehmenskontext immer wieder die Frage relevant, ob Aktivitäten das kurzfristige und langfristige Überleben der Organisation unterstützen. 

Sehr vereinfacht liegt das natürlich daran, ob attraktive Werte für relevante Kunden geschaffen werden. 

Oder anders formuliert: Ob relevante Probleme für den Markt gelöst werden. Und sei es nur "Entertainment" als Wert, der das Problem einer potentiellen Langeweile oder gar der Notwendigkeit nach eigener Sinnsuche "löst".

Daher ist bei allen KPIs und den aus den KPIs abgeleiteten Maßnahmen der Kontext der Organisation ganz explizit mitzudenken und in den Fokus zu nehmen. Es hat schon Organisationen gegeben, die haben sich "zu Tode gespart". Interne Kennzahlen sind immer besser geworden, aber die notwendige Wertschöpfung für den Kunden war soweit aus dem Fokus geraten, dass am Ende der Kunde eben nicht mehr gekauft hat. 

Als Ergänzung zum "vielleicht offensichtlichen":
Eine Handlung muss noch lange nicht den Effekt haben, der gewünscht ist.
Und genau zu klären, welcher Effekt eigentlich erzielt werden soll, ist wichtig, damit nicht Mittel und Zweck verwechselt werden.
Heiko Veit
Heiko Veit
Hier schreibe, denke und drücke ich mich aus. Und zwar, ohne mir irgendeine Perspektive zu verbieten oder einen besonderen Fokus zu verfolgen. Ich hoffe, Du findest etwas für Dich Interessantes! Mehr über mich findest Du auf Über uns. Danke fürs Lesen und Herzensgrüße an Dich.
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