Agilität in der Führung...eine Entwicklungsfrage?

Agilität in der Führung...eine Entwicklungsfrage?

Heiko Veit
von Heiko Veit

Eine kleiner Hinweis vorab... es geht in diesem Artikel NICHT um etwas, was sich aus dem agilen Manifest entwickelt hat. Es geht nicht um agile Frameworks, Methoden oder ähnliches. Hin und wieder werde ich aber Bezug darauf nehmen.

Es geht um Agilität im ursprünglichen Sinne

Bei Agilität geht es vor allem und die Fähigkeit zur Anpassung und die Flexibilität mit unterschiedlichen Situationen umzugehen. Es geht um passende oder neue Bewältigungsmechanismen. Dabei ist es sehr wesentlich zu berücksichtigen, wie ein Mensch sich selbst, anderen Menschen, Situationen und Kontexten Bedeutung verleiht.

Die Perspektive der Bewusstseinsentwicklung oder auch der Ich-Entwicklung nimmt genau das in den Blick. Wie ist die Struktur der Bedeutungsgebung. Dabei lassen sich verschiedene Stufen einer vertikalen Entwicklung beschreiben, die von früher und einfacher hin zu später und komplexer reichen. Dabei ist komplexer nicht automatisch besser, sondern erst einmal einfach nur anders.

Was heißt vertikale Entwicklung?

Eine vertikale Entwicklung erfüllt drei Bedingungen:

Es muss ein Anstieg der Komplexität mit ihr einhergehen. Dabei meint der Anstieg der Komplexität eben nicht einfach nur mehr vom selben. Dazu ein Beispiel: Wenn ich (1) über das Denken nachdenke und dann darüber (1) nachdenke, wie ich (1) darüber nachdenke ist das noch keine wirkliche Komplexitätssteigerung. Denn nach wie vor denke ich über mein Denken nach. Wenn ich aber (1) über mein Denken reflektiere und mich mit dieser Reflektion in einen Austausch mit anderen Menschen begebe, mit diesen gemeinsam reflektiere, deren Reflektion als (2) gleichwertig betrachte und wir auf der Basis von Verstehen der anderen Position dann zu integrierenden Lösungen kommen handelt es sich um eine Komplexitätssteigerung.

Die vorherige Ebene muss überschritten und eingegliedert werden. Das bedeutet, es muss eine neue Ordnung des Ordnens entstehen. Bei Menschen ändert sich die Subjekt-Objekt – Grenze. Was ist mein Subjekt und was kann ich zum Objekt machen und reflektieren. Beispielsweise kann ich zuerst mein Verhalten beobachten, später meine Gedanken und Gefühle, die zum Verhalten führen und immer noch kann ich auch mein Verhalten beobachten, aber ich setze es in das neue Ordnungsschema der Beobachtung meiner Gedanken und Gefühle ein...

Einmal erworbene Veränderungen bleiben stabil, auch wenn die neuen Fähigkeiten nicht genutzt werden. Also auch wenn ich vielleicht nicht die Aufmerksamkeit auf die Art und Weise meiner Gedanken und Gefühle lege, könnte ich das jederzeit tun.

Genau darum sind Schablonen und der Einsatz von Methoden oft nicht erfolgreich

Alles was ich verstehe, verstehe ich auf Grund meiner eigenen Haltung (von der die Ich-Entwicklungsstufe ein Teil ist…..). Mehr zur vertikalen Entwicklung und zum STAGES Entwicklungsstufenmodell ist in dem verlinkten Beitrag zu lesen.

Wie eine Führungskraft (und auch Mitarbeiter) Agilität interpretiert, ist stark von ihrer eigenen Haltung abhängig. Haltung besteht in meinem Verständnis aus zwei Komponenten. Zum einen die inhaltliche Komponente, was ist mir wichtig, was habe ich gelernt, was ist mein Persönlichkeitstyp und wie bringe ich diesen ein. Diese Komponente ist relativ kurzfristig zu entwickeln.

Die andere Komponente ist die Bewusstheit, die Ich-Entwicklung. Wie setze ich mich selbst in Beziehung zur Welt, in welcher Art und Weise gebe ich den Phänomenen innerhalb und außerhalb von mir Bedeutung. Diese Komponente nimmt den Kern des Menschen in den Blick, die Art und Weise der Bedeutungsgebung. Die Ich-Entwicklungsstufe auf eine spätere Stufe zu entwickeln ist ein hochkomplexer Prozess, der zwar unterstützbar, aber nicht planbar ist. Und dennoch ist die Entwicklungsstufe an einigen Stellen ein wirklich entscheidender Faktor.

Die Entwicklungsstufe ist sozusagen eine Moderatorvariable, die bestimmt, wie ich mit allem, was von Außen und von Innen auf mich einströmt umgehe. Wenn ich beispielsweise meinen eigenen Maßstab sehr stark an meiner Bezugsgruppe anlege, so bin ich mit dem Akzeptieren gänzlich anderer Kulturen weitaus geforderter, als wenn ich mir schon über die Prägungen bewusst geworden bin, die dazu geführt haben, welchen Maßstab ich anlege. Dabei geht es nicht nur um konzeptionelles und rationales Verständnis, sondern vor Allem um die Verkörperlichung, also das eigene Handeln aus der jeweiligen Entwicklungsstufe.

Bei der Besetzung von Schlüsselpositionen ist also der Blick auf die Entwicklungsstufe äußert sinnvoll, damit die Anforderungen an die Person die Bewältigungsmechanismen nicht überschreitet. Joiner und Josephs haben die Ich-Entwicklung auf das Thema "agile Führung" angewandt. Dabei sind sie auf vier wesentliche Beobachtungsfelder und Schlüsselkompetenzen gestoßen:

  • Wie ist die Sicht der Führungskraft auf Führung?
  • Wie ist das Verhalten in entscheidenden Gesprächen?
  • Wie sieht es mit der Führung von Teams aus?
  • Wie steht es um die Führung von organisationalen Veränderungen?

Im Folgenden einmal im Überblick zusammengestellt:

Entwicklung der Schlüsselkompetenz über die Stufen

vor-agile Stufen

Dabei handelt es sich um frühe Entwicklungsstufen bei denen noch nicht von Agilität gesprochen werden kann. Hierbei befinden wir uns als Menschen sozusagen erst einmal auf der Reise, in der Gesellschaft anzukommen. Wir lernen als kleine Kinder mit unseren Körpern umzugehen, wo hört der Körper auf, was können wir mit dem Körper anfangen. Danach lernen wir, wie wir uns in eine Gemeinschaft einbinden können. Wir erlernen Regeln, die Fähigkeit Beziehungen aufzubauen und aufrecht zu erhalten und wir integrieren Prinzipien, die es uns ermöglichen, dass wir stabil zu unseren Werten stehen und lanfgristig Organisationen zu bauen. Auf diesen Stufen kann noch nicht von Agilität gesprochen werden, weil die innere Persönlichkeitsstruktur entweder prä-sozial ist oder die Orientierung an der Bezugsgruppe so groß ist, dass kaum eine eigenständige Meinung sichtbar ist.

Auf diesen Stufen befinden sich insgesamt ca. 16% der erwachsenen Menschen.

"Heroische" Stufen

Die heroischen Stufen werden gehören auch zu den konventionellen Stufen. Das bedeutet, diese entsprechen -immer noch- in unserer Gesellschaft den üblichen Erwartungen. Daher unterstützt uns die Gesellschaft in der Entwicklung bis zu diesen Stufen, danach wird es schon schwieriger, entwicklungsförderliche Umfelder zu finden.

Sachkundige (Experte, STAGES: 3.0) Stufe (ca. 45%)

Die Sicht auf Führung ist auf diesen Stufen am ehesten als eine taktische Problemlösungssicht zu umschreiben. Sie gehen davon aus, dass andere Menschen einer Führungskraft folgen, weil diese eine besondere fachliche Expertise hat oder weil diese formell die Rolle in einer Hierarchie bekleidet.

In entscheidenden Gesprächen erkennt man oft ein starkes schwarz-weiß Verständnis. Die eigene Position wird entweder sehr stark, quasi schon absolutistisch vertreten oder sie wird stark zurückgehalten, um andere zufrieden zu stellen. Der Stil kann dabei sehr schnell wechseln. Menschen auf dieser Stufe neigen dazu, Feedback zurück zu halten und auch nicht aktiv danach zu fragen.

In der Führung von Teams sind sie eher Beaufsichtiger oder Kontrolleure. Sie neigen dazu, Einzelarbeiter in einer Gruppe zu erzeugen, anstatt ein echtes miteinander verbundenes Team. Sie arbeiten und führen häufiger im eins-zu-eins-Modus. Sie sind regelrecht gefangen in den Details der Arbeit und schaffen es daher nicht, strategisch zu führen. Der Klassiker ist hier das Bild vom Holzfäller, der so viel zu tun hat, dass er sich nicht die Zeit nimmt, die Axt zu schärfen.

Bei organisationalen Veränderungen wird auf kleine Verbesserungen im eigenen Bereich fokussiert. Dabei geht die Aufmerksamkeit für die Stakeholder häufig verloren, insbesondere zu externen Stakeholdern.

Das zeigt aus meiner Sicht schon sehr deutlich, wie ein Verständnis von Agilität und Anpassungsfähigkeit auf dieser Stufe aussieht.

Leistungsorientierte (Achiever, STAGES 3.5) Stufe (ca. 35%)

Auf dieser Stufe geht es in der Sicht auf Führung um die strategische Ergebnisorientierung. Die Aufgabe der Führung wird hier häufig so verstanden, dass es darum geht die Mitarbeiter zu motivieren, in dem ein herausfordernder Beitrag zu großen Zielen geleistet wird. Alleine die Bewältigung von großen Herausforderungen wirkt hier häufig befriedigend. Da hier schnell Missverständnisse entstehen, die großen Ziele müssen nicht organisatorisch-materialistische Ziele sein, auch die Rettung der Welt oder die Beendigung von Tierversuchen könnten solche Ziele sein. Bei der Ich-Entwicklung geht es um die Struktur, wie mit Inhalten umgegangen wird, nicht um die Inhalte!

In entscheidenden Gesprächen wird oft eine sebstbewusste oder bestimmte Position eingenommen. Diese kann auch über die Sache definiert werden. Auf dieser Stufe sind Menschen in der Lage, ihren eigenen Stil etwas abzuschwächen und sich auf das Gegenüber einzustellen. Feedback wird akzeptiert und auch initiiert, wenn der Nutzen des Feedbacks für die Zielerreichung erkennbar ist.

In der Führung von Teams agieren Menschen auf diesen Stufen wie vollwertige Manager. Meetings und Diskussionen zu wichtigen strategischen Themen werden oft im Vorfeld so gestaltet, das es einen Buy-In zur eigenen Sichtweise gibt. Auch die Anpassung der eigenen Sichtweise in einem gewissen Rahmen kann hier erfolgen, gänzlich neue Positionen werden eher selten eingenommen.

Bei organisationalen Veränderungen erfolgt insbesondere die Analyse des Marktes. Die Strategien zum Gewinnen von Stakeholdern gehen von einseitiger Kommunikation bis hin zum Erbitten von Input. Die Auswertung der Rückmeldungen wird hier nach wie vor intern erfolgen.

Auf dieser Stufe sind Menschen in der Lage, eine eigenständige Position einzunehmen, sie selbst sehen sich in der Verantwortung und fähig dazu, ein Urteil zu fällen. Sie orientieren sich dabei an den eigenen Maßstäben, die natürlich auf Grund der vielfältigen Lernerfahrungen und der Rahmenbedingungen des Kontexts gebildet wurden. Jedoch fehlt hier noch die Bewusstheit für eben genau diese Einflussfaktoren auf die eigenen Maßstäbe. Hier könnten jedoch agile Werte und Prinzipien zum eigenen Maßstab werden, jedoch mit der besonderen Herausforderung, dass man diese grundsätzlich auf alle anderen auch anwendet. Dies kann durch die Fähigkeit zur Einbindung von Stakeholdern oft kompensiert werden, jedoch ist die Kontextkopplung an nicht-agil arbeitende Umfelder hier noch oft schwierig. Die Verinnerlichung von Kontexten im Sinne von "unterschiedlichen Sinngebungsfeldern" ist hier noch nicht erfolgt.

Leistungsorientierte (Achiever, STAGES 3.5) Stufe (ca. 35%)

Auf dieser Stufe geht es in der Sicht auf Führung um die strategische Ergebnisorientierung. Die Aufgabe der Führung wird hier häufig so verstanden, dass es darum geht die Mitarbeiter zu motivieren, in dem ein herausfordernder Beitrag zu großen Zielen geleistet wird. Alleine die Bewältigung von großen Herausforderungen wirkt hier häufig befriedigend. Da hier schnell Missverständnisse entstehen, die großen Ziele müssen nicht organisatorisch-materialistische Ziele sein, auch die Rettung der Welt oder die Beendigung von Tierversuchen könnten solche Ziele sein. Bei der Ich-Entwicklung geht es um die Struktur, wie mit Inhalten umgegangen wird, nicht um die Inhalte!

In entscheidenden Gesprächen wird oft eine sebstbewusste oder bestimmte Position eingenommen. Diese kann auch über die Sache definiert werden. Auf dieser Stufe sind Menschen in der Lage, ihren eigenen Stil etwas abzuschwächen und sich auf das Gegenüber einzustellen. Feedback wird akzeptiert und auch initiiert, wenn der Nutzen des Feedbacks für die Zielerreichung erkennbar ist.

In der Führung von Teams agieren Menschen auf diesen Stufen wie vollwertige Manager. Meetings und Diskussionen zu wichtigen strategischen Themen werden oft im Vorfeld so gestaltet, das es einen Buy-In zur eigenen Sichtweise gibt. Auch die Anpassung der eigenen Sichtweise in einem gewissen Rahmen kann hier erfolgen, gänzlich neue Positionen werden eher selten eingenommen.

Bei organisationalen Veränderungen erfolgt insbesondere die Analyse des Marktes. Die Strategien zum Gewinnen von Stakeholdern gehen von einseitiger Kommunikation bis hin zum Erbitten von Input. Die Auswertung der Rückmeldungen wird hier nach wie vor intern erfolgen.

Auf dieser Stufe sind Menschen in der Lage, eine eigenständige Position einzunehmen, sie selbst sehen sich in der Verantwortung und fähig dazu, ein Urteil zu fällen. Sie orientieren sich dabei an den eigenen Maßstäben, die natürlich auf Grund der vielfältigen Lernerfahrungen und der Rahmenbedingungen des Kontexts gebildet wurden. Jedoch fehlt hier noch die Bewusstheit für eben genau diese Einflussfaktoren auf die eigenen Maßstäbe. Hier könnten jedoch agile Werte und Prinzipien zum eigenen Maßstab werden, jedoch mit der besonderen Herausforderung, dass man diese grundsätzlich auf alle anderen auch anwendet. Dies kann durch die Fähigkeit zur Einbindung von Stakeholdern oft kompensiert werden, jedoch ist die Kontextkopplung an nicht-agil arbeitende Umfelder hier noch oft schwierig. Die Verinnerlichung von Kontexten im Sinne von "unterschiedlichen Sinngebungsfeldern" ist hier noch nicht erfolgt.

Post-Heroische Stufen

Die post-heroischen Stufen entsprechen auch den post-konventionellen Stufen. Wir verlassen die üblichen Erwartungen der Gesellschaft und es ist wichtig, die Fähigkeiten der früheren Stufen auch nach wie vor zu nutzen. Auf diesen Stufen wird unser Ich wieder durchlässiger. Menschen auf diesen Stufen beginnen zu erkennen, wie eigentlich ihre Maßstäbe entstanden sind und werden somit immer flexibler und systemischer, begreifen sich mehr und mehr als eingebettet in Wechselwirkungen und können daher immer offener und flexibler werden. Sie müssen sich selbst und ihr "Ich" immer weniger schützen und können daher auch ihre eigene Position immer einfacher hinterfragen.

Pluralistische (STAGES 4.0) Stufe (ca. 10%)

Auf dieser Stufe geht es Menschen in der Sicht auf Führung um eine visionäre Ermöglichungsorientierung. Dazu formulieren Führungskräfte eine innovative und begeisternde Vision und bringen die richtigen Leute zusammen, um die Vision zu realisieren. Führungskräfte ermächtigen andere und unterstützen aktiv deren Entwicklung.

In entscheidenden Gesprächen balancieren Führungskräfte oft geschickt einen bestimmten und einen entgegenkommenden Stil in Abhängigkeit der konkreten Situation in der sie sich befinden. Sie formulieren und hinterfragen die tieferliegenden Annahmen, sowohl von sich selbst als auch von anderen. Grundsätzlich sind sie daran interessiert, verschiedene Standpunkte kennen zu lernen. Dabei sind sie aktiv in der Suche und dem Aufrechterhalten von Rückmeldeschleifen. Dabei geht es ihnen nicht nur um die Ergebnisorientierung, sondern auch schon um die persönliche Entwicklung.

In der Führung von Teams wollen sie eine hohe Beteiligung im Team über die Ergebnisorientierung hinaus. Sie agieren als Teamführer, weniger als Individualführer wie noch zuvor, sind eher Ermöglicher und Moderator. Sie fördern und suchen offenen Austausch von Sichtweisen auf schwierige Themen. Sie nutzen Teamentwicklung als ein Mittel zur Führungsentwicklung.

Bei organisationalen Veränderungen berücksichtigen sie stärker als zuvor die Kultur und wollen zu einer Kultur beitragen, die Teamarbeit, Beteiligung und Ermächtigung Einzelner ermöglicht. Die Überzeugung, dass Entscheidungen besser werden, wenn man Stakeholder (nicht nur Kunden ;-) ) wirklich in Entscheidungsprozesse einbindet und nicht nur ein Buy-In macht, führt zu einem erhöhten aktiven Engagement im Austausch mit verschiedenen Stakeholdern.

Aus meiner Sicht sprechen wir hier eigentlich von der ersten Stufe, die im Wesentlichen in der Lage ist, die Werte und Prinzipien des agilen Manifests tatsächlich jenseits von Schablonen und Mustern anzuwenden. Es steigt das Kontextbewusstsein und damit auch langsam die Erkenntnis der Einzigartigkeit von Situationen. Das Risiko, sich jedoch in der Multiperspektivität zu verlieren und keine integrierenden Prinzipien zu haben, ist auf dieser Stufe gegeben. Daher ist der Rückgriff auf agile Praktiken und Teile von agilen Frameworks oft extrem nützlich. Hierbei wird aber nicht nur das Framework eingeführt, sondern tatsächlich auch auf die eher nicht objektiv zu bewertenden Faktoren geachtet, wie beispielsweise die Stimmung im Team, wie privat-persönliche Situationen auch vom Team aufgefangen werden können und wie offen sich Menschen auch mit ihren Ängsten zeigen können.

Vor allem steigt hier das Verständnis von Kontext im systemischen Sinne, also was definiert Sinn und Bedeutungsgebung in den verschiedenen Kontexten, beispielsweise innerhalb des Teams, außerhalb des Teams und in Einzelgesprächen

Systemisch-strategische (STAGES 4.5) Co-Creator Stufe (ca. 4%)

Hier ist die Sicht auf Führung noch einmal offener, die Orientierung geht hin zu einem geteilten Sinn und zu echter Kollaboration, nicht nur in der Erbringung der Arbeitsergebenisse, sondern auch in der Gestaltung der Arbeitsprozesse und -beziehungen. Hier findet man häufig die Überzeugung, dass Führung ein Dienst für andere ist. Führungkräfte arbeiten mit anderen zusammen, um eine gemeinsam geteilte Vision zu erarbeiten, die dazu führt, dass alls in der Tiefe sinnerfüllt erlebt wird. Und dabei werden Gefühle ganz natürlich als elementare Bestandteil integriert.

In entscheidenden Gesprächen haben Führungskräfte bestimmte und entgegenkommende Stile integriert und sind hochflexibel im Einsatz dieser Stile. Sie sind in der Lage, sogar in emotional hoch geladenen Situationen negatives Feedback zu verarbeiten und Schlussfolgerungen aus dem Feedback zu ziehen. Dabei können sie sogar in diesen Situationen Kontakt und Bindung aufrecht erhalten.

Auf dieser Stufe wird eine kollaborative Führung in Teams entwickelt, in der sich die Mitglieder voll verantwortlich fühlen. Dabei beschränkt sich die Verantwortung nicht nur auf den eigenen Bereich, sondern auf die Gesamtverantwortung der vom Team gemanagten Einheit. Es gibt hier, wie auf der Stufe zuvor, eine praktische Vorliebe für Konsensentscheidungen, jedoch wird hier deutlich flexibler auch wieder zu autoritäreren Entscheidungsfindungen, sofern das nach Kontext und Situation passend ist. Hier werden auch übergeordnete Prinzipien gebildet, die bei der Entscheidungsfindung dienen.

Bei organisationalen Veränderungen nutzen Menschen auf dieser Stufe die tiefen Beziehungen zu Schlüsselstakeholdern, die sie aufgebaut haben. Diese sind von wechselseitigem Einfluss und aufrichtiger Hingabe für das gemeinsame Wohl gekennzeichnet. Dadurch werden auch Organisationen oder Organisationseinheiten gewandelt oder gegründet, in denen tiefgehende Kollaboration -weit über die Erbringung von Arbeitsergebnissen- und Corporate Social Responsibility integrierte Praxis im täglichen Wirken sind.

Gerade an dieser Stufe muss ich -mal wieder- darauf hinweisen, dass schnell Inhalte auf Stufen mit den Strukturen von Stufen vermengt werden. Und da jeder grundsätzlich alles, was er oder sie liest auf Basis der eigenen Entwicklungsstufe versteht, wird vielleicht auch die Beschreibung dieser Stufe manchen dazu ermutigen, sich selbst auf dieser Stufe zu verorten. Ich möchte dabei einfach darauf hinweisen, wie selten diese Stufe in einer vollen Ausprägung ist. Und wie schwierig eine Selbsteinschätzung ist.

synergistische (STAGES ab 5.0) und spätere metabewusste Stufen (ca 1%)

Hier befinden wir uns jetzt nochmal in einem neuen Bereich der Bewusstseinsentwicklung. Diese Stufen werden manchmal auch post-postkonventionell genannt. Hier wird der Fokus der eigenen Wahrnehmung intensiv auf den Prozess der eigenen Bedeutungsbildung gelegt. Wir fangen sozusagen an, unsere Bewusstheit selbst in den Fokus zu nehmen und überschreiten damit die Reflexion über unser Denken, Fühlen, unser "so-geworden-sein" und all die systemischen Einflüsse, die uns geprägt haben und prägen.

Die Sicht auf Führung ist hier holistisch orientiert. Führung wird als Teil eines greifbaren Lebensinns erlebt, der allem einen Nutzen stiftet. Dabei ist Führung ein Hilfsmittel für die persönliche und soziale Transformation.

In entscheidenden Gesprächen sind Menschen auf dieser Stufe IN bestimmenden und entgegenkommenden Bewusstseinsinhalten, die je nach Situation adäquat ausgedrückt werden können. Die Stufen davor verwenden Stile, hier ist es eine Einheit von Denken-Fühlen-Verhalten in einem ganz anderen Ausmaß. Sie kultivieren eine präsenzbasierte Achtsamkeit, die externes Feedback noch erweitert und eine starke, tiefe und subtile Verbindung mit anderen unterstützt, sogar in besonders herausfordernden Konversationen und Konfliktsituationen.

Auf dieser Stufe sind Menschen bei der Führung von Teams fähig, sehr flüssig zwischen verschiedenen Teamführungsstilen zu wechseln und es gelingt Ihnen so, einen einzigartig zu der sich aktuell entfaltenden Situation passenden Stil zu leben. Dabei gelingt es Ihnen, die Gruppenenergie während der Arbeit zu formen oder anzupassen, damit gegenseitig nutzbringende Ergebnisse erzeugt werden.

Bei organisationalen Veränderungen vertiefen sich hier noch einmal die Beziehungen zu Stakeholdern. Eine tiefe, empathische Achtsamkeit ermöglicht auch konfligierende Stakeholderinteressen zu balancieren, wobei auch die eigenen Interessen balanciert werden. Menschen auf diesen Stufen entwickeln einen Zugang zu synergistischer Intuition, die scheinbar unauflösbare Konflikte in eine für alle Beteiligten nutzbringende Lösung verwandeln kann.

Die letzte hier beschrieben Stufe stellt sozusagen ein Sammelbecken für verschiedene spätere Stufen dar. Eine genauere Unterscheidung ist mittlerweile möglich, auch wenn es hier natürlich eine weitaus geringere Datenbasis gibt, als für die früheren Stufen. Für diesen Artikel ist eine weitere Unterscheidung eher uninteressant. Die Beschreibung dieser Stufen ist auch sehr schwierig, da die Versprachlichung der Erfahrungen und der Struktur dieser Stufe eine besondere Herausforderung darstellt, denn wir kreieren einen Großteil unserer Erfahrung auf Basis der sprachlichen Muster, die wir in unserem Leben gelernt haben. Auf diesen Stufen wird aber mehr und mehr verstanden, wie Sprache die Erfahrung eben auch einschränkt. Und falls Sie die Vermutung haben, auf diesen späten Stufen zu sein, sollten wir auf jeden Fall einmal in den Austausch gehen, denn hier ist durchaus eine Unterstützung aus vielfältiger Begründung heraus sehr nützlich.

Und was bedeutet das jetzt?

Erst einmal, was ja nichts wirklich Neues ist, dass wir sehr genau hinschauen müssen, wer versteht was unter "agil". Und jede Stufe hat besondere Kapazitäten und Qualitäten, die es in einer Organisation so zu nutzen gilt, damit es für die Organisation und alle Menschen darin zu gedeihlichen Prozessen kommt.

Die Perspektive der Ich-Entwicklung ermöglicht aber -eine sinnvolle Diagnostik, die keineswegs trivial ist, vorausgesetzt- Menschen mit passenden Kapazitäten an Schlüsselstellen einzusetzen und so ein System zu erzeugen, in dem die Kapazitäten der Stufen optimal genutzt werden können.

Und jetzt sind wir an der Stelle, wo ich nochmal darauf hinweisen möchte, dass es im agilen Kontext idealerweise sehr viele Führungskräfte gibt. Unabhängig davon, ob diese formell in einer Führungsrolle eingesetzt sind. Es sind besonders motivierte Menschen, die andere begeistern können, sei es durch Expertise, emotionale Kompetenz, Kontextkompetenz, Intuition oder andere verbindende und fördernde Fähigkeiten, Menschen die Führung als umfassende Aufgabe verinnerlicht haben und sie gemeinschaftlich in einem gedeihlichen Sinne leben.

Bei Interesse an einer objektiven Bestimmung des individuellen Entwicklungsschwerpunkts sind auf der hier verlinkten Seite weitere Informationen zu finden.

Heiko Veit
Heiko Veit
Hier schreibe, denke und drücke ich mich aus. Und zwar, ohne mir irgendeine Perspektive zu verbieten oder einen besonderen Fokus zu verfolgen. Ich hoffe, Du findest etwas für Dich Interessantes! Mehr über mich findest Du auf Über uns. Danke fürs Lesen und Herzensgrüße an Dich.
Unterschrift_Heiko-Veit

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