

Das Drama-Dreieck wurde im Jahr 1968 von Stephen Karpman entwickelt. Es veranschaulicht grafisch, wie Dynamiken verlaufen, wenn Personen jemand anderen für ihr Denken, Fühlen oder Verhalten verantwortlich machen. Das ist laut Karpman die Voraussetzung für das Agieren im Drama-Dreieck. In diesem Artikel schauen wir uns das Drama-Dreieck genauer an.
Das Drama-Dreieck unterstützt dabei dysfunktionale Muster, zu identifizieren und zu verändern. Es gibt auch Einblick in psychologische Spiele. Denn das Drama-Dreieck stellt die Spiele-Theorie der Transaktionsanalyse da.
Wichtig dabei ist: Verhalten im Drama-Dreieck ist zunächst normal und menschlich. Das Modell dient nicht dazu, Menschen abzuwerten, sondern um Muster zu erkennen und Entwicklung zu ermöglichen.
Die Spieletheorie hat der Begründer der Transaktionsanalyse, Eric Berne, entwickelt. Sie übersetzt psychoanalytische Konzepte in eine allgemein verständliche Sprache. Spiele sind wiederkehrende Muster, mit denen wir unbewusst unsere früh geprägten Annahmen über uns selbst, andere und die Welt bestätigen. Sie geben zwar in gewisser Form eine (psychologische) Stabilität, beinhalten aber meistens unangenehme Gedanken und Gefühle, manchmal sogar schädigendes Verhalten. Spiele können in verschiedensten privaten und beruflichen Kontexten stattfinden. Um zu verstehen, wie diese Dynamiken ablaufen, lohnt es sich das Drama-Dreieck genauer anzuschauen.
Das Drama-Dreieck unterscheidet drei Positionen - auch Rollen genannt - von denen aus man einsteigen kann. Die Rollen im Drama-Dreieck sind Opfer, Verfolger und Retter. Karpman zeigt die Beziehungen zwischen diesen Rollen in einem auf dem Kopf stehenden Dreieck. Dies zeigt den Verfolger und den Retter in den oberen Ecken und das Opfer in der unteren Ecke. Das verdeutlicht die übergeordnete Position, die Retter und Verfolger gegenüber dem Opfer einnehmen, bzw. die untergeordnete Position, die das Opfer einnimmt. Zu den jeweiligen Positionen finden wir auch ein Pluszeichen und ein Minuszeichen in der Visualisierung. Auf der linken Seite kennzeichnen sie die Grundhaltung der jeweiligen Position sich selbst gegenüber und auf der rechten Seite die Grundhaltung der anderen Position gegenüber. +/- bedeutet also: Ich bin ok, Du bist nicht ok. Und -/- würde bedeuten: Ich bin nicht ok und Du bist nicht ok.

Die Rolle beschreibt Muster des Denkens, des Fühlens und des Handelns der Person in der eingenommenen Position. Meistens haben Personen auch bevorzugte Positionen, von denen sie aus in die Dynamik einsteigen. Die drei Positionen lauten:
Der Verfolger vertritt grundsätzlich die Meinung, dass er selbst recht hat und jemand anderes etwas falsch gemacht hat. Er weiß, was richtig ist und der andere nicht. Als Verfolger werte ich Denken, Fühlen , Fähigkeiten, Verhaltensweisen oder die Person mir gegenüber ab. Dafür benötigt der Verfolger eine Person, auf diese er sich mit seiner Abwertung beziehen kann. Diese Person muss dann die dazu passende Rolle – die Opferrolle – annehmen. Die Grundhaltung beim Verfolger ist: „Ich bin in Ordnung“ – „Du bist nicht in Ordnung“. Im Bild dargestellt über das Pluszeichen – „Ich bin okay“ – und das Minuszeichen – „Du bist nicht okay“.
Der Retter ist eine vergleichbare Position zum Verfolger, ich kann das und Du kannst das nicht, nur dass man nicht davon ausgeht, dass der andere etwas falsch gemacht hat, sondern dass man dem anderen tendenziell abspricht, dass dieser die Fähigkeiten dazu hat, die Aufgaben zu erledigen. Das heißt, ich versuche den anderen zu retten und halte ihn auf diese Art und Weise klein. Der Retter stellt sich damit über das Opfer, er tut mehr und erledigt Arbeiten, die er eigentlich nicht in seiner Verantwortung liegen. Die Grundhaltung beim Retter ist: „Ich bin in Ordnung“ – „Du bist nicht in Ordnung“. In der Darstellung wird dies über das Pluszeichen und das Minuszeichen gekennzeichnet.
Das Opfer hat die Grundhaltung, dass irgendjemand anderes mehr kann oder etwas besser kann, als ich selbst und das ich hilflos bin. Das Opfer geht davon aus, dass „Ich nicht okay bin“ – symbolisiert durch das Minuszeichen - aber die „Anderen okay sind“ – dargestellt durch das Pluszeichen. In der Opferrolle kann es noch weiter gehen, dass gesagt wird, dass weder ich noch die anderen etwas können oder in Ordnung sind. In der Darstellung wird dies über die zwei Minuszeichen beschrieben.
Die Pfeile im Drama-Dreieck deuten den Rollen- bzw. Positionswechsel an und diese ergänzen sich wunderbar. Ein Beispiel: Wenn jemand an einer Stelle Hilfe braucht und auf einen Retter trifft, ist das perfekt, weil der Retter das natürlich tut und irgendetwas liefern kann und sich damit gut fühlt. Aber hilft es dem Opfer letztendlich oder löst es nur eine einmalige Aktion? Langfristig entsteht daraus ein dysfunktionales Muster, weil die Chance auf ein Lernen hier eigentlich vergeben wurde.
Das eigentliche Drama entsteht aus dem Rollenwechsel. Wenn beispielsweise ein Retter lange versucht hat, jemanden zu retten, kann es sein, dass das Opfer in eine Verfolgerposition geht: “Siehst Du, Du hast mir auch nicht helfen können”, was eine Einladung an die ehemalig rettende Person ist, in das Opfer zu gehen und sich schuldig zu fühlen.
Das Drama-Dreieck kann auch mit mehr als zwei Personen sowie in größeren Gruppen gespielt werden, was zu einem sehr herausfordernden und intensiven Spiel führen und für heftige Konflikte in der Gruppe sorgen kann.
Um aus dem Drama-Dreieck auszusteigen, gibt es verschiedene Wege. Eine Möglichkeit ist, das Spiel zu erkennen, bewusst zu unterbrechen, nicht mehr mitzuspielen und die Dynamik zu stoppen. Oder in eine aktive konstruktive Haltung zu wechseln - hin zum Gewinner-Dreieck.

Jeder der Rollen im Drama-Dreieck hat ihre äquivalente Rolle im Gewinner-Dreieck. Diese basieren auf einer „Okay/Okay“-Grundhaltung (Ich bin okay und Du bist okay) und benötigen dafür unterschiedliche Fähigkeiten.
Vom Opfer zum empfindsamen oder verletzlichen Forderer, hin zum kompetenten Hilfe-Holer: Diese Person nimmt ihre Bedürfnisse wahr und bittet aktiv um Unterstützung, anstatt in der Opferrolle zu verharren. Hilfreich dabei ist, sich anzugewöhnen, selbst über Optionen und Konsequenzen nachzudenken, sich gezielt Unterstützung zu holen und sich klarzumachen: Was brauche ich eigentlich an Unterstützung?
Vom Retter zum unterstützenden Helfer zur Selbsthilfe: Diese Person unterstützt, ohne zu übernehmen oder zu retten. Sie achtet auf sich selbst und den Ausgleich für das eigene Helfen und befähigt zur Selbsthilfe, anstatt die Verantwortung zu übernehmen. Entscheidend ist es, die Fähigkeit zum Zuhören und damit zur Empathie zu entwickeln. Zuhören ist oft die einzige fürsorgliche Antwort, die benötigt wird. Es lohnt sich zu fragen: Wozu rette ich? Welches Bedürfnis steckt dahinter?
Vom Verfolger zum liebevollen Konfrontierer oder Durchsetzer: Diese Person setzt klare Grenzen, gibt positives wie negatives Feedback und spricht Konflikte an, ohne dabei abzuwerten oder anzugreifen. Es geht darum, die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen oder Vereinbarungen beziehungsweise Standards einzuhalten.
Das bedeutet, in allen drei Rollen brauche ich auch Bewusstheit für mich selbst: Wie schaue ich auf mich? Wie schaue ich auf die anderen? Wie schaue ich auf die Sache?
Das Drama-Dreieck bietet noch weitaus differenziertere und tiefgreifende Betrachtungsweisen. Doch gerade in Unternehmen kann die hier dargestellte Form Menschen unterstützen zu erkennen, warum sie sich in einem Konflikt befinden und was sie dahingeführt hat. Das Wissen um diese Muster oder Dynamiken fördert ein möglichst frühes Erkennen des Spiels und ermöglicht, die Dynamik zu unterbrechen, um aus dem Drama-Dreieck auszusteigen und ins Gewinner-Dreieck einzusteigen.