Im Alltag von Organisationen kommt es immer wieder zu Problemen. Das ist ganz natürlich. Wichtig ist jedoch, wie wir mit den Problemen umgehen. Dabei sollten immer die langfristigen Auswirkungen beachtet werden.
Ansonsten passiert schnell das „operative Lösung stärkt langfristig dysfunktionale Organisationskultur“-Muster. Bei diesem Muster wird ein aktuelles Problem schnell gelöst. Dabei werden jedoch manchmal Prinzipien gelingender Organisationen missachtet. Da es zu einer operativen Lösung gekommen ist, stellt sich bei den beteiligten Personen ein Erfolgserlebnis ein. Das führt dazu, dass die gefundene Lösung wiederholt wird. Über die Dauer wird diese Lösung zum Standard und sozusagen Bestandteil der Kultur.
Hier mal ein paar Beispiele, mit denen ich das Muster illustrieren möchte:
Im ersten Fall hat ein Mitarbeiter ein ganz konkretes Problem bei der Aufgabenerstellung. Er weiß nicht genau, wie er für das Projektmanagement an einen Projektplan herangehen soll. Er geht zu seiner Führungskraft und schildert ihm das Problem. Die Führungskraft erstellt kurzerhand eine Liste mit Aufgaben, schätzt diese ab und bringt sie in eine Reihenfolge. Damit nimmt er dem Mitarbeiter die Aufgabe ab, anstatt die Kreativität zu fördern und eine Methode zu vermitteln.
Im zweiten Fall kommt ein Projekt in einen Zeitverzug. Kurzer Hand übernimmt die Führungskraft einige Aufgabenstellungen, da sie auf Grund früherer Expertise fachlich dazu in der Lage ist. Das Projekt hat nur eine kurze Verzögerung. Allerdings wird weder die Arbeit der Führungskraft in den Kosten berücksichtigt, noch sichergestellt, dass die notwendigen Fähigkeiten in ausreichendem Maß in dem Team zur Verfügung stehen.
Und als drittes Beispiel ein Fall aus der normalen Linienarbeit. Ein Kunde kommt mit einer Beschwerde. Kurzfristig trifft der Geschäftsführer die Entscheidung entgegen der bestehenden Absprachen ein Produktfeature anzupassen. Er teilt diese Entscheidung direkt den Abteilungsleitern mit und erwartet eine kurzfristige Umsetzung, ohne den Bereichsleiter in den Prozess einzubinden und ohne dass dieser die Entscheidung kommuniziert.
Passiert so etwas einmal, ist das kein Problem. Das Risiko ist jedoch, dass diese Problemlösung der Standard wird.
Das führt dann dazu, dass Mitarbeiter nicht mehr selbst die Verantwortung für Lösungsfindung übernehmen und der Entwicklungsstand der Mitarbeitenden wächst, sondern diese erwarten in Zukunft, dass Führungskräfte immer Lösungen bringen.
Die Führungskraft hat keine Zeit mehr für die eigentliche Führungsarbeit, sowohl das Managen des Tagesgeschäftes wird vernachlässigt, als auch die Weiterentwicklung von Mitarbeitern und Organisation.
Der Bereichsleiter wird immer weniger aktiv entscheiden und die Abteilungsleiter werden den direkten Draht zur Geschäftsführung immer mehr nutzen. Ob dabei die unterschiedlichen Interessen passend ausgeregelt werden bleibt offen. Auf jeden Fall steigt für den Geschäftsführer die Komplexität. Im schlimmsten Fall muss er nun alle Feature-Entscheidungen selbst treffen.
Das sind natürlich nur Beispiele, die passieren könnten. Doch genau so entstehen Muster, genauso entsteht Kultur. Und anschließend wundert man sich, dass man demotivierte Mitarbeiter hat, die keinen eigenen Antrieb mehr zeigen oder warum bestimmte Führungskräfte nicht mal ihren eigenen Verantwortungsbereich vorantreiben.
„Kultur ist das Ergebnis aller am Prozess Beteiligten.“ Und Kultur ist schneller einfach so geschehen, als bewusst gestaltet. Die Herausforderung ist, sich bei jeder Aktion und jeder Entscheidung über die Muster und die Risiken für nicht zieldienliche Muster in der Zukunft bewusst zu machen. Soweit das möglich ist, denn die eigene Betriebsblindheit ist ja auch ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Auf jedes Problem im Feuerwehrmodus zu reagieren, Ressourcen aufzuwenden, um ein akutes Thema zu lösen ist keine gute Grundlage für langfristige und nachhaltige Organisationen. Es braucht Rhythmus und Routinen. Es braucht das Sicherstellen, dass kein Brand auftritt. Das erscheint auf den ersten Blick langweiliger und manchmal weniger lohnend als operative Probleme lösen, aber ist langfristig für die Organisation deutlich besser.
Also… beginnen Sie damit, sich ein Frühwarnsystem aufzubauen. Wenn Sie jeden Tag zum Abschluss des Tages kurz sehr bewusst reflektieren, können Sie die Handlungen Ihres Tages bewerten und sich überlegen, was Sie vielleicht nicht mehr tun möchten.
Reflexionsfragen:
Finden Sie Ihre eigenen Fragen, das hier sind nur mal ein paar Ideen.
Viel Freude beim bewussteren Gestalten Ihrer Organisationskultur. Denn wir gestalten diese immer, jeden Tag, es ist nur eine Frage der Bewusstheit unserer Gestaltungsbeiträge.