heiko-veit.com https://heiko-veit.com/blog/ Tue, 07 May 2024 08:06:01 +0000 de-DE hourly 1 Holon: Was soll denn das schon wieder sein? https://heiko-veit.com/blog/holons/ https://heiko-veit.com/blog/holons/#comments Tue, 06 Feb 2024 07:31:35 +0000 Organisationsentwicklung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/holons/ Weiterlesen

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Holons – Bausteine der „Realität“

Der Begriff Holon kommt aus dem Griechischen (ὅλος, hólos und ὀν, on »das Teil eines Ganzen Seienden«). Arthur Koestler hat das Konzept in die Philosophie eingeführt.

Ken Wilber hat das Konzept übernommen und weiter entwickelt. Damit hat es zu einer wesentlichen Grundlage der integralen Theorie gemacht.

Grundsätzlich ist ein Holon ein „Ganzes/Teil“. So ist beispielsweise eine Zelle für sich ein Ganzes, aber zugleich auch Teil eines umfassenderen Ganzen, beispielsweise eines Körpers. So entsteht eine Hierarchie von Holons, die man auch als Holarchie bezeichnet.

Holons bewahren sowohl ihre Ganzheit (Autonomie/Identität) als auch ihre Teilheit (Anpassen, Einfügen, Verbindung). Dabei haben sie sowohl die Tendenz zu Wachstum (Selbsttranszendenz und somit zunehmende Bewusstheit) und zur Selbstauflösung (Zerfall oder Regression).

Holon 1

Exkurs zu Metatheorien

Laut der integralen Theorie ist das Universum aus Holons aufgebaut. Damit geht die integrale Theorie erst einmal davon aus, dass die Realität primär aus Strukturen besteht. Was bedeutet das?

Die integrale Theorie ist ja eine Metatheorie, die einen Ordnungsrahmen bereitstellt, mit dem man die Realität beschreiben kann. Genauso wie in der Physik bekannt ist, dass das Licht sowohl Welle als auch Teilchen ist, so kann man die Realität sowohl strukturell als auch prozessual beschreiben.

Damit können wir schon eine ganze Menge einordnen und erkennen, aber es gibt –wie immer- eine gewisse Bias in dem Modell. Aus dem Grund verwende ich auch eine zweite Metatheorie, die “Theory of Process” von Arthur Young, die Realität prozessual beschreibt und damit sozusagen den Wellenteil der Realität mit hinzufügt.

Dadurch erhöht sich die Differenziertheit und Tiefenschärfe von Reflexions-, Supervisions-, Weiterbildungs- und Entwicklungsprozessen noch weiter. Diese Metatheorien sind insbesondere in der professionellen Begleitung von persönlicher Entwicklung und Organisationsentwicklungsprozessen relevant. Darum sind diese und deren konkrete Anwendung zur Orientierung in konkreten Situationen ein wesentlicher Bestandteil in meinen Professionalisierungen.

Zurück zu Holons: Weitere Begriffe im Zusammenhang mit Holon

Wenn wir die Holons praktisch anwenden wollen, ist der einfachste Zugang die integralen Quadranten. Wenn wir aber etwas tiefer damit arbeiten wollen, bzw. Hintergründe von Quadranten verstehen wollen, müssen wir noch ein paar andere Begriffe und Unterscheidungen mitdenken:

  • Individuelle Holons haben alle vier Quadranten. Sie haben innere „Bewusstheit“, eine bestimmende Monade, ein bestimmtes und bestimmendes Muster (Code, Agens, lat. Handeln, also “tun mit einer Intention”), welches aus sich selbst heraus entsteht (Autopoiese). Ein Beispiel für ein individuelles Holon ist ein Mensch, aber auch eine Zelle. Bei einer Zelle müssen wir natürlich unser Verständnis von „Bewusstheit“ erweitern, denn das ist eher auf Basis von Reizverarbeitung als unser normales Verständnis von Bewusstheit eines Menschen.
    Individuelle Holons wachsen in Holarchien: Atome, Moleküle, Zellen, Organismen.
    Dabei gibt immer das untergeordnete Holon einen großen Teil der eigenen Autonomie an das übergeordnete Holon ab. Ganz praktisch: Eine Zelle meines Körpers kann sich nicht entscheiden, in eine andere Richtung zu gehen, als der Rest meines Organismus. Somit ist der Organismus eine “bestimmende Monade”, eine geschlossene Einheit, die alle untergeordneten Holons bestimmt. Wenn die untergeordneten Holons nicht da wären, würde auch das übergeordnete Holon nicht mehr existieren. Es kann ohne Zellen keinen Körper geben.
  • Soziale Holons entstehen, wenn individuelle Holons sich auf gleicher Ebene zusammentun. Wenn Menschen sich zusammentun, entsteht das soziale Holon einer Gruppe. Sie haben ebenfalls ein bestimmtes und bestimmendes Muster (Agens oder Regime), aber sie haben keine bestimmende Monade, kein individuelles Bewusstsein, sie haben ein intersubjektives Bewusstsein.
    Daher haben soziale Holons auch nur die unteren beiden Quadranten. Hier ist wichtig zu sehen, dass ein soziales Holon weiter besteht, auch wenn individuelle Holons kommen und gehen. Also wenn eine Person die Gruppe verlässt, besteht nach wie vor eine Gruppe weiter.
    Auch soziale Holons können Holarchien bilden: Team, Organisation, Markt, Wirtschaft.
  • Artefakte sind von individuellen oder sozialen Holons produzierte Produkte: Ein Ameisenhügel, ein Hammer, ein Kleidungsstück, das Internet. Artefakte sind zwar organisiert, aber sie haben keine Subjektivität. Das bestimmende Prinzip, eine Intention kommt nicht von ihm selbst, sondern wird im eingeprägt durch das Agens, also das Handeln, bzw. Erstellen von etwas mit einer Intention, also mit einem Sinn und Zweck.
    Im LEAN sagt man auch, dass ein Produkt entsteht, indem Informationen in ein Material eingebracht werden.
  • Haufen sind eine zufällige Ansammlung, beispielsweise ein Laubhaufen oder eine Wasserpfütze. Sie haben auch kein andauerndes bestimmendes Muster, keine Intention bei der Erstellung, die ein bestimmendes Muster einbringt oder eine eigenständige Innerlichkeit.

Individuelle und soziale Holons und deren Auswirkungen in Organisationen

Man könnte in die Holontheorie noch viel tiefer einsteigen, aber ich möchte an dieser Stelle auf etwas für die Praxis sehr wichtiges intensiver eingehen: Auf den Unterschied von individuellen und sozialen Holons. Das ist sowohl für die persönliche Entwicklung, aber auch für Organisationsentwicklung besonders relevant.

„Ganzes“ und „Teil“ müssen wir dabei nämlich etwas differenzieren. Bei einem individuellen Holon wird das Agens von dem übergeordneten Holon absorbiert. Eine Zelle hat keinen eigenen Agens, sie kann sich nicht entscheiden, in eine andere Richtung zu gehen, als der Rest des Organismus.

Bei sozialen Holons ist der Agenz aber eine Co-Partnerschaft. Wenn individuelle Holons sich zusammenschliessen gibt es zwar eine co-partnerschaftliche Agens der Gruppe, aber das beraubt das Individuum nicht von der eigenen Autonomie. Mal abgesehen davon, dass es tatsächlich unmöglich ist, auch wenn Diktatoren das immer mal wieder gerne versuchen. In manchen sozialen Holons wird der Gruppendruck so intensiv, dass es sich für die individuelle Holons vielleicht so anfühlt, als würden sie ihre Autonomie verlieren, aber das ist nicht wirklich der Fall. Ein spannendes Feld für die individuelle Entwicklung, wenn man in Organisationen, Gruppen oder Beziehungen gefährdet ist, die eigene Autonomie und damit die Selbstverantwortung aufzugeben. Das hat oft mit frühen Erfahrungen zu tun, in denen wir als Kind darauf angewiesen waren, dass unser Umfeld uns versorgt. Da kann sein, dass ein Nachreifen aussteht. In diesem Blogbeitrag mein Modell zu persönlicher Entwicklung kannst Du etwas mehr über die theoretische Konzeption von Nachreifen lesen. Und wenn Dich persönliche Entwicklung praktisch interessiert, kannst Du hier nachlesen.

Die Klarheit über die Unterschiede von individuellen und sozialen Holons ist insbesondere in Teams und Organisationen wichtig. Denn in sozialen Holons geht es immer um die Aushandlung einer stimmigen Balance zwischen Autonomie und Bindung, insbesondere bei Entscheidungs- und Richtungsgebungsprozessen. Und das geschieht immer im Kontext, also der Einbettung des sozialen Holons.

Ganz praktisch: Die Entscheidungen einer Organisation müssen auch im Kontext der Markterfordernisse, Marktdynamiken und Spannungsfelder getroffen werden.

Vertiefender Aspekt für Fortgeschrittene zu Metatheorien: Kontinuum

Auch wenn ich diesen Beitrag damit beginne, dass die integrale Theorie einen Strukturansatz verfolgt, so ist dort auch eine gewisse Prozesshaftigkeit mit integriert. Denn Holons transzendieren und beinhalten und etablieren damit eine Hierarchie und Holarchie.

Blog Kontinuum

Wir können auch die Vorstellung von Wahrnehmung haben, dass das subjektiv Ganze eines Augenblicks zu einem objektiven Teil des subjektiven Ganzen des nächsten Augenblicks wird. So überschreitet und beinhaltet ein Augenblick den vorhergehenden. Und das über alle Quadranten.

So entsteht unser Erleben von Kontinuität, von einer relativen Wirklichkeit. Diesen Prozess nenne ich häufig auch Kontinuum. Wir müssen in gegenwärtigen Kontexten denken und gleichzeitig berücksichtigen, wie diese sich durch die Zeit bewegen und damit eine mehrdimensionale Geschichte entwickelt.

Das war auch einer meiner Ausgangspunkte bei der Entwicklung meiner Konzeptualisierung von kollektivem Trauma.

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Über den sich entwickelnden moralischen Zeigefinger https://heiko-veit.com/blog/ber-den-sich-entwickelnden-moralischen-zeigefinger/ https://heiko-veit.com/blog/ber-den-sich-entwickelnden-moralischen-zeigefinger/#comments Mon, 08 Jan 2024 10:14:00 +0000 Vertikale Entwicklung Entwicklungsbegleitung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/ber-den-sich-entwickelnden-moralischen-zeigefinger/ Weiterlesen

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Moral, welche ein spannendes Konstrukt. Woher wissen wir, was wir tun sollten. 

Mal abgesehen von der inhaltlichen Beantwortung der Frage ist für mich auch interessant, dass sich unser moralisches Urteilsvermögen entwickelt. Lawrence Kohlberg hat dazu geforscht und sechs verschiedene Stufen von Moral herausgearbeitet. Die Namen der Stufen unterscheiden sich leicht, je nachdem in welche Quellen man schaut, also nicht wundern, wenn Du das Modell mit anderen Begriffen kennst. ;-)

  1. Stufe: Präkonventionelle Moral: Orientierung an Strafe und Gehorsam: "Was droht mir?"
  2. Stufe: Präkonventionelle Moral: Kosten-Nutzen-Prinzip: "Was bringt mir das?"
  3. Stufe: Konventionelle Moral: Erwartung und Beziehung: "Was wird von mir erwartet?"
  4. Stufe: Konventionelle Moral: Gesetz und Ordnung: "Was sagt das Gesetz dazu?"
  5. Stufe: Postkonventionelle Moral: Sozialvertrag und individuelle Rechte: "Was ist das Beste für die meisten Menschen?"
  6. Stufe: Postkonventionelle Moral: Universelle ethische Prinzipien: "Was ist moralisch universell richtig, unabhängig von Gesetzen und Meinungen?"
  7. Stufe: Kohlberg vermutete später die Existenz einer 7. Stufe deren Begründungen auf einer transzendentalen Ebene basieren. Unabhängig von anderen Entwicklungsmodellen, die diese Vermutung untermauern könnten, gibt es dazu keine verlässliche Datenbasis.

Eine Geschichte zur Illustration: Das Heinz-Dilemma

Das Heinz Dilemma ist relativ weit verbreitet, wenn es um moralische Diskussionen geht. Solltest Du das in irgendeinem Kontext als Übungsbeispiel anwenden, sag direkt dazu, dass es keine weiteren Optionen gibt, mit dem Dilemma umzugehen, also kein Fund-Raising oder sonstige Dinge. Es geht ja nicht darum, eine gute Lösung zu finden, sondern in einem eng gesteckten Rahmen eine moralische Entscheidung zu treffen.

Eine Frau in Europa war sehr krank und lag im Sterben. Es gab zwar ein Medikament, von dem ihre Ärztin überzeugt war, dass es ihr helfen würde. Glücklicherweise hatte ein Apotheker aus derselben Stadt den vielversprechenden Wirkstoff erst vor einigen Wochen entdeckt. Allerdings gab es da ein kleines Problem.

Der Wirkstoff des Medikaments, Radium, war sehr teuer und der Apotheker ließ sich die Herstellung auch gut bezahlen: Während er 200 Euro für 1 Gramm Radium zahlte, verkaufte er ein 0,1 Gramm seines Medikaments für 2.000 Euro. Heinz, der Ehemann der kranken Frau, klapperte völlig verzweifelt all seine Freunde, Verwandte und Nachbarn ab, um sich Geld für die Radium-Therapie seiner Frau zu leihen. Doch Heinz kannte nicht viele wohlhabende Menschen und schlussendlich konnte er bloß 1.000 Euro zusammentrommeln. Früh am nächsten Tag ging er zu dem Apotheker und erklärte ihm, dass seine Frau im Sterben lag und er all seine Hoffnung in das neue Medikament setzte. Doch als Heinz dem Apotheker erklärte, dass er nur die Hälfte des Preises bezahlen konnte, wandte sich der Apotheker ab und sagte: „Nein. Ich habe das Medikament entdeckt und ich werde damit Geld verdienen.“ Selbst als Heinz ihm versprach, dass er es ihm später zurückzahlen würde, blieb der Apotheker standhaft, sodass Heinz mit leeren Händen Nachhause ging.

Als Heinz abends seine todkranke Frau pflegte, wuchs die Verzweiflung in ihm. Heinz war eigentlich ein rechtschaffener Mann, der sich stets um ein friedliches Zusammenleben mit seinen Mitmenschen bemühte. Doch die Ausweglosigkeit trieb Heinz in eine Sackgasse und so entschloss sich Heinz noch in derselben Nacht bei dem Apotheker einzubrechen, um das Medikament zu stehlen.

Was denkst du? Sollte Heinz das Medikament aus dem Labor des Apothekers stehlen? Wie begründest du deine Antwort?

Nimm Dir einen kurzen Moment Zeit und idealerweise schreibst Du Dir die Antwort auf.

Begründungen auf unterschiedlichen Stufen

Wichtig ist, dass es auf jeder Stufe eine Ja und eine Nein - Antwort gibt. Wie bei den meisten Entwicklungsmodellen sind die Stufen strukturell und nicht inhaltlich definiert.

Stufe  Heinz sollte das Medikament stehlen, weil...  Heinz sollte das Medikament nicht stehlen, weil... 
1 Das Medikament ist nur 200 Euro wert und nicht 2.000 Euro. Heinz hätte nichts anderes aus dem Labor gestohlen und hätte sogar für das Medikament bezahlt. Heinz müsste ins Gefängnis und somit wäre er ein schlechter Mensch.
2 Heinz wäre glücklich, wenn er seine Frau retten könnte, selbst wenn er dafür ins Gefängnis müsste.
Gefängnis ist ein beschissener Ort und die Haftstrafe würde Heinz mehr belasten als der Tod seiner Frau.
3 Die Ehefrau erwartet von Heinz, dass er es stiehlt und er möchte ein guter Ehemann sein. Stehlen ist schlecht und Heinz ist kein Verbrecher. Er hat den legalen Weg vollständig ausgeschöpft – er trägt also keine Schuld.
4 Seine Frau würde davon profitieren, aber Heinz sollte trotzdem für seine Straftat büßen und ins Gefängnis gehen. Außerdem muss er dem Apotheker das Geld zurückzahlen. Verbrecher dürfen nicht einfach frei herumlaufen.
Stehlen ist gegen das Gesetz.
5 Leben steht immer über dem Gesetz.
Der Apotheker hat das Recht für seine Arbeit entlohnt zu werden.
6 Ein Menschenleben hat mehr Wert als das Eigentumsrecht einer anderen Person. Andere Personen könnten das Medikament genauso dringend benötigen und ihr Leben hat denselben Wert wie das der Frau.

Und Du so?

Könntest Du Deine eigene Aussage einer dieser Stufen zuordnen? Wie lang ist Dein moralischer Zeigefinger? ;-)

Und ich hoffe, Du nimmst ein paar Anregungen aus diesem Beitrag mit und sinnierst ein wenig über Deine eigenen moralischen Bezüge. 

Im Sinne der integralen Theorie könnte man die moralische Entwicklung als eine eigenständige Entwicklungslinie sehen. Im Sinne von Bewusstseinsentwicklung wäre auch das ein mögliches Feld, in dem die Art und Weise der Bedeutungsgebung besonders zum Tragen kommt. Gerade bei Moral ist es spannend, weil wir da ja besonders viele Bezüge zu unseren Kontexten haben, die unter Umständen ganz andere moralische Perspektiven vertreten, sowohl strukturell als auch inhaltlich. 

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Ein Fenster um mehr zu sehen und zu lernen - Das Johari-Fenster https://heiko-veit.com/blog/ein-fenster-um-mehr-zu-sehen-und-zu-lernen-das-johari-fenster/ https://heiko-veit.com/blog/ein-fenster-um-mehr-zu-sehen-und-zu-lernen-das-johari-fenster/#comments Tue, 02 Jan 2024 22:17:00 +0000 Entwicklungsbegleitung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/ein-fenster-um-mehr-zu-sehen-und-zu-lernen-das-johari-fenster/ Weiterlesen

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Das Johari-Fenster, wohl ein Klassiker, der einem in Persönlichkeitsentwicklung, Gruppendynamik und ähnlichen Settings immer wieder über den Weg läuft.

Es wurde in den 1950er Jahren von den beiden Psychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelt. Der Name "Johari" setzt sich aus den Vornamen der beiden Forscher zusammen und spiegelt die gemeinsame Schöpfung dieses Modells wider. Ursprünglich konzipiert, um die zwischenmenschliche Kommunikation in Gruppen zu verbessern, hat sich das Johari-Fenster zu einem vielseitigen Instrument entwickelt, das auch auf persönlicher Ebene Anwendung findet.

Die vier Felder des Johari-Fensters

Das Johari Fenster hat vier Felder, die sich ergeben, wenn man die Kombinationen "was ist mir bekannt/unbekannt" und "was ist anderen bekannt/unbekannt" übereinander legt. 

Das Johari Fenster mit den Feldern öffentlich, Blinder Fleck, geheim und unbekannt

Die vier Felder und was sie bedeuten:

1. Öffentlich: 

Öffentlich ist alles, was ein Mensch einfach zeigt und ihm selbst und anderen bekannt ist. Dazu gehören beispielsweise äußere Merkmale, wie zum Beispiel Erscheinungsbild, Umgangsformen oder körperliche Reaktionen (wobei die einem selbst ja nicht unbedingt immer bewusst sind) und innere Eigenschaften, wie beispielsweise Ehrgeiz oder Ängstlichkeit und innere Haltungen und Einstellungen, wie etwa Moral und ethische Werte.

Dieses Feld des Johari-Fensters ist relativ gesehen meist eher klein.

2. Geheim: 

In diesem Feld ist alles, was der Betroffene weiß und kennt – also was bewusst ist, aber anderen entweder unwissentlich oder bewusst verborgen wird. Das sind auch häufig unsere unangenehmen Seiten oder Verhaltensoriginalitäten, die wir versuchen zu unterdrücken, weil wir uns eventuell dafür schämen.

Wenn eine Person sich traut, mehr von sich zu teilen, können Aspekte von hier in das öffentliche Feld wandern.

3. Blinder Fleck:

Mit dem „blinden Fleck“ ist alles gemeint, was eine Person ausgesendet und vom Empfänger wahrgenommen wird, ohne dass die sendende Person sich dessen bewusst ist. Andere erkennen Verhaltensweisen und Merkmale, die die Person an sich nicht wahrnimmt.  

Durch Feedback der Mitmenschen können Informationen vom blinden Fleck in den Quadranten „Öffentlich“ wandern und somit auch die persönliche Entwicklung befördert werden.

4. Unbekannt: 

Hier ist alles, was weder der Person noch Anderen bekannt ist. Es handelt sich um ein unbekanntes Terrain, welches eher ein Möglichkeitenraum darstellt.

Um von hier etwas in andere Felder zu bringen, müssen oft neue Kontexte betreten werden, die neues Material in der Person oder für Andere sichtbar machen.

Nutzen und Anwendung des Johari-Fensters

Zuallererst kann man sich mit diesem Modell verschiedene Dynamiken in Beziehungen bewusst machen. Wir vertiefen unsere Beziehungen, wenn wir uns in die zugewandte Verletzlichkeit begeben und mehr von unserem geheimen Feld teilen und bereit sind von anderen etwas über unsere blinden Flecken zu erfahren. Blinde Flecken können übrigens auch schöne Eigenschaften sein, die wir an uns nicht sehen. ;-)

Im klassischen Setup gibt es eine Liste von fast 60 Eigenschaften, aus denen man einige sowohl für sich selbst als auch zur Charakterisierung von anderen in einer gegebenen Gruppe auswählt und dann darüber in den Dialog geht. Damit kann man -einen gut gesetzten Rahmen vorausgesetzt- eine sehr konstruktive Gruppendynamik erzeugen.

In der tiefergehenden persönlichen Entwicklung können wir das Fenster auch kreativ anwenden, um damit Schattenaspekten und Verhaltensmustern intensiver auf den Grund zu gehen. Das empfiehlt sich dann aber in einem entsprechend ausgebildeten Rahmen und ist eine Technik, die gerade in der vierten Personenperspektive nützlich ist (siehe dazu auch den Artikel zu den möglichen Reisabschnitten des Bewusstseins oder zu den Grundlagen des STAGES-Modells).


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Mein Framework für die Entwicklungsbegleitung von Individuen https://heiko-veit.com/blog/entwicklungsbegleitung-framework/ https://heiko-veit.com/blog/entwicklungsbegleitung-framework/#comments Tue, 17 Oct 2023 00:00:00 +0000 Metamodelle Entwicklungsbegleitung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/entwicklungsbegleitung-framework/ Weiterlesen

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Achtung: Nerd- und Theoriegefahr. ;-)

Ich gehe davon aus, dass Du schon einen Eindruck von mir hast, wenn Du auf diesen Artikel triffst. Dann weißt Du auch schon, dass ich selbst nicht nur Entwicklungsnerd für mich selbst bin, sondern neben der Entwicklungsbegleitung auch andere Menschen in Coaching, Therapie und Entwicklungsbegleitung qualifiziere. Mein Verständnis von Entwicklungsbegleitung bei Individuen hat als übergeordneten Meta-Rahmen die integrale Theorie und die Theory of Process. Die Bodenhaftung und Praxis stammt aus meinen vielen Aus- und Weiterbildungen in den Feldern Coaching, Therapie, Aufstellungsarbeit, Kollektive Arbeit, Meditation, Körperarbeit und ist natürlich angereichert von meinen Qualifikationen in der Organisationsentwicklung. 

Die Metamodelle geben einen sehr abstrakten Rahmen, der für meine Orientierung extrem hilfreich ist, sind aber an einigen Stellen eben doch zu abstrakt und nicht konkret genug. All die Konzepte aus meinen Weiterbildungen sind so differenziert und spezifisch, dass es eine mittlere Ebene braucht, wie bestimmte Aspekte und Modalitäten zusammenpassen. Und da ich ja ein besonderes Interesse daran habe, Konzepte übereinander zu legen und Orientierung zu finden, habe ich als Teil meiner eigenen Professionalisierung auch mein eigenes Framework entwickelt. Das ist auch eine Basis für die Qualifizierung von Entwicklungsbegleitern, denn viele meiner Teilnehmer sind selbst schon erfahrene Begleiter und wir brauchen einen Sprachraum, um uns abzugleichen. 

Übrigens, wenn Du aus einer integralen oder einer Theory-of-Process-informierten Perspektive mit mir ein bißchen Landkartenabgleich und "Conceptual Jazz" spielen magst, meld Dich gerne per Mail bei mir.

So, genug der Vorrede... 

Wozu eigentlich so ein Framework?

Irgendwie ist Entwicklung so komplex, dass sie eigentlich nur lebendig erlebbar ist. Und dennoch lohnt es sich, verschiedene Perspektiven zu benennen, jede dieser Dimensionen differenziert betrachten zu können und dabei immer den Gesamtzusammenhang dieser Perspektiven ebenfalls im Gewahrsein zu halten. Wie immer gilt, "im Prinzip ist jedes Modell falsch, aber einige sind hilfreich".

Mein Framework ist für verschiedene Zwecke dienlich:

  1. Um die eigene Entwicklung vollständig zu "überwachen". Überwachen meine ich hier im Sinne des englischen Wortes "Monitoring", immer wieder überprüfen, pflegen, aktiv mitbekommen. Und das WÄHREND Entwicklung geschieht. Also idealerweise, indem ich eine alltägliche Entwicklungspraxis gestalte. Es geht also nicht um ein künstliches "irgendwo findet Entwicklung statt", sondern um in den Alltag integrierte Praxis.
  2. Um an bestimmen Stellen einmal genauer hinzuschauen, was notwendig ist, um ein ganz spezifisches Thema zu lösen und wie dazu verschiedene Dimensionen zusammenspielen.
  3. Als Grundlage für Weiterbildung in zwei Anwendungen. Zum Einen um die eigene Komplexitätsbewältigung in diesem Feld zu schulen, also die eigene Intention zu professionalisieren. Und zum Anderen um den eigenen methodischen Baukasten zu überprüfen und zu vervollständigen.
  4. Um eine Klarheit zu haben, welche Intervention, Schule, Methodik an welcher Stelle eine Kernmethodik ist, an welchen Stellen eine Rand- oder Ergänzungsmethodik und wo bestimmte Interventionen sogar schädlich und hinderlich sein können.
  5. Um das wieder in den Hintergrund treten zu lassen und sich nicht vom eigenen Entwicklungspfad abbringen zu lassen. ;-) 

Das eigentliche Framework als Bild

Schau Dir einmal die folgende Grafik an. Die verschachtelten Kreise, die Anordnung, die Überlappungen und auch die Begrifflichkeiten. Und achte darauf, dass Du das Bild sowohl einmal als gesamte Form, sozusagen als eine "Gestalt" siehst und zum Anderen einmal jeden Kreis hervortreten lässt, als eine eigenständige "Gestalt". Je nach Deinen eigenen Präferenzen wird Dir das eine leichter als das andere fallen oder Du hast eine Vorliebe, womit Du beginnst. Oder Du folgst einfach der Reihenfolge, die ich im Text vorschlage. 

Und vielleicht hast Du gar nicht bis hierher gelesen, sondern direkt die Grafik angeschaut. ;-)

Framework - Persoenliche Entwicklung für Menschen 

Schau jetzt einmal die Grafik als Gesamtbild. Im Gesamtbild gibt es ein Zentrum, der gelbe Kreis mit dem Begriff Achtsames Gewahrsein. Das ist der zentrale Punkt, der Dreh- und Angelpunkt von Entwicklung. Das was in diesem Moment dran ist und Du für Dich oder wir in einem gemeinsamen Prozess herausschälen. Dann gibt es entweder den Weg nach links, wo vertikales Wachsen stattfindet. Auf der Reise unseres Lebens müssen wir manchmal in der Zeit zurückreisen und etwas nachreifen lassen oder den nächsten Schritt in eine weitere und umfassender Perspektive machen, uns transformieren in etwas, was wir vorher nicht kannten. Die Ausgleich- und Stabilisierungsbewegung von vertikalem Wachstum ist auf der rechten Seite zu finden und ist das horizontale Wachstum, wo wir auf bestimmten Reiseabschnitten unseres Lebens durch Translation breiter werden und eine zunehmende Flexibilität aufbauen, wir also mehr hinzulernen, uns neuen Eindrücken aussetzen und Neues in uns entdecken. Diese ganze Entwicklung muss letztendlich in einer Verkörperlichung, einem Embodiment münden. Denn alle Veränderungen müssen letzten Endes in unserem Gehirn und Nerven im gesamten Körper ankommen, damit wir unsere Entwicklung wirklich in der Welt zeigen und damit eine Wirkung haben können. Die Integration oder auch direkte Arbeit mit dem Körper und die dazugehörige "Bodenhaftung" ist wichtig, um sich auch der Ebene oberhalb zuzuwenden, bzw. diese zu integrieren. Ich nenne sie Essenzialisierung, denn es geht darum, immer essentieller uns selbst zu leben und dabei immer mehr abzulegen, was nicht mehr dienlich ist. Manche sagen, das es dabei um eine spirituelle Entwicklung geht. Ich würde dem nicht widersprechen, ich finde nur den Begriff so missverständlich, dass ich ihn im Allgemeinen nicht verwende.

Diese ganzen Kreise greifen letzten Endes ineinander und kreisen und drehen sich um ein Zentrum. Idealerweise müsste diese Grafik ein dreidimensionaler Torus sein, denn jede dieser Entwicklungsdimensionen beeinflusst jede andere.

Ich hoffe, damit ist schon mal ein grobes Gerüst meines Frameworks klar geworden und jetzt gehe ich überblicksartig in die einzelnen Dimensionen.

Alles beginnt mit dem Gewahrsein

Entwicklung ist nur in den Bereichen möglich, die ich in irgendeiner Form im Gewahrsein habe. Ob es sich dabei eher um ein Problemerleben handelt oder um Ziele, Wünsche und eine Sehnsucht, einen Ruf oder Konflikte, die mir begegnen. Es gibt irgendeinen Anlass, mich auf Entwicklung einzulassen, mich zu verändern und um solche Prozesse bewusst zu gestalten bedarf es erst einmal dem Gewahrsein über den Anlass. Und da kann man auch die Achtsamkeit steigern. Dabei sind natürlich bereits alle Muster, Erfahrungen und Kontexteinflüsse relevant. 

  • Habe ich die Idee, ich müsste von etwas weg? Und habe ich auch im Gewahrsein, dass es auch ein Hin-Zu geben könnte? Und welche Gedanken, Gefühle, Körpersensationen sind damit verbunden? Welche Menschen in meinem Umfeld?
  • Fokussiere ich eher auf innere Konflikte oder äußere? Oder habe ich die Idee, dass es einen Zusammenhang zwischen inneren und äußeren Konflikten gibt? Integriere ich systemische Dynamiken, wahlweise im aktuellen Moment oder Einflüsse, die sich aus der Vergangenheit ergeben?
  • Sehe ich den Ursprung meines Anliegens eher praktisch, emotional, physisch, intellektuell, spirituell oder vielleicht als Ausdruck von Rahmenbedingungen? Welche Verbindungen zwischen diesen Ebenen und Dimensionen kann es geben und welche kann ich mit meinem Gewahrsein wirklich aufspüren?
  • Eine der Schlüsselfragen ist mit Sicherheit die augenscheinlich so einfache Frage: Na, worum soll es denn gerade gehen? ;-)

In dem Achtsamen Gewahrsein taucht nicht nur das Anliegen und die Problem- oder Wunschbeschreibung auf, es ist auch eine eigene Entwicklungsdimension. Es geht um die Ausweitung meiner Sinne und dem Ausdehnen meines Gewahrseins, um mehr Informationen zur Verfügung zu haben. Natürlich geht es hier unter anderem um Wahrnehmungsübungen, Meditations- und Konzentrationsübungen und Kontemplationsübungen. Dabei geht es auch um ein wirkliches Ankommen im aktuellen Erleben als Grundlage. Das berühmt-berüchtigte "Hier-und-Jetzt", welches die einzige Zeit und der einzige Ort ist, an dem Handlung und Entscheidung möglich ist.

Transformation und Nachreifen - vertikale Entwicklungsschritte

Entwicklungsschritte Transformation und Nachreifen

Der Art und Weise, wie wir uns auf die Welt beziehen, wie wir ihr Bedeutung geben, mit welcher Struktur wir Informationen wahrnehmen, verarbeiten, auswerten und dann handeln, liegt unsere Bewusstheit zu Grunde. Dies wird manchmal auch Ich- oder Selbstentwicklung genannt.

Hier gibt es verschiedene Reisen des Bewusstseins und ich verwende meistens STAGES als ein zentrales Modell in diesen beiden Entwicklungsdimensionen zur Orientierung, aber auch Keagans Subjekt-Objekt-Modell. In den konkreten Interventionen greife ich dann natürlich auf mein gesamtes Repertoire zurück.

Transformation bedeutet, die Entwicklung auf eine spätere Stufe der Bewusstseinsstrukur zu wachsen. Dabei ändert sich die Art und Weise, wie wir auf die Welt schauen. Wir werden uns immer mehr bewusst und des-identifizieren uns immer mehr. Ich bin mit immer weniger identifiziert und kann daher immer mehr reflektieren und beeinflussen. Erst mein Handeln, dann mein Denken und Fühlen, später wie ich zu Denken und Fühlen gekommen bin und noch später meine eigene Bedeutungsgebung.

Nachreifen meint, wenn wir Lernerfahrungen auf früheren Stufen nicht vollständig gemacht haben oder wir auf Grund der damaligen Lebensumstände die Lernerfahrungen eher in einer ungeheilten Form gemacht haben. Hier handelt es sich oft um ein Verlernen alter Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster, der Re-Integration von abgespaltenem, dem Integrieren von nach außen projizierten Fähigkeiten und Wünschen sowie der Bearbeitung von Introjekten, also direkt von außen übernommenen Überzeugungen und ähnlichem mehr.

Flexibilisierung und Translation - horizontale Entwicklungsschritte

Entwicklungsschritte Fleibilisieren und Translation

Je nachdem wie unser Leben verläuft und wie wir typologisch aufgestellt sind unterscheidet sich die Bandbreite der Möglichkeiten und Fähigkeiten, wie wir der Welt begegnen können. Hier geht es um das dazulernen neuer Fertigkeiten, die Auseinandersetzung mit ungewohnten und gänzlich anderen Arten der Bedeutungsgebung. Es geht hier also um die Erweiterung meiner Möglichkeitenräume im Umgang mit mir, mit Anderen und der Welt.

Flexibilisierung bedeutet vor Allem zu trainieren, engere Gewohnheitsmuster aufzuweichen, eine größere Bandbreite an inneren und äußeren Verhaltensweisen zur Verfügung zu haben. Dazu gehören auch Zustandserfahrungen und typologische Erweiterungen. Unter Anderem die Arbeit mit jungianischen Archetypen und das Erschliessen mir ungewohnter archetypischer Ausdrücke siedel ich hier an. Aber auch das -temporäre- Öffnen für andere kulturelle Einflüsse und Anpassungen.

Translation meint relativ klassisch die Ausbreitung auf einer bestimmten Entwicklungsstufe, also die Anwendung von Merkmalen und Kapazitäten bestimmter Stufen auf andere Lebensbereiche. Insbesondere angemessenes Training von Fertigkeiten und das Ausprägen von Kompetenzen sind hier Themen. Dabei kann sich Translation auch vermengen mit Nachreifen, wenn bestimmte Fähigkeiten früherer Stufen ausgeprägt werden, beispielsweise die Entwicklung von Sinnen oder Motorik.

Essenzialisierung

Durch alles, was wir tun, scheint unsere wahre Essenz hindurch. Oftmals vertrauen wir dem aber nicht oder es ist durch Anpassungsreaktionen stark verdeckt. Je weiter wir auf dem Pfad der Entwicklung voranschreiten, umso natürlicher scheint unsere Essenz hindurch. Dieses Entwicklungsfeld kann man psychologisch, systematisch oder sogar spirituell deuten.  

Was ist der Sinn und wie erlebe ich sinn-Fülle. Das ist aus meiner Sicht eine zutiefst individuelle und persönliche Frage.

Dieses Feld ist aus meiner Sicht ein mitlaufendes Ergebnis und weniger etwas, was wir versuchen müssen zu erreichen. In Kombination mit der Individualität ist es also unnötig, bis hin zu gefährlich, hier einen Inhalt zu setzen. Denn das ist die Basis und das Feld von Ideologisierung, die ich ja äußerst kritisch sehe.

Embodiment

Was wir nicht zutiefst verkörperlichen und somit wirklich in diese Welt im Alltag einbringen können, ist letzten Endes eben noch nicht ent-wickelt. Alles, was wir erkennen, wahrnehmen, erfahren sollte sich im echten Leben auch widerspiegeln. 

Unsere Entwicklungspraxis muss dazu beitragen, dass wir uns im Leben besser zurecht finden, dass wir besser und erfüllender in unseren Beziehungen leben, dass wir erfolgreicher, gesünder und erfüllter unserer Arbeit und unseren Freizeitbeschäftigungen nachgehen.

Auch unser Körper hat ein Gedächtnis und sowohl Muskeln, Nerven, Faszien und all die Strukturen in unserem Körper wirken mit unserer Psyche und den Kontexten um uns herum zusammen, um unsere Wirklich zu erzeugen. Daher ist die Verkörperlichung immer auch ein Ausdruck unserer Entwicklung und unseres gegenwärtigen Zustands. 

Wie war das noch mit Persönlichkeitsentwicklung?

Ich verwende in meinem Framework an keiner Stelle Persönlichkeit. Das Konstrukt Persönlichkeit ist sehr interessant, wenn wir es in einem psychodynamischen Sinne beschreiben und dann von beispielsweise Ich oder Selbst oder Bewusstsein oder Seele oder .... abgrenzen. 

Im Rahmen der vertieften Ausbildungen im Bereich Coaching und Therapie ist das ein interessante Feld, weil dort für konkrete Interventionsplanung andere Konzepte über den Menschen notwendig sind.

Am Ehesten kann ich also von Gewahrseinsentwicklung sprechen, denn das ist sowohl der Ausgangspunkt als auch in gewisser Weise der Endpunkt des Kreises, in dem wir nach einem Entwicklungsschritt wieder ankommen, jedoch mit einem deutlich geweiteten Gewahrsein, also mit mehr, wessen wir uns gewahr sind oder zumindest sein können.

Im folgenden Blogbeitrag zur Frage "Was bedeutet eigentlich Persönlichkeitsentwicklung?" erfährst Du mehr zur Bedeutung, Schubladen und Definitionen.

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Was bedeutet eigentlich Persönlichkeitsentwicklung? https://heiko-veit.com/blog/persoenlichkeitsentwicklung/ https://heiko-veit.com/blog/persoenlichkeitsentwicklung/#comments Mon, 16 Oct 2023 00:00:00 +0000 Persönlichkeitsentwicklung Entwicklungsbegleitung Vertikale Entwicklung https://heiko-veit.com/blog/persoenlichkeitsentwicklung/ Weiterlesen

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Von Definitionen, Bedeutung und Schubladen

Wenn ich nach einer Definition von Persönlichkeitsentwicklung im Internet suche, bekomme ich etwas über 5,6 Millionen Ergebnisse. Irgendwie interessant. Und bei ein paar Stichproben (wirklich nur ein paar...) gibt es ganz schön unterschiedliche Definitionen, was ja kein Wunder ist, wenn man weiß, wie wir Menschen Bedeutung geben. Worte sind wie Aufkleber auf Schubladen, manchmal sind die Aufkleber gleich und die Inhalte sehr unterschiedlich. Und manchmal ist ein ähnlicher Inhalt in den Schubladen, aber die Aufkleber haben unterschiedliche Titel.

Was ist in meiner Schublade mit dem Titel Persönlichkeit?

Ich ziehe mal die Schublade mit dem Titel Persönlichkeit ein wenig auf. Und wenn ich da hineinschaue, dann ist darin erst einmal kein statisches Ding. Aus meiner Sicht ist Persönlichkeit kein Etwas. Persönlichkeit ist eher ein Prozess, vielleicht mit ein paar typischen Ausprägungen oder Mustern, aber nichts Festes. Und vor allem entsteht dieser Prozess, die Persönlichkeit an der Schnittstelle zwischen dem Individuum und dem Umfeld. Ich ziehe die Schublade mal weiter auf. ;-)

Was ist auf der Seite des Individuums?

Auf der Seite des Individuums gibt es mindestens eine eigene Wahrnehmung von "Persönlichkeit". Das ist meistens etwas, was ich in mir erlebe. Dabei kann es sich um eher gleichbleibende Aspekte handeln, beispielsweise Verhaltensweisen oder Bedürfnisse oder Werte. Es kann sich auch um eher vergängliche Aspekte handeln, wie Gefühle oder vielleicht sogar Verhaltensweisen, Bedürfnisse und Werte. Irritiert über die Wiederholung? ;-) 

Wenn wir uns selbst genau wahrnehmen, können wir vielleicht feststellen, dass es Umgebungen gibt, in denen wir eher die einen oder eher die anderen Verhaltensweisen zeigen, dass wir mal eher einige Werte hervorheben und an anderen Stellen andere Werte mehr leben. Das liegt eben daran, dass auch die Umgebung, in der wir uns befinden in uns unterschiedliche Muster einlädt, sich zu aktiveren. Ob wir das bewusst mitbekommen oder sogar steuern können ist eine andere Frage.

Jeder Mensch hat auch eine Art von Empfinden von Identität, einem "das bin ich". Das ist, womit wir identifiziert sind, das ist die Basis für unser Denken, Fühlen, Handeln, unsere Beziehungen und unsere Bedeutungsgebung. Auch darin gibt es eine fortschreitende Entwicklung und wir können immer mehr Aspekte und Objekte, Phänomene wahrnehmen. Denken und Fühlen, später welche Überzeugungen und Annahmen wir haben, noch später sogar die Art und Weise unserer Bedeutungsgebung. 

Und was ist auf der Seite des Umfelds?

Wenn wir aus der Perspektive des Umfelds schauen, sehen wir eine Zuschreiben von "Persönlichkeit" von Menschen, mit denen ich im Kontakt bin. Da verschiedene Menschen verschiedene Aspekte von einem kennenlernen und wahrnehmen, gibt es also schon mal aus der Perspektive auch mehr als eine "Persönlichkeit". Und wenn Du mal bei Dir schaust, werden Mitarbeitende Dich vermutlich anders beschreiben als Deine Eltern oder Deine Freunde. 

Wir sind alle in verschiedene Gemeinschaften und Kontexte eingebunden. In allen Kontexten sind wir in gewisser Weise sowohl gestaltend, als auch gestaltet. Manchmal müssen wir für eine Veränderung der Persönlichkeit auch unser Umfeld oder Teile unseres Umfeldes verändern.

Ja aber... da ist doch was Statisches, nämlich das was bei allem gleich ist, die Schnittmenge...

Natürlich könnte man Persönlichkeit beschreiben als das, was sich sowohl aus allen inneren Wahrnehmungen und allen äußeren Zuschreibenden ergibt, wenn man darin das sucht, was allem gemeinsam ist, die Schnittmenge von allem inneren und allem äußeren. Und wenn das ein für Dich nützliches Verständnis ist, dann hast Du eine andere Schublade als ich und das ist wunderbar. Ich finde jedoch, dass das, was am Ende von Persönlichkeit dann noch übrig bleibt für mich kein nützliches Verständnis von Persönlichkeit ist. Denn alles das, was nicht ganz so zusammen passt, das was die Lebendigkeit von uns Menschen und den Interaktionen zwischen uns Menschen ausmacht wäre damit aus der Persönlichkeit getilgt. Und gerade bei dem, was nicht so ganz zusammen passt, gibt es eine Menge Möglichkeit und auch Bedarf an persönlicher Entwicklung.

Worum es mir letzten Endes bei der Persönlichkeit geht und was aus meiner Sicht immerhin eine stabile Prozessbeschreibung ist:

Auch wenn die Persönlichkeit selbst nicht klar und statisch ist, hat sie doch wesentlich damit zu tun, wie wir in der Welt wirken, welche Wirkung wir in der Welt erzielen.

Und was ist jetzt in der Schublade Persönlichkeitsentwicklung?

Diese Schublade mache ich jetzt auch mal stückchenweise auf. ;-)

Persönlichkeitsentwicklung hat also damit zu tun, die Art unseres in der Welt seins zu entwickeln. In der integralen Theorie wird das manchmal mit "show-up" bezeichnet, der Moment, wo wir in die Welt gehen und handeln oder eine Handlung unterlassen. Unabhängig davon, wie unsere Handlungen, unsere Beiträge vom Umfeld aufgenommen werden, so zeigen wir uns in der Welt.

Dabei möchte ich auch ergänzen, dass auch die Art und Weise, wie wir mit uns selbst umgehen auch ein Teil dieses "show-up" ist. Was wir von uns erwarten, bewusst oder unbewusst. 

Welche Spannungsfelder wir wahrnehmen und auflösen oder halten müssen.
Welche inneren Zustände und Selbstmanagementfähigkeiten wir auf uns selbst anwenden.

Wozu jetzt also Persönlichkeitsentwicklung?

Persönlichkeitsentwicklung hat also das Ziel, sich in der Wirkung in der Welt, in den Beiträgen, die wir leisten auszudrücken und zu zeigen. Damit meine ich aber nicht nur den Umgang mit Anderen, sondern auch den Umgang mit uns selbst. Denn, wie vorher erläutert, die Innenperspektive gehört für mich ja auch zur Persönlichkeit dazu und wir sind ja auch Teil "der Welt". ;-)

Für mich geht es also in der Persönlichkeitsentwicklung nicht nur um Selbstoptimierung, reines Ziele erreichen, sondern um einen umfassenderen Reifungsprozess, in dem wir sowohl unsere Autonomie, unsere Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Eigenbestimmtheit steigern, als auch Verbundenheit sowie Mitgefühl mit Anderen, gemeinsam mit Fürsorge und der Achtung und Wahrung der Autonomie von Anderen. Und das im Kontext der Herausforderungen, denen wir in Organisationen, in Familien, in Gesellschaft und als Menschheit begegnen.

Übrigens bedeutet dieses sowohl Autonomie als auch Verbundenheit auch einiges an Reibung und Konflikt zwischen Menschen. Die Reifung bei Unterschiedlichkeit und Konflikt bleiben zu können, sich nicht trennen zu müssen und gemeinsam zu besserem Umgang mit Reibung und Konflikt beizutragen, vielleicht sogar diese aufzulösen, ist also ein wichtiger Teil von Persönlichkeitsentwicklung. Mit Unterschiedlichkeit konstruktiv umgehen und uns ergänzen lernen ist mir in Anliegen.

Das ist der übergeordnete Rahmen, in den dann die ganz konkreten Anliegen und Themen meiner Klienten fallen und wir gemeinsam herausarbeiten, welche nächsten Schritte möglich und machbar sind.

Welche Orientierung habe ich im Bereich Persönlichkeitsentwicklung?

Wenn ich sage, dass Persönlichkeitsentwicklung ein umfassender Reifungsprozess ist, muss ich natürlich auch irgendwie eine Form von Orientierung mitgeben. Und damit habe ich persönlich auch direkt ein Problem. Denn wenn ich eine Orientierung festlege, laufe ich damit stark in die Gefahr einer Ideologisierung... und wer mich kennt weiß, dass meine Ideologie die Nicht-Ideologie ist. 

Die damit verbundene Offenheit darf aber nicht als Ausrede zur Beliebigkeit werden. Ich gehe das Risiko ein, eine klare Position einzunehmen, auf die Gefahr hin, dass diese Position auch falsch sein kann. Und immerhin bin ich mir dessen bewusst, was wiederum das Risiko einer Ideologisierung senkt, weil ich bereit bin, mich in Frage zu stellen und stellen zu lassen. Und ich habe auch genug Sicherheit, dass diese in Frage stellen auch eine Fundierung braucht und ich nicht einfach umkippe.

Orientierung gibt Richtung und ich bin nur ein guter Entwicklungsbegleiter, wenn diese Richtung auch interessant und gewünscht ist.

Achtung, jetzt kann es ein wenig verschachtelt und rekursiv werden. Denn in der Überschrift ist schon ein wichtiger Teil meiner Richtung enthalten. ;-)

Ich gehe davon aus, dass ich nur mit Klienten an deren konkreten Themen und Anliegen arbeiten kann, die eine ähnliche Ausrichtung haben und sich daher auch auf den Weg machen, auf dem ich bin. Wenn wir in verschiedene Richtungen gehen, macht eine Entwicklungsbegleitung durch mich einfach wenig Sinn. Darum folgen jetzt ein paar Absätze zu meiner Ausrichtung. 

Mir ist wichtig, dass jeder Mensch die eigene Einzigartigkeit entdecken und ausdrücken kann und mit dieser Unterschiedlichkeit mit Anderen zusammenarbeitet, um zu gedeihlichen Gemeinschaften und einer gedeihlichen Zukunft beizutragen. Und das bedeutet eben nicht, dass alle gleich sein müssen oder die gleiche Art und Weise von Verhalten, Sichtweisen oder Werten vertreten müssen. Meine Ideologie ist die Nicht-Ideologie. Ein klarer eigener Standpunkt, gepaart mit der Offenheit sich auf Anderes einzulassen und der Bereitschaft zu erkennen, dass der eigene Standpunkt auch verändert werden kann oder das sogar notwendig ist.

Ich möchte dazu beitragen, dass wir als Menschen uns wieder mehr als Teil der Natur begreifen. Der Satz "zurück zur Natur" ergibt eigentlich keinen Sinn, weil wir Natur sind. Wenn wir das wieder mehr integrieren, entwickeln wir einen anderen Blick auf Zukunftsfähigkeit und verringern ausbeuterische Tendenzen uns selbst, anderen und dem Ökosystem gegenüber. 

In vielen Weisheitstraditionen gibt es zu kultivierende oder auszustrahlende Qualitäten, die für mich auch eine Orientierung in meiner Arbeit darstellen: Gelassenheit, Mitgefühl, bedingungslose Liebe, eine gewisse heitere Leichtigkeit, mitfühlende Freude, Dankbarkeit, Großzügigkeit und natürlich Humor. Das scheinen zeitlose Qualitäten zu sein, die uns Menschen stärken und die unterschiedlichsten Ausdrucksformen haben können. Immer aber sowohl für uns selbst als auch für Andere. Ich würd dann noch KlarheitUnterscheidungsfähigkeit und Komplexitätsbewältigung ergänzen.

Das gibt eine grobe Ausrichtung für meine Arbeit. Das sind sozusagen meine übergeordneten Meta-Ziele. Das gibt mir genug Orientierung, um darauf konkrete Angebote zu Entwicklungs- und Weiterbildungsprogrammen zu machen. Aber das ist ja nur ein Teil der Ausrichtung. Diese muss ergänzt werden durch Deine konkreten Anliegen, Deine Ziele, Wünsche und Herausforderungen. Erst wenn wir das zusammen legen, ergibt sich Dein konkreter Pfad der persönlichen Entwicklung.

Wenn das Ziele sind, was machen wir dann in der Persönlichkeitsentwicklung?

Das ist eine sehr spezifische und individuelle Frage. Jeder Mensch ist einzigartig. Jede Ausgangssituation, jeder Kontext, die Gesamtbedingungen sind einzigartig, auch wenn es natürlich strukturelle Muster darin geben mag. Daher ist das eine Frage, die ich hier erst mal nur sehr grob und abstrakt beantworten kann: Um eine andere Wirkung in der Welt zu erzielen, muss ich innerlich etwas verändern.

Das Einfachste: Dazulernen

Das einfachste ist, wenn ich nur etwas Neues lernen muss. Das muss ich dann vielleicht noch ein wenig üben, aber ich habe die Kapazität das zu tun und es gibt keine "angezogenen Handbremsen" aus meiner Vergangenheit. Hier geht es oft um Wissensvermittlung und Kompetenzaufbau. Dazu gehört manchmal auch einfach Psychoedukation, also das Vermitteln von Wissen über Denken, Fühlen und Verhalten und wie man sich selbst steuern kann. Häufig geht es bei meinen Klienten dann auch um ein Verstehen der eigenen Bewusstheit, der Art und Weise wie man selbst Bedeutung bildet oder die Einordnung und Bedeutungsgebung von verschiedenen Erfahrungen. Aber eben auch ganz praktische Aspekte, wie ich sie beispielsweise in meiner Organisationsentwicklungsausbildung intOE® vermittele, auch wenn da noch viel mehr passiert. Das ist also auch eine Form von "show-up".

Nicht ganz so einfach, aber spaßig: Bewusstheit und Bewusstsein entwickeln

Die Art und Weise wie wir Menschen Bedeutung geben, was wir reflektieren können und welche Phänomene wir sehen und nutzen, um uns in der Welt zu orientieren entwickelt sich. Die bei Kindern offensichtliche Entwicklung endet nicht plötzlich, auch als Erwachsene können wir uns weiter entwickeln. Dabei gibt es sowohl die vertikale Entwicklung, also das Wachsen auf eine spätere Bewusstheit. Da dies ein ziemlich umfangreiches und nicht ganz einfaches Thema ist, habe ich dazu einige Artikel geschrieben, die ich am Ende verlinke. Das nennt sich in der integralen Theorie übrigens häufig "grow-up", also das aufwachsen von Perspektiven und der Ausbau der Fähigkeiten zum Umgang mit mehr Komplexität.

Ein weitere Aspekt ist die sogenannte Zustandsschulung. Also welche Bewusstseinszustände können wir erreichen, willentlich herstellen oder sogar stabilisieren. Dabei kann es um Konzentrations-, Flow- und Wahrnehmungszustände gehen, aber auch um manchmal als "spirituell" bezeichnete Zustände von erweitertem Gewahrsein und einer anderen Art und Weise auf die Welt zu schauen. Dazu begleite ich sowohl mit Konzentrations-, Meditations-, Kontemplations- und Körperübungen. Der Begriff "wake-up" wird dazu im integralen Sprach häufig verwendet.

Nicht ganz so spaßig, aber hilfreich: Schattenarbeit und Nachreifen

Im Laufe unsere Entwicklung lernen wir durch die Interaktion mit dem Umfeld. Manches was wir gelernt und verinnerlicht haben war vielleicht damals ein guter Lösungsansatz, ist aber auf Grund unserer im Leben weiter gewachsenen Fähigkeiten einfach nicht mehr passend und damit zu einem Schatten geworden. Es gibt viele Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster, die wir in der Kindheit gelernt und stabilisiert haben, die hilfreich sind. Sonst wären wir gar nicht in der Lage, uns in der Gesellschaft zu bewegen. Aber wir haben auch einiges verinnerlicht und gelernt, was heute einfach nicht mehr passend ist und verlernt werden darf. Dann haben wir einige Lernerfahrungen vielleicht gar nicht gemacht, dann gilt es die Fähigkeit des Gehirns zum lebenslangen lernen zu nutzen, um an solchen Stellen nachzureifen. Ich finde den Begriff des Integralen da sehr schön, der lautet nämlich "clean-up".

Und eigentlich ist es viel komplexer...

Grow-up, Wake-up, Clean-up münden zusammen letztendlich in einem Show-up. Das ist durchaus ein einfaches und erst einmal hilfreiches Denkmodell. Und wird doch der Komplexität nicht gerecht.

Und damit gibt es zwei Möglichkeiten. Wenn Du an theoretischem Rahmen und dem von mir entwickelten Framework für Entwicklungsbegleitung interessiert bist, habe ich das in einem ersten Artikel mal grob dargestellt: Mein Framework für die Entwicklungsbegleitung von Individuen.

Wenn Du nach dem Artikel Interesse an einer Vertiefung des Frameworks hast oder vielleicht sogar an der Professionalisierung von Entwicklungsbegleitung, sprich mich dazu an. Die Wege sind vielfältig und abhängig davon, was Du auf Deinem Weg schon gemacht hast.

Die andere Möglichkeit im Umgang mit der Komplexität ist, wir steigen in die lebendige Arbeit ein. Denn dann entfaltet sich zwischen uns nicht irgendein Meta-Abstrakt-Framework-Gedöns, sondern lebendiges Arbeiten an und mit Deinen Themen, das Gehen Deines Entwicklungspfades.

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(Mögliche) Reiseabschnitte in der Bewusstseinsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/moegliche-reiseabschnitte-in-der-bewusstseinsentwicklung/ https://heiko-veit.com/blog/moegliche-reiseabschnitte-in-der-bewusstseinsentwicklung/#comments Sun, 08 Oct 2023 14:25:00 +0000 Entwicklungsbegleitung Vertikale Entwicklung Bewusstseinsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/moegliche-reiseabschnitte-in-der-bewusstseinsentwicklung/ Weiterlesen

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Im Mutterleib machen wir drei grundlegende Erfahrungen , die uns unser Leben lang immer begleiten werden. Wir sind verbunden, wir wachsen und es gibt einen Raum, in dem wir uns aufhalten, der irgendwann nicht mehr passt und den wir dann verlassen, um weiter zu gehen. Diese Erfahrung machen wir zutiefst körperlich und wir können sie in unserem Bewusstsein noch nicht erfassen. Denn unser Bewusstsein beginnen wir hier erst zu entwickeln.

Wir werden uns mehr und mehr gewahr und aus dem Urzustand eines ozeanischen Einheitsempfinden des Neugeborenen treten wir die Reise unseres Lebens an. Wir kommen in unserem Leben an unterschiedlichsten Stationen vorbei, je nach Herkunft, Kultur und individuellem Lebensweg. Einige davon sind freudvoll, andere anstrengend und wieder Andere vielleicht sogar langweilig. 

Und dennoch läuft im Hintergrund eine Reise, auf der wir Menschen alle die gleichen Reiseabschnitte erleben: Die Reise der Bewusstseinsentwicklung.

Auf dieser Reise gibt es eine zwingende Abfolge von Reiseabschnitten. Auch wenn nicht jeder Mensch jeden Abschnitt bereisen wird, so ist es doch hilfreich diese zu kennen. Damit wir in besserer Beziehung zu anderen Menschen sein können, besser zusammen arbeiten oder angemessener führen. Insbesondere, wenn man selbst wachsen oder andere bei ihrem Wachstum unterstützen möchte.

Das STAGES Modell ist wie eine gute Landkarte und kann Hilfe bei der Orientierung geben. Es schränkt aber das einzigartige Gelände nicht ein und lässt daher viel Raum für die einzigartige Lebensreise. Wenn Dich eher das abstrakte STAGES Modell interessiert, könnte dieser Artikel für Dich interessant sein.

Gehen wir nun auf die Reise...

Mit der Geburt beginnt die Reise in den Körper. Unsere Sinne entwickeln sich und wir lernen, wo unser Körper aufhört und die Welt beginnt. Das ist die Voraussetzung, um einen eigenen Willen zu entwickeln, aktiv mit unserem Körper zu werden und auf die Welt um uns herum Einfluss zu nehmen. Wir erschliessen uns die erste Personenperspektive, unser konkretes "Ich". Was will ich und wie kann ich das bekommen, was ich möchte. So erfreulich es sein kann, wenn man beobachtet, wie ein kleines Kind sich ein Spielzeug nimmt und sich an dem Spiel damit erfreut, stellen wir doch schnell fest, dass wir so alleine noch keine Gesellschaft aufbauen können.

Die zweite Reise führt uns also in die Gruppe und somit in die Gesellschaft hinein. Damit erschliessen wir uns die zweite Personenperspektive, wir erkennen also "Ich" UND "Du". Wir lernen, wie Beziehungen funktionieren und wie wir mit Regeln umgehen. Im weiteren Verlauf stabilisieren wir die Regeln und verinnerlichen sie zu Prinzipien und inneren Werten. So gelingt es uns, eine stabile Gesellschaft aufzubauen. Unsere Gedanken, Gefühle und Verhalten sind in Übereinstimmung mit den Werten des jeweiligen gesellschaftlichen Umfelds. Dies gelingt uns, indem wir innerlich stabile Prinzipien entwickeln, die wir aufrecht erhalten können, auch wenn unser Umfeld sich ändert. So können wir stabil die Traditionen fortführen und über viele Jahrhunderte aufrecht erhalten. Doch welche Individualität ist möglich, wenn wir nur fest in unseren Traditionen stehen...

So beginnen wir also die dritte Reise zur Freiheit von der Gruppe hin zu unserem Ich und der aktiven Selbststeuerung und Selbstbestimmtheit. Wir lernen unsere Gedanken und Gefühle differenziert wahrzunehmen und entwickeln differenzierte eigene Gedanken und Gefühle. Ähnlich, wie wir auf der erste Reise die Grenze unseres Körpers kennen und unseren Körper aktiv verwenden lernen, lernen wir in dieser Reise unsere Gedanken, Gefühle und unser Verhalten aktiv zu steuern und an unseren Zielen und Visionen auszurichten. Die reife und breit ausgeprägte dritte Personenperspektive ist das weit verbreitete Ideal, auf das unsere Gesellschaft ausgerichtet ist. Damit können wir eine Metaperspektive einnehmen, wir können sozusagen objektiv auch auf "Ich" und "Du" schauen. Wir können uns unsere eigenen Maßstäbe setzen und somit entscheiden, welche Aspekte der Tradition wir weiter bewahren wollen und welche wir für unsere Ziele und Visionen bereit sind, zurück zu lassen.

Die vierte Reise treten nur noch ca. 15% der Bevölkerung an. In dieser Reise entwickeln wir ein innerliches Verständnis von subtilen Kontexten und Systemen. Wir bemerken, wie soziale Konstruktion funktioniert und erkennen mehr und mehr, wie unser Umfeld uns und unsere Werte zutiefst geprägt hat und auch in jedem Augenblick mit prägt. Wir erkennen, dass die Wahl unserer Maßstäbe letztlich auf diesen Prägungen basiert. Wir entwickeln die vierte Personenperspektive und erfassen damit auch die Relativität unsere Objektivität, selbst wenn wir uns mit mehreren Personen einig sind. Wir sehen unsere impliziten Annahmen, die wir früher für wahr gehalten haben, schneller und insgesamt erlangen wir so eine Freiheit vom Ich und Reisen zu unserem Selbst. Wir sehen, dass andere etwas an uns erkennen können, was wir selbst nicht sehen. Wir entwickeln ein tieferes Verständnis von Verschiedenartigkeit und lernen immer größere Polaritäten zu integrieren oder zumindest im Gewahrsein zu halten. Das ähnelt den Lernerfahrungen der zweiten Reise, in der wir lernen durften, dass andere Menschen nicht immer die gleichen Wünsche teilen, andere Fähigkeiten haben und wir dennoch oder gerade deswegen miteinander Beziehung gestalten können. So entwickeln wir hier die Fähigkeit bewusst Systeme, Strukturen und Kulturen zu schaffen, wie sie für uns langfristig hilfreich sind.

Der nächste Reiseabschnitt wird noch seltener bereist. Wir sprechen hier eher von 1-2% und dennoch lassen sich auch hier noch feinere Unterscheidungen erkennen. Mit der fünften Personenperspektive treten wir die Reise zur Freiheit vom Selbst an und zugleich erkennen wir auch die Grenzen dieser Freiheit. Wie wir in unserer ersten Reise die Grenzen unseres konkreten Körpers erfasst haben und in der dritten Reise die Grenzen unseres eigenen Denken und Fühlens und damit Metakognition errungen haben, so erkunden wir hier die Form unseres eigenen Bewusstseins und entwickeln ein Meta-Gewahrsein. Wir erfassen unsere einzigartige Bedeutungsgebung, unsere eigene Wirklichkeitskonstruktion und mehr und mehr, wie diese zu Stande gekommen ist. Denn unser gesamtes Gewordensein, was natürlich auch den Körper mit einbezieht, bestimmt, wie wir Bedeutung geben, unsere Erfahrungen einsortieren und welche Zustände wir einnehmen. 

Mit der sechsten Personenperspektive weitet sich diese Perspektive noch weiter aus und wir gelangen hier zu den spätestens und sehr seltenen Strukturen des Bewusstseins. In denen sehen wir die Zusammenhänge weitester Polaritäten wie die Einheitserfahrung mit allem existenten in einem universellen und energetischem Fluss in dem wir zugleich Teil und Ganzes sind und integrieren weiteste Polaritäten...oder können diese zumindest halten. So erlangen wir einen gänzlich anderen Bezug zu Raum, Zeit, Materie und Geist.

Nimm einen tiefen Atemzug. ;-)

Und vielleicht erkennst Du den ein oder anderen Reiseabschnitt. Vielleicht hast Du auch Zustandserfahrungen gemacht, die Dich an Reiseabschnitte denken lassen, die Dir noch nicht so vertraut sind.

Und mach Dir bewusst, dass die Perspektive der Bewusstseinsentwicklung und dieser möglichen Reise nur eine möglich Form ist, auf das Leben zu schauen. So hilfreich die Perspektive von STAGES in der persönlichen Entwicklung, im Coaching, in Führung und Zusammenarbeit auch sein mag, sollten wir diese Perspektive doch auch ergänzen.

Denn vielleicht ist das Leben nicht nur eine Reise, vielleicht ist es überhaupt keine Reise, sondern ein Tanz. Ein Tanz, bei dem es nicht darum geht irgendwo anzukommen, sondern einfach jeden Schritte bewusst zu machen und sich daran zu erfreuen. Im Einklang mit der Musik oder auch mal neben dem Takt zu sein. Und wenn die Musik endet -hoffentlich- zufrieden einzuschlafen.

Doch bis es soweit ist, tanzen wir vielleicht ein paar Takte gemeinsam?

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Ein kurzer Überblick: Das STAGES - Entwicklungsmodell erklärt https://heiko-veit.com/blog/stages-entwicklungsmodell/ https://heiko-veit.com/blog/stages-entwicklungsmodell/#comments Tue, 03 Oct 2023 10:25:00 +0000 Vertikale Entwicklung Entwicklungsbegleitung Persönlichkeitsentwicklung Bewusstseinsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/stages-entwicklungsmodell/ Weiterlesen

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In diesem Artikel gebe ich einen Überblick über den Kern des STAGES Modell. Es beschreibt sozusagen das abstrakte Skelett des Modells, die reine Strukturperspektive. Das ist auf der einen Seite die besondere Stärke und Eleganz des Modells, auf der anderen Seite aber auch eine der größten Hürden, wenn man beginnt, sich dem Modell zu nähern. Denn die bunte Ausschmückung der Stufen, das lebendige Sein darin, die Einzigartigkeit der eigenen Lebenserfahrung geben die Farbe und das Fleisch zu dem Modell. Die Gefahr besteht aber darin, dass damit Stereotypen entstehen, wie eine Stufe sich zeigt. Dabei gibt die Struktur einer Stufe eben viel mehr Möglichkeiten des Ausdrucks.

Möchtest Du einen lebendigeren Zugang zu dem STAGES Modell? Dann schau Dir mal den Artikel über die (möglichen) Reisen des menschlichen Bewusstseins an.

Erkunden wir die STAGES Matrix

Die STAGES-Matrix ist ein Modell der Bewusstseinsentwicklung, das mit dem Säuglingsalter beginnt und sich bis zum Erwachsenenalter zu immer späteren Stufen der Differenzierung und Integration entwickelt. Eine Stufe ist ein kohärentes und in sich konsistentes Denk-, Fühl-, Impuls- und Bedeutungsgebungssystem, das die Struktur beschreibt, wie sich jemand auf verschiedene Lebenssituationen bezieht. Eine Stufe ist die Ebene, von der aus wir den Lebenserfahrungen konsequent einen Sinn geben.

Der Schweizer Psychologe Jean Piaget entwickelte Stufen für Kinder, die relativ weit verbreitet sind. Dazu gehören die sensomotorische, die präoperationale, die konkret-operationale und die formal- operationale Stufe. Man könnte sagen, dass das STAGES-Modell die ursprüngliche Arbeit von Piaget noch klarer macht und sie zu einer viel umfassenderen Darstellung der Entwicklung bis ins Erwachsenenalter ausbaut.

STAGES Matrix Modell Bewusstseinsentwicklung

Das STAGES-Modell umfasst 12 verschiedene Stufen und 6 verschiedene Arten von "Perspektiven" - von der Perspektive der ersten Person eines Säuglings über die Perspektive der dritten Person eines Wissenschaftlers bis hin zur Perspektive der sechsten Person der am weitesten fortgeschrittenen Bewusstseinstufe, zu der wir gegenwärtig ausreichend Forschungsdaten haben. Dieses Modell wurde von Terri O'Fallon entwickelt, die in Ihrer Forschung die theoretischen Rahmen des Philosophen Ken Wilber, führender Entwicklungsforscher der Loevinger-Linie wie Susanne Cook-Greuter und dem Psychologen und Psychotherapeuten Kim Barta in einen Gesamtkontext gebracht hat.

Wir entwickeln uns ganzheitlich aus unserem Zentrum heraus

Anders als viele Entwicklungsmodelle verwenden wir nicht die Metapher einer Leiter oder Treppe, sondern die Metapher des Ballons. Das hat zwei Gründe. Zum Einen ist ein Ballon bereits frei im Himmel, wir müssen nicht erst irgendwo hinkommen. Zum Anderen entwickeln sich die menschlichen Perspektiven um um unseren Kern herum und nicht nur "oben" auf eine bestehende Struktur. 

Mit jeder Perspektive wächst unsere Fähigkeit, Objekte zu differenzieren und diese somit nicht mehr als Teil Identität zu betrachten. Als Baby sind wir quasi unser Körper, später erkennen wir, dass wir einen Körper haben. Ein anderes Beispiel: Während manche Erwachsene ihre Beziehungen sind (d. h. sie sind ihnen unterworfen, oder was Therapeuten als "koabhängig" bezeichnen würden), sind andere in der Lage, Beziehungen zu haben. Mit anderen Worten: Sie können eine Beziehung zu ihren Beziehungen haben. Das würde bedeuten, dass die Beziehung ein "Objekt" ist, das sie mit ihrem Bewusstsein sehen können, und nicht etwas, das Teil ihrer Selbstidentität ist.

Die obigen Beispiele sind zwei von vielen, die man anführen könnte, um zu zeigen, wie sich der Mensch in seiner Fähigkeit entwickelt, Bewusstsein für konkrete Objekte wie Fahrräder und Spielzeug, subtile Objekte wie Metakognition, nuancierte Gefühle, eine Beziehung zu Beziehungen und sogar Metabewusste Objekte wie das Bewusstsein des Bewusstseins selbst zu entwickeln.

Die STAGES-Matrix ergibt sich aus Stufen und deren Definition über Parameter

Die Stufennamen in STAGES sind identisch mit der Personenperspektive und tragen keinen weiteren sprechenden Namen. Jeder Name würde weitere inhaltliche Assoziationen wecken, die von der strikten Strukturperspektive von STAGES ablenken würden. 1.0 ist also die frühe erste Personenperspektive und 1.5 die späte erste Personenperspektive. Danach kommt 2.0 als frühe zweite Personenperspektive und dann 2.5 als die späte zweite Personenperspektive und so weiter.

Jede Stufe wird durch Parameter beschrieben und in der STAGES Matrix adressieren die drei Fragen die drei Parameter, die eine Stufe definieren.

STAGES Entwicklungsmodell Parameter

Was hat es mit der ersten Frage auf sich?

Die erste Frage identifiziert die Schicht, in die das Objekt des Gewahrseins gehört. Es gibt im STAGES Modell drei Schichten und in jeder Schicht gibt es vier Stufen.

Die erste Schicht nennen wir konkret, weil die Objekte, die im Bewusstsein erschienen konkret sind, z.B. ein Haus, eine Familie, Nahrung, ein Job, Wut und Freude.

Die zweite Schicht heißt subtil, weil die Objekte, die in diesen vier Stufen aufkommen subtil sind, das Denken selbst, feinere Gefühle, strategische Pläne, abstrakte Diagramme, Kontexte und Systeme.

Die dritte Schicht bezeichnen wir als metabewusst, da die Objekte hier die eigene Bewusstheit und die Art und Weise, wie man Bedeutung gibt selbst erfassen kann.

STAGES Entwicklungsmatrix Objekt des Gewahrseins

Wenn man beginnt STAGES zu lernen, ist die Unterscheidung in welche Stufe welches Objekt gehört immer wieder eine spannende Herausforderung, zumal es nicht um das Wort geht, sondern um das Objekt im Gewahrsein.

Die Schicht des Objektes entspricht also dem ersten Parameter einer Entwicklungsstufe.

Und worum geht es bei der zweiten Frage?

Die zweite Frage bestimmt, welche soziale Präferenz die Erfahrung des Objektes färbt.

Ist der Fokus des Erlebens eher individuell und auf dem Individuum unabhängig davon, ob andere Menschen um einen herum sind, also meine eigenen Wünsche, Bedürfnisse, Hoffnungen und Träume?

Oder liegt der Schwerpunkt eher auf dem kollektiv, unabhängig davon, ob ich gerade alleine bin oder nicht, also eher auf Prinzipien, Kontexten und Vereinbarungen?

Hier sieht man in der Matrix auch, wie sich dieser Parameter im Laufe der Entwicklung wiederholt. jedoch mit unterschiedlichen Objekten.

STAGES Entwicklungsmodell menschliche Erfahrung soziale Praeferenz

Der zweite Parameter einer Stufe ist also die soziale Präferenz und auch hier bedarf die Zuordnung einer tieferen praktischen Beschäftigung mit dem Modell.

Mit der dritten Frage vervollständigen wir die Definition der Stufe

Die dritte Frage bezieht sich auf den Lernprozess, bzw. den Umgang mit dem Bewusstseinsinhalt.

Wir empfangen neue Objekte rezeptiv, wir müssen sie erst kennen- und kategorisieren lernen. Wir müssen die Kontur und die Grenzen verstehen und beginnen dann mit diesen Objekten zu hantieren. Als Baby empfangen wir zuerst mit unseren Sinnen, die sich darin ausprägen, bis wir Geräusche und Farben erkennen können. 

Nach etwas Übung können wir ganz aktiv mit den Objekten und deren Kombinationen umgehen. Als Kinder können wir nicht nur unseren Körper einsetzen, sondern auch unsere Kreativität um beispielsweise die Kekse zu bekommen, die auf dem Küchenschrank stehen.

In der nächsten Phase treten wir mit anderen in die Interaktion mit diesen Objekten und werden dadurch reziprok. So geht es bei Kindern irgendwann nicht mehr nur um das Spielzeug, sondern um das gemeinsame Spiel mit Anderen.

Daraus erwächst dann die interpenetrative Phase, in der wir unsere Interaktionsobjekte und -partner in gegenseitiger Durchdringung integrieren. So entstehen beispielsweise grundlegende Prinzipien und Werte aus den sich verfestigenden Regeln der früheren Phase.

STAGES Entwicklungsmatrix menschliche Erfahrung Lernprozess

Der dritte Parameter ist also der Lernprozess. Das ist sozusagen auch ein Treiber für den übergreifenden Prozess in der stufenweisen Bewusstseinsentwicklung. 

Und jetzt noch einmal rauszoomen auf das Ganze

So ergibt sich die STAGES-Matrix, in der jede Personenperspektive mit den drei Parametern definiert ist. Die Parameter kann man sich ähnlich vorstellen wie die Bausteine der DNA vorstellen. Mit der Kombination aus relativ wenig Bausteinen lassen sich alle biologischen Formen bilden. Genauso lässt sich mit den drei Parametern jede Struktur des menschlichen Bewusstseins erzeugen und diese Struktur wird dann mit der einzigartigen Lebenserfahrung gefüllt. 

Die Matrix hilft darüber hinaus, wiederkehrende Muster zu erkennen, sogenannte Schichtverschiebungen. So haben die Stufen 1.0, 3.0 und 5.0 bis auf die Objekte die gleichen Parameter und somit trotz der großen Unterschiedlichkeit in der Ausprägung der Entwicklungsstufe einander ähnelnde Strukturprinzipien

STAGES Entwicklungsmodell Schichtverschiebungen

Gleiches gilt auch für 1.5, 3.5 und 5.5, ebenso für 2.0, 4.0 und 6.0 sowie für 2.5, 4.5, 6.5. Das ist insbesondere in therapeutisch wirksamen Settings sowie der Entwicklungsbegleitung relevant, weil damit nicht nur sehr viel klarer und passgenauer interveniert werden kann, sondern auch die früheren Lernerfahrung des Menschen für die Transformation auf spätere Stufen transferiert werden können.

An dieser Stelle ist mir besonders wichtig, nochmal auf die Ballon-Metapher im STAGES - Modell zu verweisen. Dieses Modell hat ein anderes Tiefenverständnis als durch die Treppenmetapher transportiert wird. So stehen uns alle einmal durchlaufenen Stufen als flexible Bezugsmöglichkeiten auf Lebenssituationen zur Verfügung und wir können zustandsartig die Personenperspektive verändern. Das ist besonders relevant in der Anwendung von STAGES in Kommunikation, Führung, Coaching, Therapie und Entwicklungsbegleitung.

Und Bedeutung geben wir aus unserem Schwerpunkt des Bewusstseins

Unabhängig von dem flexiblen Zugriff auf durchlaufene Stufen, haben wir auch einen Schwerpunkt des Bewusstseins, von dem aus wir uns üblicherweise auf die Gestalt, also die Gesamtheit unserer Erfahrungen beziehen, sozusagen den stabilen Umfang unseres Ballons. Von diesem Schwerpunkt aus geben wir allem, was wir erfahren letztlich eine Bedeutung, eben auch den vertikalen Entwicklungsmodellen. Wir können aber nur die Stufen wirklich begreifen, die wir bereits durchlaufen haben. Allen anderen weisen wir -im Allgemeinen ohne es zu merken- eine Bedeutung zu. Darum sind Selbsteinschätzungen des Schwerpunkts des Bewusstseins so schwierig.

Mit dem Entwicklungsprofil ist es möglich, den Schwerpunkt des Bewusstseins einer Person zu bestimmen. Das ermöglicht der Person genauer zu verstehen, welche Stufen sie begreift und welche Stufen auch noch nicht. Darüber hinaus werden in einem Entwicklungsprofil noch differenzierte Rückmeldungen zu der Entwicklungsbalance und der Entwicklungsbreite gegeben, sowie zu den Ergebnissen passende Entwicklungsanregungen. In dem Auswertungsgespräch erfolgt dann eine ggf. notwendige Irritation der bisherigen Bedeutungsgebung, die entwicklungsförderlich ist und vor allem die passgenaue Übersetzung der Entwicklungsanregungen in die konkrete und einzigartige Lebensrealität mit den bestehenden Wünschen, Sehnsüchten, Chancen, Herausforderungen und Rahmenbedingungen. Daher ist das auch ein idealer Startpunkt für eine Entwicklungsbegleitung und unerlässlich, wenn man professionell mit Anderen arbeiten möchte, und dabei vertikalen Entwicklungsmodellen verwendet.

Interesse an einem eigenen STAGES Entwicklungsprofil oder an konkrete Kurse mit dem STAGES - Modell?

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Warum man vertikale Entwicklungsmodelle nicht verwenden sollte... https://heiko-veit.com/blog/vertikale-entwicklungsmodelle/ https://heiko-veit.com/blog/vertikale-entwicklungsmodelle/#comments Tue, 26 Sep 2023 00:00:00 +0000 Vertikale Entwicklung Entwicklungsbegleitung Denk- & Perspektivangebote Bewusstseinsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/vertikale-entwicklungsmodelle/ Weiterlesen

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...von ungünstigen Übertreibungen und Modell-immanenten Herausforderungen

Wenn man sich mit dem vertikalen Entwicklungsansatz (z.B. durch STAGES) befasst, ergibt sich oft eine Begeisterung von der Klarheit der sich daraus ergebenden Erklärungen. Konflikte, Gruppenphänomene, gesellschaftliche Phänomene, Verhaltensweisen, all das scheint auf einmal erkennbar. Dadurch schleicht sich leider auch sehr oft der Irrglaube ein, eine spätere Stufe sei besser als eine frühere.

Ein paar Vorüberlegungen zum Menschein

Vertikale Entwicklungsmodelle werden oft in einer viel zu kurz greifenden, oberflächlichen und sogar schädlichen Art und Weise angewandt. Das hat nichts mit Boshaftigkeit zu tun, es ist -lustigerweise- eigentlich durch das Modell selbst ganz natürlich zu begreifen. Denn jeder Mensch interpretiert Erfahrungen und natürlich auch Modelle auf Basis des eigenen Seins. 

Nochmal ganz explizit: Das gilt für alle Modelle, für alles, was wir wahrnehmen und mit Bedeutung versehen, aber gerade im Bereich von Entwicklungsmodellen haben wir da eine besondere Herausforderung. Beim Lesen von Stufenbeschreibungen bilden sich automatisch innere Bilder, wie es wohl wäre, auf dieser Stufe zu sein und das entsprechend mit der eigenen Erfahrung oder Vorstellung abzugleichen. Ohne ein sehr stringentes Training in einem Entwicklungsmodell wie beispielsweise STAGES, welches insbesondere die Konfrontation mit den Erfahrungen anderer Menschen von bestimmten Stufen beinhaltet und auch die Reibung und Irritation durch und mit einem entsprechenden Trainer, bleibt es dadurch bei einer sehr individuellen "Übersetzung" oder Interpretation des Modells.

Darüber hinaus kann man einen Menschen eben nicht nur auf seine Entwicklungsstufe reduzieren. Wenn man die für diesen Zweck ganz taugliche integrale Meta-Theorie als Referenz verwendet, müssen schon fünf Metaperspektiven parallel genutzt und gehalten werden, um ein halbwegs umfassendes Bild zu erhalten. Man könnte jetzt sogar noch eine Meta-Theorie verwenden, wie beispielsweise die Theory of Process, und so noch eine ganz andere Breite hineinbekommen. Und bei Verwendung eines anderen Detailmodells, wie beispielsweise die BigFive entsteht andere Tiefenschärfe. Bei Verwendung systemischer Kontextbezüge wird es nochmal ganz anders komplex.

Grundsätzliche Polarität bei Entwicklungsmodellen

Entwicklungsmodelle sind absolut hilfreich bei der Selbsterkundung und könnten auch in der professionellen Begleitung von Menschen dazu beitragen, dass wir mit uns selbst und anderen weitaus liebevoller, klarer und realistischer umgehen.

Unglücklicherweise sind Entwicklungsmodelle auch geeignet, zu etikettieren, den eigenen Selbstwert auf Kosten anderer zu stützen oder ideologisch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe sicherzustellen. Gerade bei nicht ausreichendem Verständnis des Modells, einer eher früheren Entwicklungsstufe oder spezifischen Schattenthemen, also eigenen blinden Flecken oder Entwicklungsdysbalancen, die man selbst nicht bewusst wahrnimmt.

Lebendiges sein im eigenen Körper

Jeder von uns ist ein einzigartiges Individuum, ein „So-Geworden“, ein „So-Seiendes“ und in dem Moment des Kontaktes mit einem anderen Menschen, ein „Sich-in-diesem-Augenblick-so-Zeigendes“, ein „So-Gesehenes“, quasi ein kleines Aufblitzen des „Werdens-Vergehens-Seins-Flusses“, von einem „Beobachter-Beobachtetes“.

Wir sind Teil des Lebens und somit deutlich weniger statisch, als wir uns manchmal erleben oder glauben zu sein. Wir haben eine Herkunft, einen Weg hinter uns und einen Weg vor uns und in jedem Augenblick wirkt der Kontext auf uns ein.

Und das gilt eben für uns selbst, aber auch für unser Gegenüber. Das formt jede Begegnung. Alles, was ich einer solchen Situationen mit den fünf Sinnen (und darüber hinaus) wahrnehme, ...ist auch eine Wahrgebung.

Ob ich mehr von mir oder mehr von dem Anderen wahrnehme, ob es einen echten Kontakt und Austausch gibt..., und was daraus folgen mag..., woher wollen wir das wissen!? Dennoch gilt es, zumindest aus meiner Sicht, in diesem ewigen Fluss des Lebens immer auch eine Position zu beziehen. Wohlwissend, dass auch diese Position eigentlich im Fluss ist, unpassend sein oder werden mag und doch anerkennend, dass eine Position notwendig ist, um einen Impuls wahrzunehmen, zu verarbeiten und darauf zu antworten.

Entwicklungsstufenmodelle und ein etwas anderer Blick als Stufenbeschreibungen

Wenn wir mit dieser Idee erneut auf das Thema vertikaler Entwicklung schauen, ist die Einstufung einer Person eine deutlich komplexere Angelegenheit geworden. In seriösen vertikalen Entwicklungsmodellen arbeiten wir mit projektiven Verfahren. Ein Mensch teilt also etwas von sich heraus mit, beispielsweise in einem Satzergänzungstext oder in einem strukturierten Interview. Die Auswertung dieses Materials ist aufwendig und benötigt einen ausgebildeten Scorer, der ein Training von ca. 800 bis 1.000h durchlaufen hat und ein aufwendiges Interrating-Testing bestanden hat. Bei STAGES muss dazu noch laufend die Qualifikation erneuert werden. Dies dient unter anderem die eigenen Erlebnisse und Erfahrungen etwas zu relativieren und sich sicher in der Perspektive des Modells zu bewegen. Das unterstützt, die eigenen Annahmen und Erfahrungen möglichst wenig in den Auswertungsprozess mit einzubringen, beziehungsweise die eigenen Annahmen und Erfahrungen im Einklang mit dem Modell verwenden zu können. Ansonsten wird eine Einschätzung eher zu einer Selbstaussage des Einschätzenden als zu einer modellbasiert-objektivierten Rückmeldung. 

Damit ist es dann möglich, zumindest mit einiger Genauigkeit, ein „Center of Gravity“, einen ungefähren Bewusstseinsschwerpunkt einzuschätzen, von dem aus eine Person auf die Welt und sich selbst schaut.

Bei STAGES gibt es darüber hinaus ein Verfahren, die Bewusstheit im Moment zu erfassen. Das ist ebenfalls ein aufwendiger Lernpfad, mit dem dann erkannt werden kann, mit welcher Perspektive eine Person in diesem Augenblick sich zeigt. Das ist für Coaching besonders hilfreich, dient aber eben nicht der Bestimmung des Schwerpunkts des Bewusstseins, sondern der praktischen Arbeit mit den Themen, die gerade anstehen.

Und immer noch sprechen wir über die Verwendung eines Modells

Jetzt gilt es nicht zu vergessen, dass die Basis für diese Einschätzung immer noch ein Modell ist und man sich so einer mehr oder weniger qualitativ hochwertigen Abstraktion des Lebens zuwendet. Jedes Modell abstrahiert die Entwicklung eines Menschen anders und beschreibt daher auch Stufen, Phänomene, Erfahrungen und Ausdruck des Menschen anders. Je tiefer man in die einzelnen Modelle eintaucht und diese genauer lernt, so besser sieht man sowohl ähnliche Muster, aber eben auch die Spezifika und Grenzen bestimmter Modelle. Dies gelingt aber eben erst, wenn man in verschiedenen Modellen, die einen ähnlichen Blickwinkel betrachten, tief eingestiegen ist. Das senkt die Gefahr der Über-Projektion eines Modells auf die Einzigartigkeit des Seins, kostet jedoch oft den Preis der vermeintlichen Sicherheit. Mal abgesehen davon, dass ein Entwicklungsmodell nicht reicht, die Vollständigkeit einer Person zu erfassen. Es ist mehr eine bestimmte Linse, die wir verwenden, um bestimmte Nuancen genauer erkennen zu können.

Ich halte es sowohl aus eigenem Blickwinkel, aber auch aus den Erfahrungen von Klienten für äußerst wertvoll, eine objektivierte Verortung in mindestens einem Modell zu erhalten. Idealerweise erfolgt dies mit einem Auswertungsgespräch, um sowohl die Rückmeldung durch das Modell richtig zu verstehen als auch konkrete Anregungen für die eigene Entwicklung oder Entfaltung zu erhalten. Dabei ist das Stufenergebnis häufiger weniger interessant als die angrenzenden Rückmeldungen.

Daher ist es schon empfehlenswert, sich vorab etwas damit zu beschäftigen, welches Modell man für eine objektivierte Entwicklungseinschätzung verwenden möchte. Dabei geht es weniger darum, vorab das ganze Modell zu lernen, sondern eher zu schauen, ob einen das Modell intuitiv anspricht, auftauchende Fragen geklärt werden können, und ob man sich aus diesem Modell Anregungen für das eigene Leben erhofft. Darüber hinaus ist es gut zu wissen, ob nur eine Stufe zurückgemeldet wird, eine Stufenverteilung, welche Aussagen über Robustheit von Stufen und welche Entwicklungsanregungen gegeben werden. Wobei Entwicklungsanregungen eben nicht nur „hin zu späterer Stufe“ adressieren sollten, sondern auch basierend auf der Auswertung Hinweise zur Ausbreitung auf verschiedenen Stufen und eventuell nützlichen Dekonstruktionen von einschränkenden Stufenmerkmalen geben sollten. Ebenso ist die Frage relevant, mit wem man die Auswertung nachbespricht und ob auch gegebenfalls  eine längere Begleitung möglich ist.

Das Stufenergebnis ist dann insofern interessant, weil es eine Art „Orientierung bietenden Ausgangspunkt“ im Fluss des Lebens bedeuten kann. Damit sind Relationen leichter zu sehen. Beispielsweise, von wo aus ich das Modell verstehe und welche Stufen eben eher auf meiner Vorstellung basieren. Oder wo ich nicht sehen konnte, auf welcher Stufe ich bin, weil ich durch andere Modelle oder Menschen eben ein anderes Bild von einer bestimmten Stufe im Kopf hatte.

Ich habe bei meinen Klienten schon so manche Überraschung und tatsächlich so etwas wie eine „Gesundung“ erlebt, denn Aspekte des eigenen Erlebens, die oft als krank oder frühkindliche Probleme gedeutet wurden, sind vielleicht doch eher Entwicklungsthemen. Gerade STAGES bietet da aus meiner Sicht die bei ausreichend tiefer Kenntnis ein unglaubliches Potential der Unterscheidungskraft. Denn wie oft wird ein Entwicklungsthema auf Grund der sich wiederholenden Muster als Schattenthema einer darunterliegenden Schicht diagnostiziert und damit einfach fehlbehandelt. Unter Umständen wird damit sogar mehr Schaden angerichtet.

Und ebenso habe ich auch Ent-Täuschung und manchmal sogar Kränkung erlebt, da die eigene „erdachte“ oder ersehnte Entwicklungsstufe doch deutlich über dem Ergebnis liegt.

Aber welches Ergebnis auch immer so eine Auswertung liefert, es ist nur ein Feedback. Natürlich ist der Umgang damit stark von der Entwicklungsstufe und den vielen weiteren Persönlichkeitsaspekten abhängig. In jedem Fall kann das Feedback genutzt werden, um die eigene Entfaltung zu unterstützen. Und mit Entfaltung meine ich, mehr bei mir anzukommen, mehr mit mir und der Welt in Frieden zu kommen, wirklich anzunehmen, was ist, zufriedener oder gar glücklicher zu werden, erfüllendere Beziehungen zu leben, freudvoller und erfüllender zu arbeiten, gesünder zu leben. „Mich nicht mehr als den Riesen meiner Träume und nicht mehr als den Zwerg meiner Ängste sehen.“ wie Richard Beavauis so schön schrieb.

Von Stufeneinschätzung zur Einzigartigkeit des lebendigen Seins

Die Reduktion eines Menschen auf „seine“ Entwicklungsstufe im Sinne des Center of Gravity und der daraus nicht unüblichen Ableitung von Fähigkeiten und Grenzen greift aber selbst nach einem Scoring zu kurz...und ohne das ist es eh mindestens mutig, wenn nicht irgendwo zwischen naiv und grob fahrlässig, eine Ich-Entwicklungsstufe von jemandem einzuschätzen, denn nach integralen Quadranten schauen wir am ehesten auf den einzigartigen Links oben–Quadranten in der Strukturzone.

Es greift aber vor allem zu kurz, weil wir Menschen nicht nur eine Stufe haben. Auch wenn wir vielleicht von einer Stufe aus unseren Erfahrungen und unserem Leben häufig eine Bedeutung geben, ist diese Stufe ja nicht einfach so in unseren Handlungen sichtbar und unsere Handlungen auch nicht immer von dieser Stufe aus gesteuert. Gerade für späte Stufen gilt der freie Fluss der verschiedenen Perspektiven und die Ausnutzung des ganzen Bewusstseinsraums als ein Merkmal von Gesundheit. Und in Abhängigkeit von Themen, mit denen wir konfrontiert sind, werden auch sehr unterschiedliche Perspektiven in uns aktiviert.

Gehen wir einmal von der Metapher aus, dass in uns beliebig viele Anteile vorhanden sind. Jeder Anteil findet sich auch in Körperstrukturen, wie beispielsweise neuronalen Verbindungen im Gehirn, Faszienverklebungen, Körperhaltungen und dergleichen mehr wieder, weil wir in unserem Leben verschiedene Erfahrungen gemacht haben und diese alle in uns irgendwie gespeichert sind. Wenn wir uns auf die Idee einlassen, dass jede dieser Erfahrungen zu einem Denk-Fühl-Körper-Prozess, sozusagen einem Anteil oder Ich-Zustand zusammengefasst werden kann, dann hat jeder dieser Anteile eine Entwicklungsstufe, ein Center of Gravity, ein spezifisches Muster von Verarbeitungslogiken. 

Wenn wir so die Perspektive der Entwicklungsstufen als einen dynamischen Prozess und Ausdruck eines fließenden Lebens sehen, dann stellen sich doch ganz andere Fragen für die eigene und fremde Erkundung:

  • Wie kann ich mit mir und anderen so umgehen, dass die Begegnung gedeihlich wird?
  • Worum geht es mir und dem anderen und in diesem Kontext eigentlich in der Begegnung, was ist die Intention in diesem Moment?
  • Wie gut kenne ich mich und meine Anteile?
  • Wie bin ich mit mir und meinen Anteilen im Einklang?
  • Welcher meiner Anteile ist gerade im Vordergrund und wie wirkt sich das auf diese Situation aus?
  • Kann ich mir und meinen inneren Anteilen gesund begegnen?
  • Können sich meine inneren Anteile untereinander gesund begegnen?
  • Wie können wir bewusster mit unseren überhöhenden oder abwertenden Anteilen umgehen?
  • Wie kann ich den gesunden Umgang mit mir und meinen inneren Anteilen für den Umgang mit anderen nutzen?
  • Ist die Perspektive der inneren Anteile schon hilfreich oder noch hilfreich oder vielleicht in diesem Augenblick überhaupt hilfreich?
  • Wie kann ich jenseits der theoretischen Landkarte im Augenblick mit dem, was in mir präsent und aktiv ist, in Kontakt sein und damit auch mit dem, was in meinem Gegenüber aktiv und präsent ist?
  • Wie können wir uns lebendig in unserem ganzen Sein begegnen und nicht in die Falle der Modelle und Konzepte tappen und damit einer massiven Projektion unterliegen, anstatt dem echten Leben zu begegnen?
  • Wie gelingt es uns, uns immer wieder im Körper zu verankern und dessen Signale als wesentlichen Ausdruck der Manifestation unseres Seins zu nutzen?
  • Und was bedeutet das für diejenigen unter uns, die Menschen auf ihrem Weg unterstützen und begleiten, sei es professionell oder laienhaft?
  • Was können solche vertikalen Entwicklungsmodelle dann für uns leisten und was eben auch nicht?
  • Wie können wir diese Modelle verwenden, damit sie gedeihlich unseren Klienten und Kunden dienen?

Einige dieser Fragen sind massiv vertikal entwicklungsförderlich, andere führen in die Breite oder die Flexibilisierung. Ganz abhängig davon, wie das einzigartige Sein eben ist.

Abschlussgedanken

Kein Modell kann dir sagen, wer du bist.
Und wenn dir ein Modell hilft, dich und deinen Mitmenschen mit mehr Liebe und Tiefe zu begegnen, dann ist das wunderbar.
Aber wenn sich das Modell zwischen euch stellt, der Kontakt und die Bindung verloren gehen, Bewertung statt Schauen, Staunen und Erfreuen an der Andersartigkeit entsteht…, ist es vielleicht an der Zeit, das Modell zu verlernen.

Vielleicht die wichtigsten Erkundungsfragen für Modell-affine Menschen wie mich:

  • Bist du wirklich mit deinem Wesentlichen in Kontakt oder bist du mit dem in Kontakt, was du im Modell von dir siehst und was dient dir und der Situation gerade am meisten?
  • Traust du dich, deine einzigartige Innerlichkeit zu zeigen oder nutzt du die Abstraktion eines Modells und was dient dir und der Situation gerade am meisten?
  • Bist du wirklich im Kontakt mit dem Gegenüber, staunend und wundernd über die wunderschöne Einzigartigkeit, die dir begegnet und vielleicht sogar in der Resonanz der Verbundenheit oder stehen Modelle zwischen dir und der unmittelbaren Erfahrung des gemeinsamen Seins?
  • Was dient dir, dem Anderen und der Situation gerade am meisten?
  • Und was wäre, wenn das „Oder“ mal ein „Entweder-Oder“ und manchmal ein „Sowohl-Als auch“ wäre?

Interesse an einer objektivierte Entwicklungseinschätzung mit STAGES. Dann findest Du hier mehr dazu.

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Viel Output hilft nicht viel https://heiko-veit.com/blog/viel-output-hilft-nicht-viel/ https://heiko-veit.com/blog/viel-output-hilft-nicht-viel/#comments Fri, 14 Oct 2022 08:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung https://heiko-veit.com/blog/viel-output-hilft-nicht-viel/ Weiterlesen

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In einigen Meetings habe ich den Eindruck, dass die Menschen stark daran interessiert sind, möglichst viel zu arbeiten. Was ich interessant finde. Nicht falsch verstehen, ich mag es auch zu arbeiten, aber es muss für mich eine sinnvolle Arbeit sein.

Damit Arbeit sinnvoll ist, muss ich letzten Endes damit jemandem einen Wert bereitstellen. Einfach nur zu arbeiten, um möglichst viel zu produzieren, das ist irgendwie nicht sinnvoll, finde ich. Und dabei ist ja egal, ob man Produkte; Ideen, Analysen, Organisationsmodelle oder sonst was produziert.

Der Blick auf den Output, also die Arbeitsstücke, die ich leiste, greift auch häufig viel zu kurz und kann in einigen Fällen die Organisation sogar in richtige Probleme bringen. Denn letzten Endes geht es ja irgendwie um die Entfaltung einer Wirkung.

Ich führe dann gerne die folgenden drei Kategorien ein, die den Denk- und Gestaltungsprozess unterstützen sollen:

Impact

Ich verstehe hier Impact als die Wirkung, die der Kunde, also derjenige, für den ich die Leistung erbringe, mit meiner Unterstützung erreichen möchte.

Dieser Blick auf den Kunden geht weiter über das hinaus, was ich verkaufen möchte. Es geht darum, wirklich den Kunden im Kontext meines Angebots zu verstehen. Dazu gehört es auch, den Kunden in seinem Kontext gut zu verstehen, damit ich meine Leistung optimal für den Kunden anpassen kann.

Diese Perspektive finde ich zwar in vielen Strategie- und Marketingpapieren, aber selten erlebe ich, dass dieser Blick wirklich im Alltag eine Rolle spielt.

Outcome

Das ist die Leistung, für die der Kunde wirklich bezahlt, also der Teil des Outputs, für den der Kunde mir im Austausch Geld gibt und der verwendet wird, um den Impact beim Kunden wirklich zu erreichen.

Dabei gilt es zu beachten, dass hier wirklich eine der wichtigsten Austauschbeziehung mit meiner Umwelt stattfindet. Denn genau hier gilt es mich von möglichem Wettbewerb zu differenzieren und den größeren Wertbeitrag zum Impact des Kunden zu leisten. Dabei geht es nicht darum, was ich vielleicht am besten oder schnellsten liefern kann, sondern das, was dem Kunden am meisten hilft.

Output

Wie schon gesagt, hier wird in vielen Unternehmen stark darauf geschaut. Da finde ich dann auch Effizienzprogramme oder KPIs, die auf diese Größe schauen. Das ist alles, was ich produziere, unabhängig davon, ob daraus ein echter Outcome wird oder ob ich mir das ganze Material auf Lager lege.

Es gab Zeiten in meiner Selbständigkeit, da habe ich Arbeitsblätter und sogar ganze Seminare produziert, die ich nicht ein einziges Mal verkauft habe. Mal davon abgesehen, dass es mir Spaß gemacht und ja ab und zu ganz praktisch ist, wenn man mal was aus der Schublade ziehen kann… letzten Endes habe ich da etwas am Markt vorbei entwickelt.

Und im Normalfall kann man sich das nicht allzuoft erlauben.

Ein Fazit… oder Beginn

Diese Unterscheidung gibt einiges an hilfreicher Orientierung. Mit dem Blick auf den Impact gelingt es, wirklich die Kundenorientierung zu stärken und das auch operativ besprechbar zu machen. Man könnte sogar über Arbeitsformen nachdenken, wo der Kunde intensiv in die Produktion des Wertes eingebunden wird, um sicherzustellen stellen, dass der Impact auch wirklich getroffen wird.

Das Schöne ist, hier bekommt man direkt die relevanten Marketingaussagen geliefert, denn letzten Endes realisiert sich der Wert für den Kunden und damit die Befriedigung des Bedürfnisses genau hier. Hier geht es also um Effektivität, die Auswahl der richtigen Lösungen für den Kunden.

Der Blick auf den Outcome ermöglicht mir, nicht nur die Probleme des Kunden zu sehen, sondern auch genau zu betrachten, was an meiner Schnittstelle passiert. Kann ich schnell genug und oft genug liefern? Hier geht es sowohl um Effektivität als auch im Effizienz. Denn hier gilt es genau das richtige zur Übergabe vorzubereiten und das in einer möglichst guten (kostengünstigen, pünktlichen, inhaltlich korrekten) Form.

Der Blick auf den Output wird dann ziemlich unwichtig. Da lohnt es sich dann eher zu schauen, welche Aspekte des Outputs können automatisiert oder standardisiert werden und in welcher Form, um hier eine gewisse Flexibilität im Bereich der Auslastungssteuerung zu ermöglichen. Aber wenn man den Impact gut adressieren kann und der Outcome passt, dann braucht es eigentlich keinen Blick mehr auf den Output, bzw. nur einen, der sicherstellt, dass nicht Geld verbrannt wird, indem Produkte auf Halde gelegt. werden.

Anregungen zur eigenen Arbeit

Wie immer, ein paar Anregungen und Fragen für das eigene Weiterarbeiten:

  • Kennen Sie den Impact Ihres Kunden?
  • Wie regelmäßig denken Sie -mit oder ohne ihren Kunden- darüber nach, was sie dazu beitragen können, dass der Impact Ihres Kunden größer oder genauer wird?
  • Haben Sie den Outcome im Blick und steuern Sie Ihre Wertschöpfung orientiert an dem Outcome und der dort entstehenden Nachfrage?
  • Wo messen Sie Output, unabhängig davon, ob er Outcome wird? Und haben Sie vielleicht hohe Lagerbestände (auch virtuelle), bei denen klar ist, dass der Output gar nicht wirklich an oder über den Outcome gekoppelt ist?
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SCARF-Modell: Wie ein Schal bei gelingender Zusammenarbeit unterstützen kann https://heiko-veit.com/blog/scarf-modell/ https://heiko-veit.com/blog/scarf-modell/#comments Mon, 05 Sep 2022 08:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung https://heiko-veit.com/blog/scarf-modell/ Weiterlesen

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Das englische Wort für Schal ist SCARF. Und das ist zugleich auch ein Modell, was von David Rock entwickelt wurde und auf neurowissenschaftlicher Forschung basiert. 

Was nicht unbedingt ein Qualitätslabel ist, aber doch irgendwie gut klingt oder? 😉

Interessant daran ist, dass in der Forschung fünf Domänen des SCARF-Modell in sozialer Interaktion herausgearbeitet wurden, die alle das gleiche Bedrohungs-/Belohnungssystem im Gehirn aktivieren. Das beschreibt also etwas, was unmittelbar nach den frühen Reaktionen des autonomen Nervensystems in unserem Gehirn abläuft. Es handelt sich aber immer noch um ein sehr primitives, einfaches und schnelles System in unserem Gehirn.

Diese „primitive“ Reaktion hilft, die manchmal starken emotionalen Reaktionen zu erklären, die wir in sozialen Situationen haben können – und warum es oft schwer ist, sie zu kontrollieren. Es ist ein Instinkt, der zu unserem Überleben beigetragen hat. Und leider(?) können wir ihn nicht einfach abstellen.

Wenn wir zum Beispiel von einer Aktivität ausgeschlossen werden, empfinden wir das als Bedrohung unseres Status und unserer Zugehörigkeit. Die Forschung hat gezeigt, dass diese Reaktion dieselbe Hirnregion stimulieren kann wie körperlicher Schmerz. Mit anderen Worten: Unser Gehirn sendet das Signal aus, dass wir in Gefahr sind und eine Verletzung erleiden.

Wenn wir uns bedroht fühlen – sei es physisch oder sozial – beeinträchtigt die Ausschüttung von Cortisol (ein Stresshormon) unsere Kreativität und Produktivität. Wir können buchstäblich nicht mehr klar denken, was das Gefühl der Bedrohung noch verstärkt.

Auf der anderen Seite schüttet unser Gehirn Dopamin (ein Glückshormon) aus, wenn wir uns belohnt fühlen (zum Beispiel, wenn wir für unsere Arbeit gelobt werden). Und natürlich wollen wir mehr davon! Also suchen wir nach Möglichkeiten, um wieder belohnt zu werden.

Natürlich ist das individuelle Erleben autonom, also können wir nicht von aussen bestimmen, ob jemand sich psychisch sicher fühlt oder nicht, aber es ist vielleicht nützlich dieses Modell kennen zu lernen und ein wenig über diese Faktoren zu reflektieren und auf dieses zu achten. Am Ende gibt es dazu eine Übungsanregung. Aber jetzt erst mal das Modell (wie gewohnt in totaler Verkürzung 😉 ).

Die fünf Dimensionen des „SCARF“-Modell

Status

Hier geht uns um unsere relative Bedeutung im Vergleich zu Anderen. Damit geht es, insbesondere in der heutigen Zeit, natürlich auch um die Anerkennung von Leistung, Wissen und Fähigkeiten.

Typische Bedrohungen finden wir hier demzufolge bei Feedback. Gutes Feedback ist eine Kunst, denn oftmals mischt sich darin eine Bewertung ein und wenn jemand eine Bewertung ausspricht, geht damit auf der Beziehungseben häufig eine gewisse Art von Gefälle einher. Um hier die potentielle Bedrohung zu reduzieren, könnte die Frage nach einer Selbsteinschätzung der eigenen Leistung ein sanfterer Ansatz sein.

Auch Feedback als Wunsch in die Zukunft zu formulieren könnte hilfreich sein.

Auch Feedback explizit für Aktivitäten und nicht für Eigenschaften oder die Person an und für sich zu geben ist hier ein möglicher hilfreicher Aspekt.

Certainty

Hier finden wir unsere Fähigkeit, zukünftige Ereignisse vorherzusehen und somit eine gewisse Erwartungssicherheit aufzubauen. Also eine Sicherheit, dass unsere Erwartung getroffen wird.

Dabei brauchen also Abläufe und Interaktionen eine gewisse Stabilität. „Nichts ist schlimmer als ein unvorhersehbarer Chef“. Aus der Perspektive von Certainty wäre sogar jemand, der immer negativ ist weniger bedrohlich, als jemand der mal sehr zugewandt und mal sehr abweisend ist.

Das bezieht sich aber eben nicht nur auf Interaktionen, sondern auch auf andere Rahmenbedingungen, wie Prozesse, räumliche Begebenheiten und dergleichen mehr.

Klare Prinzipien für die Zusammenarbeit und einigermassen verlässliche Rahmenbedingungen sind hier also ein Schlüsselelement.

Da bekommt der alte Grundsatz in Veränderungsprozessen „bis etwas Neues beschlossen und umgesetzt ist, ist das Alte nach wie vor gültig, egal wie viele Ideen und Pläne wir haben“ ganz besondere Bedeutung.

Autonomy

In der nächsten Dimension geht es um das Empfinden, eine gewisse Gestaltungsmacht und Kontrolle über Ereignisse und Umfeld zu haben. Dazu gehört auch die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen und somit eine Wahlfreiheit zu erleben. Ein Übersteuern hingegen führt zu einer Bedrohung in dieser Dimension, ebenso zu enge Leitplanken.

Und natürlich muss man diese Dimension -wie alle anderen- auch in Bezug zu den anderen Dimensionen sehen. Wenn bislang in der Organisation den Mitarbeitenden eine geringe Autonomie zugestanden wurde, kann man das nicht einfach ändern, sondern in maßvollen Schritten.

Was ist also ein passender Rahmen und eine passende Ausrichtung, die es Menschen ermöglicht mehr Autonomie zu leben als vorher?

Gestaltung der Zielerreichung deine Autonomie und wird als eine Belohnung bewertet.

Relatedness

Hier geht es um die Zugehörigkeit, bzw. darum, wie sicher ich mit mit den anderen fühle. Wie sicher ist also meine Zugehörigkeit zu der Gruppe und innerhalb der Gruppe eine gewisse Verbundenheit. Hier haben wir natürlich evolutionär einen besonders spannenden Punkt. Denn evolutionär betrachtet war der Abschluss aus der Gruppe ein Todesurteil. Und als Menschen werden wir sehr hilflos in diese Welt geboren und sind somit für unser Überleben darauf angewiesen, dass wir zugehörig sind.

Unabhängig von der individuellen Nähe/Distanz-Regulation ist das Aufrechterhalten der Zugehörigkeit ein Schlüsselfaktor.

Vielleicht ist das ein Grund, warum viele Gruppen sich gerne als ein Team verstehen würden, auch wenn die Bedingungen für ein Team -ein gemeinsames Ziel, das nur gemeinsam erreichbar ist- in dem Arbeitsablauf gar nicht gegeben sind.

Die Integration neuer Mitarbeitenden und das Verabschieden gehender Mitarbeitenden ist hier ein interessanter Punkt.

Aber gerade in Zeiten von Online-Arbeit sollte dieser Punkt nochmal besonders berücksichtig werden, weil Rituale wie das Treffen am Kaffee oder die morgendliche Runde mit einem Blickkontakt als Ausdruck einer wechselseitigen und gemeinsamen Verbundenheit nicht statt finden.

Fairness

Bei dieser Dimension geht es um die Gerechtigkeit im Ausgleich zwischen Menschen. Also sowohl untereinander, als auch im Zusammenspiel mit der Organisation.

Auch hier wirken die Dimensionen wieder zusammen. Gibt es klare Erwartungen und Vereinbarungen, sowie die damit einhergehenden Prinzipien für den Ausgleich, die womöglich gemeinsam entwickelt wurden… ist die Fairness für alle relativ leicht nachzuvollziehen. Auch die Begründung und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, Stellenbesetzungen, Aufgabenverteilung und ähnlichem sind hier relevante Punkte.

Ein interessanter Aspekt ist übrigens, dass bei dem Empfinden von Unfairness die gleichen Gehirnareale aktiviert werden, die für das Ekelempfinden verantwortlich sind.

Ekel hat ja die evolutionäre Funktion, uns zu warnen, ob uns etwas vergiftet oder nicht. Daher ist auch hier ein tiefliegender Mechanismus involviert und eine „bewusste Steuerung“ eine… „interessante“ Idee.

Und wie ist das jetzt mit der Zusammenarbeit?

Ich erlebe derzeit in der Nutzung dieses SCARF-Modells eine Menge Anspruch an Führungskräfte, meistens in Verbindung mit der Forderung, es solle für psychische Sicherheit gesorgt werden, man müsse Mitarbeitenden psychische Sicherheit geben und ähnliches mehr.

Das adressiert mal wieder mein Lieblingsspannungsfeld:

Kein Mensch kann uns ein Gefühl, einen Gedanken, eine Reaktion geben! Das macht jeder Mensch selbst. Das wir vielleicht auf Grund von Mustern, Trägern, Prägungen den Eindruck haben, jemand anders „macht was bei uns“ steht auf einem anderen Blatt. Und natürlich konstruieren wir unsere Erfahrungen auf Basis dessen, was der Kontext uns anbietet, somit gibt es auch eine gewisse Verantwortung, den Kontext gut zu gestalten. Ob das die Führungskraft alleine tut, ob das mit der Gruppe geschieht und ähnliches mehr… ist ein anderes Thema. 😉

Um den Scheinwerfer aber nochmal auf die Eigenverantwortung zu lenken:
Diese fünf Dimensionen des Modells sind auch spannenden (Selbst-)Erkundungsdimensionen.

Ein paar Übungsanregungen zum SCARF-Modell:

  • Auf welche der Dimensionen reagierst Du wie sensibel?
    In welcher Dimension reichen kleinere Impulse aus dem Umfeld, um Dich da unwohl zu fühlen und in welchen Bereichen bist Du etwas „umgebungsrobuster“?
  • Für jede Dimension kannst Du Dich fragen, was genau Deine eigenen Auslöser und Trigger sind, die Dich da zur Unsicherheit bringen.
    Was ist der äußere Auslöser?
    Was ist der innere Dialog, die innere Empfindung, der innere Gedanke bei/nach/zu diesem Auslöser?
    Welche (automatisierten) Bewertungsschemata laufen ab?
    Welche (automatisierten) Reaktionsmuster hast Du, reagierst Du eher mit Kampf, Flucht oder Totstellen?
  • Und für jede Dimension kannst Du Dir Praktiken suchen, die Dich stabilisieren und umgebungsrobuste machen:
    Atmen hilft ja immer. 😉
    Aber was wären noch Bilder, Bewegungen, Rituale, Berührungen, …., die Dich entweder in allen Dimensionen oder zu spezifischen Dimensionen stabilisieren könnten?

Zur Rahmensetzung

Jetzt lenke ich den Scheinwerfer mal auf das Thema der Kontextgestaltung. Natürlich kann ich in der Moderation oder der Führung einer Zusammenarbeit darüber nachdenken, wie ich dazu beitragen kann, die Wahrscheinlichkeit des Erlebens von psychologischer Sicherheit zu erhöhen.

Dazu folgende Anregungen:

  • Wo bemerke ich immer wieder ähnliche Reaktionen bei den Kollegen, Mitarbeitenden oder Führungskräften und kann ich das auf die Gefährdung der psychologischen Sicherheit zurückführen?
    Welche Möglichkeiten habe ich dann, ohne in der Klarheit der Sache nachzulassen, die psychologische Sicherheit steigern?
  • In einem Teamworkshop könnte man das SCARF-Modell kurz vorstellen und jeden das eigene Gefährdungsempfinden auf einer Skala von 1-10 einschätzen lassen.
    Wenn man das beispielsweise mit Mentimeter macht, kann man sowohl eine Durchschnittsbildung als auch Ausreisser erkennen.

    Daraus könnte man einen Prozess gestalten in dem
    • individuelle Ausreisser erkennen können, dass sie vielleicht an einer Stelle besonders sensibel sind -im Vergleich zu anderen
    • das Team Erkenntnisse gewinnt über die Unterschiedlichkeit und der Dialog kann dann eher in Richtung von Umgang mit Unsicherheit und Unterschiedlichkeit geführt werden, anstatt in ungünstige Konditionierungsversuche abzudriften
    • Wenn es Schwerpunkte im Team gibt, bei denen der Kontext die psychologische Sicherheit gefährdet, beispielsweise alle empfinden sich bei „Fairness“ bedroht, kann das ein Einstieg in die Analyse der Rahmenbedingungen sein, die sich kontextuell ergeben.
    • Hat diese Bedrohung eine Funktion? Stammt sie aus Spannungsfeldern des übergeordneten Kontexts? Ist das ein Hinweis auf ein ungünstiges Systemdesign, wo nochmal genauer hingeschaut werden muss?

Ich wünsche viel Freude beim Erkunden und Anwenden dieses Modells.
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Vier Elemente effektiver Kommunikation https://heiko-veit.com/blog/vier-elemente-effektiver-kommunikation/ https://heiko-veit.com/blog/vier-elemente-effektiver-kommunikation/#comments Tue, 16 Nov 2021 08:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Persönlichkeitsentwicklung Entwicklungsbegleitung https://heiko-veit.com/blog/vier-elemente-effektiver-kommunikation/ Weiterlesen

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Eine gelingende Kommunikation ist ja irgendetwas zwischen herausfordernd und unmöglich, gerade wenn wir uns bewusst machen, dass jeder Mensch seine eigene Bedeutung erzeugt.

Um die Wahrscheinlichkeit von Verständnis zu erhöhen, kann die Reflexion, Verwendung und dynamische Balancieren der hier vorgestellten vier Elemente unterstützen.

Diese vier Elemente müssen in jeder Gesprächssituation individuell ausbalanciert werden. Falls eine Kommunikationssituation nicht gut verläuft, geben sie wertvolle Anregungen, wie man nachsteuern kann. Auch die eigene Analyse, welche Elemente man bevorzugt einsetzt, übertreibt oder vernachlässigt, sorgt langfristig für eine erfolgreichere Kommunikation. Man kann diese Elemente natürlich auch im Gruppensetting verwenden.

Kommunikation Framing Advocating Illustrating Inquiry

Framing

Framing meint die Rahmensetzung des Gesprächs. Dazu gehört die explizite Äußerung, was der Sinn bzw. das Ziel des Gesprächs in der aktuellen Situation ist. Dabei sind auch gegebenenfalls die Rollen zu klären – ob es sich um ein Feedbackgespräch handelt oder ob es sich um ein Gespräch handelt, in dem gemeinsam über Hypothesen nachgedacht werden soll, um dann Entscheidungen zu treffen. Dieses Element wird oft in Gesprächen und Meetings übersehen. Die Annahme des Einladenden, dass alle anderen das gleiche Verständnis haben und ihre eigene Rolle in dem Gespräch kennen, erweist sich im weiteren Verlauf oft als falsch. Ein Titel und eine Agenda sind vielfach nicht ausreichend. Eine kurze explizite Erläuterung ist sinnvoller. Explizites Framing oder auch ein Re-Framing, also einen neuen Rahmen vereinbaren, wenn das Gespräch aus dem Rahmen läuft, ist notwendig. Dabei ist auch zu prüfen, ob der Rahmen wirklich der richtige war, denn manchmal entstehen in einem Gespräch neue Erkenntnisse. Wenn der Rahmen unklar ist, müssen die Teilnehmer des Gesprächs raten und liegen oftmals falsch.

Advocating

Advocating bedeutet, eine explizite Aussage zu treffen. Essenziell, kurz, prägnant und auf den Punkt. Was ist die Schlüsselinformation, die ich übertragen möchte? Dabei kann es sich um einen Vorschlag handeln, eine Beobachtung, ein Gefühl oder eine relativ abstrakte Vorgehensweise, wie beispielsweise „Wir müssen die Geschwindigkeit der Entwicklung erhöhen“.

Manche Menschen sprechen fast nur mit diesem Element. Wiederum andere bringen ihren wesentlichen Punkt nur verwässert oder gar nicht in die Kommunikation. Beides ist nicht sehr effektiv. Übrigens ist für viele Menschen eine der schwierigsten Arten von Advocating der Ausdruck eines aktuellen Gefühls, insbesondere, wenn es sich auf ein aktuelles Geschehen bezieht. Dahinter kann ein Mangel an eigener Klarheit stehen oder auch die Angst, sich verletzlich zu zeigen. Möglicherweise ist es auch nicht Bestandteil der Organisationskultur. Das führt dann manchmal zu einem regelrechten Ausbruch von Gefühlen mit Beleidigungen oder Rückzug. Dazu ein Beispiel: „Jetzt reicht’s, könntest du endlich mal still sein!“ Dieses ist eine eher ungünstige Form des Advocating. Besser wäre, zu einem früheren Zeitpunkt zu äußern: „Die Geschwindigkeit der Diskussion raubt mir den Atem und ich habe den Eindruck, wir drehen uns im Kreis. Geht es jemandem ähnlich?“ Hier wird auch schon ein Teil Inquiry mit eingebunden.

Illustrating

Illustrating fügt etwas Konkretes, Beispielhaftes dem Advocating hinzu. (Illustrating ist das Fleisch am Knochen) Es beschreibt den Inhalt des Advocating genauer, mit Situationsbeschreibungen, konkreten Personen und Beispielen, eventuell auch einmal Metaphern. Es ist gut möglich, dass dadurch dem Advocating noch einmal mit mehr Sinn untermauert wird.

Gerade wenn es einem gelingt, sein wichtigstes Statement genau auf den Punkt zu bringen, ist man oftmals auch davon überzeugt, dass nur eine Aktion darauf folgen kann und dass der Fehler eines Missverständnisses dabei beim Gegenüber liegen muss. Aber leider ist diese Überzeugung ein massiver Fehler. Denn die Implikationen einer Aussage ist aufgrund ihrer Natur, implizit zu sein, nicht für jeden selbstverständlich. Es gibt niemals nur eine einzige Interpretation für einen Sachverhalt, auch wenn es sein kann, dass aufgrund gemeinsamer Organisationskultur viele andere Interpretationen ausgeschlossen werden.

Unser Anderem darum ist es so wichtig, alle vier Elemente der Kommunikation miteinander zu verbinden und auszubalancieren!

Inquiring

Inquiring bedeutet erkunden und meint, andere Personen und deren Sichtweisen einzubinden, um daraus etwas zu lernen oder ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. Theoretisch ist dieses das einfachste Elemente, aber in der Praxis wird es schnell zum herausforderndsten.

In diesem Artikel ist eine Inquiry gar nicht direkt möglich… 😉

Wir müssen uns nämlich ein bisschen von unserer eigenen Aussage distanzieren, um dann den Raum zu geben, eine wirkliche Antwort zu hören. Auch und gerade dann, wenn diese uns nicht gefällt. Wir müssen dem anderen wirklich zuhören und um ein Verständnis ringen. Und das ist was anderes als die rhetorische Floskel: Nicht wahr? 😉

Ein weiterer Grund ist, dass es schwierig ist, eine effektive Inquiry durchzuführen, wenn vorher nicht Framing, Advocating und Illustrating in geeigneter Form erfolgt ist. Oftmals ist bei einer ganz offenen Inquiry der Rahmen so unklar, dass Menschen eher vorsichtig und selbstschützend antworten.

Im Fall einer Inquiry zu einem starken Advocating müssen wir die anderen ermutigen, unsere Aussage infrage zu stellen, vielleicht sogar zu widerlegen. Und wir müssen – immer wieder – damit dann sehr achtsam und wertschätzend, wirklich zuhörend und integrierend umgehen.

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Schatten in Organisationen https://heiko-veit.com/blog/schatten-in-organisationen/ https://heiko-veit.com/blog/schatten-in-organisationen/#comments Tue, 26 Oct 2021 12:47:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung https://heiko-veit.com/blog/schatten-in-organisationen/ Weiterlesen

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„Schatten“ ist ein Konzept, welches ursprünglich aus der Individualpsychologie stammt. Wenn ein Begriff oder ein Konzept weiterverwendet wird, gilt es immer auch zu prüfen, welcher Bedeutungsraum dabei mit übernommen werden soll. Denn ein Begriff aus einem bestimmten Kontext beinhaltet ja auch Annahmen über Welt, Mensch, Gegenstand der Betrachtung und häufig auch weitere Aspekte der Herkunft. Unter Verwendung der integralen Theorie ist in diesem Fall vor allem wichtig, dass Schatten ein Konzept ist, was sich ursprünglich auf ein echtes Holon bezog. In diesem Zusammenhang gibt es verschiedene Ansätze, Ausprägungen von „kollektiven Schatten“ zu beschreiben. Diese Ansätze sind insbesondere für die Begleitung von Einzelpersonen und globaler Arbeit sehr interessant und nutzbringend.

In diesem Artikel beschränke ich mich jedoch auf die Anwendung von Schattenkonzepten auf Organisationssysteme. Ein Organisationssystem ist im Sinne der integralen Holontheorie ein soziales Holon und hat eben keine individuellen Quadranten. Dazu kommt, dass eine Organisation eine ganz spezifische Form eines sozialen Holons darstellt.

Für diesen Artikel möchte ich eine sehr einfache Form des Verständnisses von Schatten verwenden:

Ein Schatten ist in dieser einfachsten Form etwas, was außerhalb der Aufmerksamkeit liegt. Dabei ist es in einer Organisation spannend zu fragen, außerhalb WESSEN Aufmerksamkeit. Mir geht es hier aber nicht um eine tiefere theoretische Diskussion über das Wesen von Schatten an und für sich, sondern um pragmatische für eine integral informierte Organisationsgestaltung und -entwicklung nutzbare Ansätze. Ich verwende hier übrigens auch eine sehr vereinfachte Form der systemischen Betrachtung, um eine hohe Anschlussfähigkeit zu ermöglichen.

Jede Organisation entwickelt ihre ganz speziellen Muster der inneren Organisation und der Kopplung an die Umwelten. Ich verwende in meiner Arbeit einige Schattenkategorien, die sowohl die Analyse und vor allem die zieldienliche Dialogfähigkeit in einer Organisation unterstützen sollen.

Kategorien von Schatten

Kontextverwechslung

Systemisches Verstaendnis Wertschoepfung Organisation Abb 2.2

Organisationen sind eine Sonderform von Systemen. In diesen gilt ganz besonders, dass Organisationen nicht aus sich heraus existieren können, sondern in einer spezifischen Abhängigkeit zu ihrer Umwelt „Markt“ existieren. Es muss jemand ein Interesse oder Bedürfnis an dem Wert haben, den die Organisation erzeugt. Dieses Interesse muss so hoch sein, dass für den Erhalt des Wertes ein angemessener Energieausgleich erfolgt. Ganz klassisch kaufen Kunden produzierte Werte und geben dafür Geld. Ob es sich um ein Produkt oder eine Dienstleistung oder vielleicht noch ganz andere Werte handelt, ist dabei erst einmal irrelevant.

Die Existenz des Systems ist also abhängig von der Wertschöpfung. Daher ist dieser Aspekt bei Entscheidungen und Handlungen immer wieder mit in die Aufmerksamkeit zu beziehen. Oft erfolgen Diskussionen, Entscheidungen und sogar Strukturierungen jedoch ohne die Wertschöpfung und die außenliegenden Interessen am Wert in die Aufmerksamkeit zu integrieren.

Als Individuen beziehen wir wesentliche System-Erfahrungen aus unseren Familien, die Unterscheidung der System-Kontexte Familie und Organisation sind daher besonders wichtig.

Dies kann auf der individuellen Ebene der beteiligten Personen erfolgen, aber auch zu einem organisationalen Schatten werden. Insbesondere in der aktuellen Entwicklung der Corona-Situation, wo die Grenzen zwischen verschiedenen Kontext- und Rollenwelten vermehrt verschwimmen.

Die Zugehörigkeit zu einer Organisation ist über einen Vertrag geregelt. Im Gegensatz zu einer Familie ist die Organisation keine „Leidensgemeinschaft“, sondern eine Austauschbeziehung. Jede Vertragspartei muss dabei immer wieder prüfen, ob die Austauschbeziehung noch stimmig ist. Die Organisation muss dem Mitarbeiter einen Sinn ergeben und der Mitarbeiter muss der Organisation einen Sinn ergeben. Dabei ist Sinn hier systemisch zu verstehen, die Anschlussfähigkeit für Beide muss gegeben sein. Dabei können je nach Person oder Organisation sehr unterschiedliche Faktoren relevant sein. Eine Kündigung ist keine Tragödie, sondern eine ganz normale Interaktion in einem Organisationssystem. Interaktionen und auch Kommunikation basieren in einem Organisationssystem auf Vereinbarungen, eine Verbindlichkeit darin ist unerlässlich. Diese Verbindlichkeit auch einzufordern und Konsequenzen bei Unverbindlichkeit folgen zu lassen ist ebenfalls eine ganz normale Interaktion in einem Organisationssystem. In Familiensystemen, in denen es keine Kündigung gibt und die Überlebensbedingungen eher der emotionale Zusammenhalt sind, wird eine solche Klarheit und Konsequenz oftmals bedrohlich wahrgenommen.

Rollenwelten

Rollen und Rollenwelten Abb 6.7

Weitere Kontextverwechselungen können in den Fachrollen und den Organisationsrollen geschehen. Bei den Fachrollen geht es in erster Linie um die Qualifikation, also welche fachlichen Kompetenzen hat jemand auf Grund seiner Ausbildung, die ja sowohl formal als auch erfahrungsbasiert sein kann. Wie professionalisiert ist diese Fachrolle. Welche Fachkundigkeit ist auch notwendig, um gewisse Sachverhalte zu bewerten. Ein typischer Schatten in Organisationen ist, sich nicht die ausreichende Expertise in die Organisation zu holen, sondern jemanden nach dem Besuch eines Seminars mit Aufgaben zu betrauen, die einen wesentlich höheren Professionalisierungsrad benötigen.

Auch immer wieder zu beobachten ist, dass die Organisationsrollen, also die eher formalen Aspekte von Mitarbeitern, disziplinarischen und somit vor allem rechtlichen Ansprüchen zu genügenden Führungsrollen vermengt werden. Gerade im Zuge von flachen Hierarchien werden teilweise ohne Beachtung rechtlicher Rahmenbedingungen Selbstorganisationssysteme genutzt, bei denen nicht jeder wirklich informiert ist, welche rechtlichen Implikationen damit einher gehen können.

Ergänzend können in Gesprächen oft Verwechselungen der Kontexte geschehen, wenn beispielsweise in einem hierarchisch geprägten Unternehmen eine Führungskraft inhaltlich, also eigentlich in einer Fachrolle, mitdiskutiert, aber von den Anderen in der Organisationsrolle und damit entscheidend oder Rahmenbedingungen setzend erlebt wird.

Und natürlich füllt letztendlich ein individueller, einzigartiger Mensch diese Rollen aus und gibt dadurch auch eine einzigartige Färbung hinein. Das wird auch in weiteren Schattenkategorien noch besonders Thema sein. Der Mensch, so wichtig er auch ist, ist für eine Organisation allerdings „nur“ eine relevante Umwelt und wie weit eine Organisation in diese Umwelt hinein agieren darf oder sollte ist eine wichtige Frage, die für jede Organisation sehr individuell zu beantworten ist. Eine Organisation, die sich der Entwicklung der eigenen Mitarbeiter verschrieben hat, jedoch damit nicht ihr Geld verdient, hat da vielfältige Konflikte direkt in die Organisation eingebaut.

Als letzte Anregung zu dieser Schattenkategorie in diesem Artikel erwähne ich in noch verschiedene Branchen. So erlebe ich es in meiner Praxis häufiger, dass Methoden und Vorgehensweisen, die sich bei Softwareprodukten bewährt haben auch auf Produktionsunternehmen von Geräten oder Komponenten übertragen werden. Eine Software ist jedoch virtuell und daher fast unbegrenzt erweiterbar, während bei Hardwarekomponenten alleine schon der zur Verfügung stehende physikalische Raum ein begrenzender Faktor ist. Ebenso stellen sich ganz andere Anforderungen an eine Update-Fähigkeit.Da der Gegenstand der Wertschöpfung immer auch eine Auswirkung auf die Kommunikationsbeziehungen und die Organisationsform hat, gilt es bei einer Übertragung von Aspekten in andere Kontexte eine sehr differenzierte Vorgehensweise anzuwenden. Ansonsten übernimmt man etwas aus einem anderen System, ohne es für das eigene Organisationssystem integrierbar zu gestalten. Was mich zu einer nächsten Kategorie von Schatten führt.

Introjekte

Introjekte sind von Außen übernommene Vorgehensweisen, Normen, Werte, Methodiken und ähnliches mehr, die direkt übernommen wurden und nicht wirklich verstoffwechselt wurden. Das Introjekt wird wie eine Art Vorlage direkt auf die eigene Organisation angewandt, ohne sich die Mühe zu machen, die Prinzipien und Mechanismen zu verstehen und mit der eigenen Organisationsrealität so abzugleichen, dass eine an diese einzigartige Organisation angepasste Umsetzung erfolgt.

Derzeit werden in vielen Organisationen Projekte für mehr Agilität gestartet. Dabei werden oft Frameworks direkt in die Organisation implementiert, die sich in manchen Kontexten bewährt haben… manchmal sogar nur in dem Kontext der Veröffentlichungen in Fachzeitschriften. Es erfolgt eben nicht die Auseinandersetzung mit den zu Grunde liegenden Prinzipien und deren Wirkmechanismen.

Ein Beispiel ist das sogenannte „Spotify-Modell“. Dabei handelt es sich um eine spezifische Anwendung agiler Techniken, die in einem bestimmten Unternehmen zu einer Aufbauorganisation geführt haben. Einige Unternehmen kopieren nun die Aufbauorganisation, ohne die wesentlichen Prinzipien dahinter zu berücksichtigen. Beispielsweise ist die von Spotify entwickelte Software architekturell in einer bestimmten Art und Weise gekoppelt, bzw. entkoppelt, je nachdem von welcher Seite man darauf schauen möchte. Eine solche Kopplungslogik im Gegenstand der Wertschöpfung ermöglicht auch eine entsprechende Kopplung in der Aufbauorganisation. Damit ist eine wesentliche Basis für das Gelingen der Aufbauorganisation oftmals gar nicht mehr ausreichend berücksichtigt. Ähnlich verhält es sich mit der Anwendung agiler Frameworks oder Methoden, ohne entsprechend die Kultur und wesentliche übergeordnete Steuerprinzipien anzupassen. Oder ohne sich um eine ausreichende Weiterbildung für Mitarbeiter zu kümmern.

Introjekte werden oft von Experten-Beratern in eine Organisation eingeführt, wenn bei der Umsetzung nicht ausreichend auf die Berücksichtigung aller Quadranten geachtet wird. Interessant daran ist, dass Introjekte durchaus verschiedenen Zielen dienen können und je nach Kontext sogar zeitweise sinnvoll sein können. Bei einer größeren Transformation einer Organisation kann das strukturelle Einführen eines Introjekts ebenso sinnvoll sein, wie bei einem Turn-Around-Management einer Organisation. Auch in der menschlichen Entwicklung könnte man Introjekte als sozial induzierte Werte und Normen betrachten, die in gewissen Entwicklungsstufen sogar nützlich für das Überleben eines Kindes sind. Ebenso gilt dies auch für die Organisation. Geht es jedoch in der Entwicklung weiter, werden solche Introjekte oft zu wesentlichen Hindernissen bei der weiteren Entwicklung. Wenn beispielsweise eine agile Methodik nur der äußeren Form folgend übernommen wurde, fehlt vielleicht die nachhaltige Entwicklung einer Anpassungsfähigkeit. Dies kann bei stärkeren Veränderungen im Marktsegment der Organisation ebenso schwierig werden, wie wenn ein Entwicklungssprung in der Komplexität der Organisation ansteht.

In der Organisationsgestaltung ist es also sinnvoll darauf zu achten, Introjekte möglichst zu vermeiden und wenn ein Introjekt auf Grund von Rahmenbedingungen und Zeitdruck nicht vermeidbar zu sein scheint auch gleich die nächsten Schritte mitzubedenken, um die eigentliche Integrations- und Anpassungsarbeit zu leisten, die notwendig ist, um aus einem Introjekt ein in die Organisation eingepasstes Element zu formen.

Introjekte können auch auf Ebene von Abteilungen oder Rollen beobachtet werden. Dabei handelt es sich dann oft um nicht explizit geklärte Erwartungen, die meistens auf theoretischen Konzepten basieren. Ein Beispiel könnte eine Corporate Design-Abteilung sein, die losgelöst von den Erwartungen des Kunden und der internen Abnehmer die kreativsten Ideen entwickelt. Oder eine Controlling-Abteilungen, die reihenweise Kennzahlen zur Verfügung stellt, mit denen die Mitarbeitenden in der Organisation eigentlich gar nicht umgehen können, bzw. die in dieser Organisation gar keine Steuerungsrelevanz haben.

Projektionen

Die häufigste Form der Projektionen, die oft in einer Organisation Wirkung entfalten sind Strategie-, Budget- und ähnliche Zukunftsszenarien. Es spricht nichts gegen vorausschauendes Handeln und die Bildung von Szenarien, jedoch wird daraus häufig eine Parallelwirksamkeit, die sich nicht mehr an die Unternehmens- und Umweltrealität ankoppeln lassen. Wenn es zu Planabweichungen kommt, werden teilweise aberwitzige Aktionen unternommen, um den Plan wieder zu erreichen, anstatt falsche Annahmen oder die Veränderung von Rahmenbedingungen ernst zu nehmen und darauf passend zu reagieren.

Dies wird häufig verbunden mit einem großen Aufwand in der Vorausplanung, aber anschließend auch in dem Versuch, das Reporting so anzupassen, dass scheinbar Pläne eingehalten werden. Es entsteht immer mehr Blindleistung, die nicht wirklich der Wertschöpfung dient und oft auch noch nicht einmal der Sicherstellung von Führung, der orientierenden Funktion in einer Organisation, die sowohl die Ausrichtung als auch die Leitplanken einer Organisation sicherstellen oder besser orchestrieren sollte. Übrigens unabhängig davon, ob Führung durch eine Person, also eine eher frühe Form der Führung oder durch geschickte Prozesse und Strukturen erfolgt.

Ebenso häufig finden sich Projektionen in Bezug auf die zu erledigende Arbeit. In der konkreten Ausgestaltung finden wir dann häufig nicht ausgesprochene Erwartungen anstatt konkreter Vereinbarungen und deren Dokumentation in Form von Rollen- oder Organisationseinheitenbeschreibungen. Das kombiniert sich auch häufig mit Rollen-Introjekten, bei denen Frameworks übernommen werden und zu abstrakte Rollen an Personen vergeben werden, ohne die Arbeit der notwendigen dialogischen Verständigungsprozesse zu übernehmen. Viele Rollenbeschreibungen enthalten eher Beschreibungen von Tätigkeiten als konkrete und messbare Ergebnisse. Dabei ist die Beschreibung was jemand tut oder wie es zu tun ist meistens nicht ausreichend, denn eigentlich soll es ja um Wertschöpfung gehen, also welcher Wert wird erschafft, bzw. welches Ergebnis wird erwartet.

Die Kombination von Kontextverwechslungen und Projektionen führt dann auch gerne zur Übertragung von Aspekten, die zu der Rolle gehören auf die Person, die eine Rolle ausfüllt oder auch umgekehrt. So übernimmt beispielsweise jemand eine orientierende Funktion im Rahmen der Rolle, klassischerweise disziplinarische Führung. Es kommt dann zu der Projektion, dass die Person selbst gerne Richtung vorgibt oder entscheidet, dabei handelt es sich hier vielleicht lediglich um die Erbringung einer Leistung für die Organisation. Ebenso werden manche persönlichen Verhaltensweisen, wie beispielsweise Eigenarten der individuellen Führung direkt auf die Rolle projiziert. Statt der Klärung und Aushandlung von Erwartungen aneinander, werden dann beispielsweise Erwartungen von Mitarbeitern direkt auf andere Führungskräfte übertragen, was natürlich zu vielfältigen Irritationen führt. Je nach individueller Reife und Ausbildung der handelnden Personen können sich so individuelle persönliche Muster bis hin zu Organisationsmustern und somit Kulturbestandteilen entwickeln.

Ein interessantes Spezialgebiet ist das Thema von Potentialen, sei es bei Mitarbeitenden oder auch bei bestimmten Märkten oder Produkten. Da werden mögliche Zukünfte projiziert und unter Umständen erfolgt keine Realitätsprüfung, weder über den Weg bei der Erschliessung der Potentiale, noch bei der Überprüfung einzelner Wegschritte. Und oftmals führt das zu vielfältigen Frustrationen und Enttäuschungen, bei denen dann Mitarbeitenden gekündigt, Produkte eingestellt oder Märkte verlassen werden. Oftmals hätte das durch ein bewussteres Beobachten und eine Klarheit über die Projektionen und Annahmen und somit auch der Möglichkeit von Messkriterien, die durchaus ja auch dialogisch ausgewertet werden können, vermieden werden können, um eine höhere Bandbreite an Steuerimpulsen zu nutzen.

Ein weiteres, mir zunehmend häufig begegnendes Beispiel ist die Fehleinschätzung des Reifegrades von Organisationen. Durch die Ausbreitung von Entwicklungsmodellen und deren Anwendung ohne eine gute Überprüfung der Eignung für den Organisationseinsatz werden Entwicklungs- und Veränderungsvorhaben gestartet, bei denen die Verortung der Organisation in dem Entwicklungsmodell nicht differenziert genug erfolgt, weil aus einigen wenigen Teilmerkmalen eine Gesamtstufe auf die Organisation projiziert wird oder weil die Entwicklungsstufe von Individuen, Schlüsselpersonen oder gerne auch Berater, auf die Organisation projiziert wird. Alternativ wird aus dem Modell ein inhaltlicher Idealtypus auf die Organisation projiziert anstatt dem lebendigen Entfaltungsprozess einen entsprechenden Rahmen zu geben und somit der Organisation die einzigartige Ausdrucksform zu ermöglichen, die für diese Organisation passend wäre, anstatt mit Schablonen und Idealbildern zu operieren.

Abgespaltene Teilsysteme

Als letzte Kategorie möchte ich die abgespaltene Teilsysteme benennen. In Organisationen müssen vielfältige Zielkonflikte verhandelt und gemanaged werden. Darüber hinaus sind die meisten Konflikte in Organisationen wesentliche Treiber für die Ausdifferenzierung des jeweiligen Systems. Eine ungünstige Form der Konfliktklärung liegt in der Abspaltung von Subsystemen.

Ein pragmatisches Beispiel stammt aus der Organisationsphysik, nach der drei Strukturen in einer Organisation berücksichtigt werden müssen. Die formale Struktur, die in erster Linie Rechtsvorgaben erfüllen muss, die soziale Struktur, die nicht direkt steuerbar ist und sich vor allem auf die Beziehungen der Menschen in Organisationen bezieht und die eigentliche Wertschöpfungsstruktur. In manchen Organisationen sind diese drei Strukturen so weit von einander entfernt, dass eigentlich ein aktives gegeneinander erfolgt, um überhaupt das Überleben der Organisation sicher zu stellen.

Organisationen formale Struktur soziale Struktur wertschoepfende Struktur

In diese Kategorie zähle ich auch viele Entwicklungsdysbalancen, die sich manchmal auch auf der Basis von Introjekten weiterentwickeln. Ein Beispiel sind Entlohnungssysteme, die bei verschiedenen Organisationsveränderungen nicht berücksichtigt werden und somit eigentlich widersprüchliche Steuerungsimpulse senden. Wenn beispielsweise vermehrt Teamarbeit und flache Hierarchien gefordert sind und weiterhin individuelle Leistungsanreize in den Entlohnungssystemen verankert sind, ist keine kohärente Orientierung gegeben, was natürlich zu einer Irritation im System führt.

Organisationssilos fallen ebenfalls in diese Kategorie. Dabei ist es egal, ob es sich um ein funtional-, ein wertschöpfungs- oder sonstige ausgerichtetes Organisationsdesign handelt. Die Abspaltung von Systemteilen erfolgt durch eine mangelnde Kopplung der Systemelemente untereinander, was natürlich vielfältige Gründe haben kann.

Zur Arbeit mit Schatten in Organisationen

Ein paar Kategorien von Schatten in Organisationen zu haben kann bei der Arbeit mit Organisationen unterstützen. Dabei ist jedoch -genauso wie bei Individuen- die Gefahr, dass ein regelrechter Schatten- und somit Entwicklungswahn entsteht.

Es kommt bei der Anwendung des Schattenkonzeptes bei Organisationen auch oft zu einer Fehleinschätzung, wenn individuelle Schatten bei Menschen beobachtet werden oder gar gelöst werden sollen. Oftmals ist das lediglich ein Ausdruck einer Systemdynamik, die im Systemdesign bereits eingebaut ist, bzw. in der Systemdesign- und Systemstrukturaspekte sichtbar werden. Beispielsweise sind ein Mangel an Orientierung in Bezug auf Ausrichtung, Prinzipien und Leitplanken sowie Unklarheiten an Systemgrenzen, wie beispielsweise Zugehörigkeit und die Aushandlung von Ausgleichsprozessen wesentliche Aspekte, deren Transparenz und Einhaltung vielen möglichen individuellen Schatten weitaus weniger „Einhakmöglichkeiten“ bieten würden. Hier liegt ein besonderes Risiko, wenn Schattenkonzepte, die ja aus einer individual-psychischen Perspektive, wie übrigens auch die meisten familiensystemischen Ansätze, entstanden sind, auf Organisationssysteme angewandt werden.

Unter Anderem aus diesen Überlegungen, aber auch aus der Überlegung des Sicherstellens des Überlebens, der Reifung und des Gedeihens eines Systems sollte das Konzept der Schatten in Organisationen kurativ verwendet werden. Wenn real existierende Probleme die Zukunftsfähigkeit der Organisation oder deren Umwelten gefährdet oder aus anderen Gründen einen Bedarf für den Eingriff in den sich entfaltenden Organisationsorganismus abzeichnet, kann die Perspektive von Schatten eine nützliche Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Interventionen sein. Dabei sollten Hypothesen zu Schatten im Rahmen eines dialogischen Gesamtprozesses Berücksichtigung finden. Das Risiko der Zuschreibung von Schatten von außen ist auch in Organisationen hoch, was ein grundsätzliches Dilemma bei der Arbeit mit Schatten ist. Letztlich ist ein Schatten durch die Organisation selbst nicht erkennbar, ansonsten wäre es ja kein Schatten. Dennoch wäre eine reine Zuschreibung eines Schattens von außen auch nichts Anderes als ein Schatten, oder besser zwei Schatten. Denn Außenstehende projizieren ihre Sicht und im schlimmsten Falle introjiziert diese Sicht ohne die Verstoffwechselung und das Herausarbeiten des Zusammenhangs der außenstehenden Sicht mit der Unternehmenshistorie und den aktuell herrschenden einzigartigen Bedingungen in der Organisation.

Organisationale Schatten zeigen sich also beispielsweise im Dialog mit Außenstehenden, wenn dieser gelingend gestaltet wird. Das können Berater sein, das können aber auch andere Unternehmen sein, denn durch Unterschiedsbildung und somit Vergleich entstehen Informationen. Besonders nützlich ist auch die Befragung von neuen Mitarbeitenden in einer Organisation, die noch von vielen Aspekten irritiert werden, einfach weil sie die Unternehmenskultur noch nicht so verinnerlicht haben. Auch die Entwicklungsarbeit mit Einzelpersonen in der Organisation kann dazu führen, dass Individuen sich und ihre Perspektive verändern und damit auch Schatten sehen können, die bis dahin für diese Personen unsichtbar waren.

Schattenarbeit ist eine dialogische Arbeit in einem entwicklungsförderlichen Raum. Die Gestaltung dieser Räume mit der passenden Balance zwischen Offenheit, Wahrnehmen, Bezeugen und dem Nicht-Werten auf der einen Seite und Fokus, Konfrontation, Interaktion und klarem Be-urteilen auf der anderen Seite ist mit Sicherheit eine der spannendsten Aufgaben in der integralen Organisationsentwicklung.

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Integrale Theorie – Hilfsmittel zur Komplexitätsbewältigung oder Ideologie? https://heiko-veit.com/blog/integrale-theorie/ https://heiko-veit.com/blog/integrale-theorie/#comments Wed, 30 Jun 2021 12:46:00 +0000 Denk- & Perspektivangebote Metamodelle https://heiko-veit.com/blog/integrale-theorie/ Weiterlesen

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Für all die ungeduldigen Leser schon mal direkt die Antwort vorab: Es hängt sehr stark davon ab, ins welchem Kontext die integrale Theorie genutzt wird, wie sie angewandt wird und wie sie von den Beteiligten verstanden und erlebt wird. 😉

Aber nun eins nach dem Anderen.

Integrale Theorie – was meint das?

Mit integraler Theorie meine ich im Schwerpunkt die Metatheorie, die Ken Wilber zusammen gestellt hat. Diese Theorie gibt einen Überblick über verschiedenste Felder von Betrachtungsmöglichkeiten auf die Wirklichkeit und geht im wesentlichen von einem evolutionären Grundprinzip aus. Dabei handelt es sich bei der integralen Theorie aus meiner Perspektive um eine Metatheorie, die eher dem Bereich der Philosophie zuzuordnen ist. Ich vergleiche die integrale Theorie gerne mit einer Weltkarte, die sehr gut geeignet ist, um bestimmte Länder zu identifizieren, Berge, Flüsse, Meere, Täler und Städte voneinander abzugrenzen und dabei zu helfen, welche detailliertere Landkarte(n) ich in einer Situation verwenden muss, um eine Situation angemessen zu erfassen.

Ken Wilber ist bei weitem nicht der einzige Denker in diesem Feld, aber mit Sicherheit einer der verbreitetsten. In seiner integralen Theorie gibt es mindestens fünf Elemente zu berücksichtigen, um eine Situation vollumfänglich zu erfassen: Ebenen, Quadranten, Typen, Zustände und Linien.

Ebenen

Die Welt und alles darin entwickelt sich. Wenn man verschiedene Entwicklungstheorien übereinander legt, kann man allgemeine Muster von Entwicklungsprozessen erkennen. Dabei geht Ken Wilber im Wesentlichen auf die Entwicklung von Bewusstsein ein.

Weltsicht, Bewältigungsmechanismen und die Art und Weise der Bedeutungsgebung entwickelt sich über verschiedene Ebenen hinweg. Er hat verschiedene Entwicklungsmodelle übereinander gelegt und eine eigene Grob-Übersicht von Ebenen beschrieben.

Quadranten

Die Quadranten unterstützen bei der Aufteilung in Dimensionen, für die unterschiedliche Erkenntniswege zu verwenden sind. Die Quadranten sind im Prinzip eine Matrix aus zwei mal zwei Feldern.

Die Quadranten unterteilen in Subjektiv, also das individuell erfahr- und erlebbare, welches per Definition von außen nicht zugänglich ist, sondern nur dem Subjekt selbst. Und Objektiv, das sicht- und messbare und somit auch verschiedenen Subjekten zugänglich ist.

Die nächste Unterscheidung ist in individuell und kollektiv.

Jeder Quadrant wird dann nochmal in zwei Zonen unterteilt, das lasse ich hier aber aus. Wenn Du die integrale Theorie gut kennst, ist die Information überflüssig und wenn Du sie noch nicht kennst, ist sie an dieser Stelle nicht hilfreich im Kontext des Gesamtartikels. Ebenso werde ich die Holon-Theorie hier nur kurz erwähnen, aber nicht weiter erläutern.

Typen

Grundsätzlich sind Typen horizontal angelegt. Ein Typ findet also auf jeder Ebene seinen Ausdruck. Dabei kann sich der Ausdruck von Stufe zu Stufe stark unterscheiden. In der Grundidee behält man seinen Typ über alle Stufen hinweg. Eine horizontale Entwicklung innerhalb der Typen ist nicht ausgeschlossen, das kommt aber stark auf die verwendete Typologie an.

Zustände

Die natürlichen großen Zustände, wachen, träumen, traumloser Schlaf sind ein Ausgangspunkt. Insbesondere spirituelle Zustandserfahrungen (grobstofflich, subtil, kausal, non-dual) sind in der integralen Theorie erfasst. Man könnte aber hier auch eine Menge anderer Zustände mit denken.

Linien

In den Linien geht es um etwas konkrete Entwicklungsbereiche, die im Großen und Ganzen der Abfolge der Ebenen folgen, aber eine weitere Differenzierung ermöglichen. So könnte beispielsweise die Linie der körperlichen Feinmotorik stärker entwickelt sein als die Linie der rationalen Argumentation.

Die integrale Theorie selbst ist ein interessantes (mindestens) drei-dimensionales Modell, welches auch mit konkreten Praxisübungen gefüllt werden kann. Wer sich für einen tieferen Einstieg in dieses Thema interessiert, kann sich gerne unten über das Kontaktformular melden.

Komplexitätsbewältigung – Was meint das?

Auch hier werde ich kein eigenes Modell beschreiben, sondern ich beziehe mich hier auf das C2M – Modell, welches Gitta Peyn im Kontext von Formwelt beschrieben hat. Unter anderem in diesem Artikel nachzulesen.

Das Modell beschreibt Möglichkeiten der Perspektivbildung, Anstatt Statusunterschiede zwischen Menschen zu bestätigen oder gar erst herzustellen, ist das Ziel dieses stark funktional gedachten Modells, die eigenen Konstruktionsgewohnheiten zu reflektieren und darüber zu lernen, herzustellen, sondern dabei zu helfen, die eigenen Weltkonstruktionsgewohnheiten zu durchleuchten und generell zu lernen, wie man funktionaler mit Komplexität umgehen kann.

In diesem Modell gibt es drei wesentliche Kriterien, deren Kombination dann Komplexitätsstufen beschreiben.

  • Differenzierung – Immer feinere Unterscheidungen bilden, immer mehr Differenzen zu erzeugen
  • Dimensionierung – Eine weitere Dimension anlegen, also eine andere Perspektive zu einem Sachverhalt einzunehmen, komplett andere Blickwinkel zu betrachten.
  • Tempo – mit welcher Geschwindigkeit bin ich in der Lage zu differenzieren und zu dimensionieren.

Daraus ergeben sich innerhalb dieses Komplexitätsmanagementmodells verschiedene Stufen, die nacheinander erlernt oder neu gelernt werden müssen. Es ist nicht möglich, eine Stufe zu überspringen, das ergibt sich aus der Logik der Kombination der drei Kriterien.

Komplexitätsstufe K0 – eine Dimension, niedrig differenziert

Hier herrscht ein klares Schwarz-Weiß-Denken. Dadurch werden sehr schnelle Entscheidungen möglich, jedoch gibt es hier auch eine starke Abgrenzungsneigung mit schneller Streitbereitschaft und eine schnelle Überforderung.

Komplexitätsstufe K1 – eine Dimension, hoch differenziert

Hier herrscht eine sehr hohe kognitive und handwerkliche Leistungsfähigkeit. Ein Fachgebiet kann sehr differenziert betrachtet werden, eine klare Fachkompetenz ist erkennbar und wird auch beherrscht. Damit einher geht häufig eine mangelnde geistige Beweglichkeit, weil das eigene Wissen so umfangreich erlebt wird und andere Perspektiven (noch) abgewertet werden.

Komplexitätsstufe K2 – temporeich hohes Dimensionieren, niedrig differenziert

Hier ist es möglich, in sehr hohem Tempo viele unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Durch den schnellen Perspektivwechsel geht aber manchmal die Stabilität verloren und es gibt nur wenige oder keine Haltepunkte mehr. Damit einher geht eine hohe geistige und soziale Flexibilität und Kreativität, jedoch ist das -gerade in unserer Gesellschaft- oft auch schwer auszuhalten, denn das Verhalten kann hier regelrecht verrückt wirken, weil das Tempo der verschiedenen Perspektiven so schnell ist. Allerdings ist das eine große Errungenschaft, weil eben nicht mehr nur an einer Perspektive als die einzig Wahre festgehalten wird.

Komplexitätsstufe K3 – hohe Dimensionierung, hohe Differenzierung, geringes Tempo

Nicht nur schnell zwischen verschiedenen Dimensionen wechseln zu können, sondern auch innerhalb der verschiedenen Dimensionen noch eine hohe Differenzierungsfähigkeit zu haben, kostet erst einmal Zeit. Und das ist total wertvoll, weil damit auch eine gewisse Ruhe oder Gelassenheit einhergeht. Das bringt eine ruhige Dialogfähigkeit mit sich und führt oft dazu, dass man ein besonders starkes Organisationstalent ist. Allerdings ist es manchmal fordernd, diese Ruhe beizubehalten, weil so vieles von einem in kurzer Zeit erwartet wird.

Komplexitätsstufe K4 – hohe Dimensionierung, hohe Differenzierung, hohes Tempo

Nachdem verschiedene Perspektiven ausreichend differenziert genutzt werden konnten, kann jetzt wieder das Tempo steigen. Hier ergibt sich häufig eine hohe Lösung- und Krisenkompetenz, gepaart mit umfassendem und ständig wachsendem Wissen. Auch wenn hier häufig hohe soziale Kompetenzen verfügbar sind, werden diese nicht immer genutzt, denn eine gewisser Mangel an Geduld für geringeres Komplexitätsmanagement ist hier auch oft anzutreffen.

Wenn frühere Stufen nicht gut integriert wurden, kann jemand auf dieser Stufe zwar anregend und bereichernd wirken, aber ob damit ein Verstanden werden einher geht, ist eine ganz andere Frage.

Komplexitätsstufe K5 – aus entspannter leerer Metaperspektive temporeich Neues schaffen, mit hohe Dimensionierung, hoher Differenzierung und alle vorherigen Stufen integrierend

Die letzte Stufe in diesem Modell überschreitet noch einmal die Möglichkeiten der K4. Von einer leeren Metaperspektive ausgehend entsteht ein großes Verständnis und eine hohe Empathiebereitschaft mit einer gestiegenen Frustrationstoleranz. Daraus ergibt sich eine hohe Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Strömungen und Gruppierungen. Fordernd ist hier unter Umständen die Erkenntnis der mangelnden Möglichkeiten früherer Komplexitätsstufen, damit geht auch oft eine Einsamkeit einher.

Integrale Theorie zur Komplexitätsbewältigung?

Grundsätzlich wäre sowohl die integrale Theorie, als auch das C2M-Modell hier mit Sicherheit noch nicht im Ansatz differenziert beschrieben. Das könnte ja schon mal einiges über die Komplexitätsstufe dieses Artikels aussagen. 😉

Aber dennoch ein paar erste Gedankenansätze zum Weiterdenken. Dabei ist jeder Ansatz natürlich nur eine grobe Skizze zur Anregung der eigenen Differenzierung- und Dimensionierungsübung:

Quadranten als Dimensionen

In einer Situation müssten aus integraler Perspektive ja die vier Dimensionen der Quadranten betrachtet werden. Also die subjektiv und objektiv Individuelle ebenso wie die subjektiv und objektiv Systemische. Jeder dieser vier Dimensionen müsste noch dazu differenziert betrachtet werden, wenn das Ziel K2 zu überschreiten vorhanden wäre.

Um eine Dimension differenziert betrachten zu können, braucht es eine Menge Kompetenz, also Wissen und Erfahrung, in einer Dimension. Für die Quadranten bedeutet dies also -unter Ausschluss der Zonen in den Quadranten und auch nur auszugsweise-:

Kenntnisse über die eigene subjektive Innerlichkeit mit Selbsterfahrung und Introspektion. Wie genau kenne ich meine eigenen Muster von Wahrnehmung, Wertung und Bedeutungsgebung und wie bewusst bin ich mir über Unterschiedlichkeit zu Anderen?

Kenntnisse über die eigene Äußerlichkeit, dazu gehören auch Körpermuster, Ernährungsmuster, Schlafrhythmen und ähnliches mehr. Ob mein autonomes Nervensystem in einem Social-Engagement-System oder einer Aktivierung oder Entspannung eingestellt ist und woran kann ich das bei mir bemerken?

Kenntnis über die intersubjektive Innerlichkeit meiner Kultur. Und vereinfacht formuliert: Welche Narrative und Bedeutungsgebungsmuster habe ich auf Grund meiner Familie, der Gesellschaft und des Sozialmilieus, der Ausbildungen und Freundschaften, die ich habe aufgenommen und wie haben mich diese geprägt, bzw. prägen mich diese auch immer noch? In welchen Bedeutungsgebungsblasen bewege ich mich und wo stosse ich auf Gruppen, die eine andere Art der Beschreibung von Wirklichkeit haben?

Kenntnis über objektive Strukturmuster meiner umgebenden Systeme, damit sind sowohl Infrastruktur, Lebensumgebung, Rollen und Strukturen gemeint, bis hin zu dem Rechtssystem, in dem ich mich bewege.

Entwicklungsstufen als Dimensionen

Je nachdem, welches Entwicklungsmodell als Basis verwendet wird, reicht es für eine hohe Komplexitätsmanagementstufe aus dieser Betrachtung heraus überhaupt nicht aus, sich nur auf die eigene Entwicklungsstufe zu beziehen. Wie differenziert kann ich auf einen Sachverhalt aus dieser Perspektive schauen. Stark vereinfacht würde das bedeuten:

Wie stark kann ich prä-konventionelle Perspektiven integrierend betrachten und die Welt aus dieser Perspektive heraus differenzieren. Wie gut kann ich beispielsweise meine eigenen Sinne ausprägen und nutzen, um eine Situation zu erfassen, ohne die Wahrnehmung sofort einsortieren zu müssen? Wie gut bin ich in der Lage verschiedene Frequenzen wahrzunehmen, taktile Reize zu bemerken, den Einfluss von Geruch und Geschmack ebenso wie den Sehsinn stark differenziert zu betrachten und zu beschreiben und somit einen breiten Zugang an sinnenhaften Eindrücken zuzulassen.

Wie stark kann ich konventionelle Perspektiven integrieren. Welche allgemeinen Regeln und Schlussfolgerungen kann ich anwenden, wie differenziert kann ich auch mein eigenes Denken und Fühlen in den Blick nehmen? Wie gut bin ich in der Lage, das vielleicht sogar mit unterschiedlichen Denk- und Fühllogiken zu tun? Welche unterschiedlichen kulturellen Färbungen von Regeln und Schlussfolgerungslogiken habe ich kennen gelernt und kann ich diese differenziert betrachten? Worin bin ich ein Experte und wo muss ich mir eigentlich fremde Expertise dazunehmen, um auch diese besser integrieren zu können?

Wie gut kann ich post-konventionelle Perspektiven einnehmen und berücksichtigen? Wie gut gelingt es mir, im gegenwärtigen Moment sich überlagernde Kontextphänomene zu betrachten, zu erkenne und auszudifferenzieren. Und dabei auch noch handlungsfähig bleiben? Wie gut kann ich auch meine eigenen inneren Spannungen aushalten, erforschen und erkunden und in Bezug auf eine Situation anzuwenden? Wie notwendig ist für mich noch die Abwehr bestimmter Inhalte oder Sichtweisen, um meinen eigenen Selbstwert zu stabilisieren oder mich in eine Sicherheit zu wiegen?

Je mehr Stufen ein Entwicklungsmodell beinhaltet, umso fordernder ist es, jede dieser Stufen auch wirklich differenziert zu betrachten, zumal ich ja in meinem eigenen Entwicklungsweg höchstwahrscheinlich nicht jede Stufe in einer extremen Breite durchlaufen habe, denn dafür müsste ich auch in unterschiedlichste Kulturen eingetaucht sein und darin gelebt haben.

Fünf Aspekte des Integralen als Dimensionen

Nach den ersten zwei Anstössen sollte schon klar sein, dass man jeden Aspekt des Integralen eigentlich schon wieder als eigenständige Dimensionen nutzen könnte. Häufig werden die fünf Aspekte ja als fünf Dimensionen verwendet. Ich weise dabei häufig darauf hin, dass Ken Wilber mit den fünf Aspekten des Integralen ja eine Meta-Theorie gebaut hat. Und damit sind in den Beschreibungen des Integralen per Definition ja schon eher Abstraktionen eingebaut. Um in diesen Dimensionen dann differenziert arbeiten zu können, benötigt also innerhalb der fünf Aspekte weitergehende Ausbildung, Vertiefung und Praxis. Und wenn man die tiefen Auseinandersetzung damit geht, stellt man schnell fest, dass die integralen Kategorien zwar manchmal nützliche Orientierungsfunktion haben können, aber im Detail eben doch nicht so gut funktionieren und die äußerliche Beschreibung von Phänomenen noch lange keine Komplexitätsbewältigung ermöglicht. Die Beschäftigung mit den fünf Aspekten und die Nutzung einer integralen Lebenspraxis, die eine Vertiefung und Differenzierung in den Aspekten ermöglicht kann aber ein hilfreicher Wegweiser sein. Jedoch tritt die integrale Theorie als Konstrukt dann sehr schnell in den Hintergrund.

Die integrale Theorie als selig-machende oder die Welt-rettende Perspektive zu verwenden entspricht demzufolge eher einer Komplexitätsstufe von K0 oder K1. Selbst wenn jemand alle Wilber-Bücher auswendig gelernt hat und die Erkenntnisse daraus nun auf Situationen anwendet, so ist die Perspektive eben sehr eingeschränkt und tendenziell wirkt die integrale Theorie dann schnell ideologisch, in dem die Abstraktionen der Theorie genutzt werden, um richtig/falsch oder andere (Ab-)Wertungsmechanismen zu nutzen und auch um Dialog zu vermeiden. Das kann dann manchmal wie K4 wirken, doch stellt sich schnell heraus, ob dahinter eine Differenzierungsfähigkeit steht oder ob die integrale Landkarte immer über alles gelegt werden muss.

Vielleicht an der Stelle nochmal kurz erwähnt: Um die Merkmale einer Entwicklungsstufe zu zeigen, die in der integralen Theorie als „integral“ bezeichnet werden würde, braucht es kein Wissen über Ken Wilber oder die integrale Theorie 😉.

Möchtest Du Dich tiefer mit der integralen Theorie beschäftigen, dann buche Dir meinen 0,- Euro Mini-Kurs über diesen Link: Dein praktischer Start in die integrale Theorie

Und jetzt?

Naja… erst einmal komme ich zurück zu dem angekündigten Fazit. Die integrale Theorie kann dabei unterstützen, meine Komplexitätsbewältigungsfähigkeiten zu steigern. Dazu ist es aber notwendig, dass man nicht bei der Theorie stehen bleibt, sondern diese vor Allem nutzt, sich auf neue Erfahrungen einzulassen und in verschiedenen Perspektiven in die Tiefe zu gehen. Wenn man genau das nicht tut, fällt die integrale Theorie schnell in sich zusammen und wird sehr eindimensional.

Und neben all den Versuchen, Komplexität beschreib- oder fassbar zu machen möchte ich vor Allem darauf hinweisen, dass wir als Menschen ständig gefordert sind, mit Komplexität umzugehen. Wir können wahrscheinlich sogar besser mit Komplexität umgehen, als wir sie begreifen können. Und wenn der Umgang mit Komplexität auch bedeutet, viele Perspektiven differenziert integrieren zu können, sind wir vielleicht eher an der Frage, wie es uns gelingt, dass wir Menschen, die Perspektiven differenziert wahrnehmen können, weil sie diese selbst lange studiert und gelebt haben so zusammen bringen, dass wir als Gruppe und Menschheit in eine Komplexitätsbewältigung gelangen, die zu unserer Zeit passt.

Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei, es geht nur mit unterschiedlichen Perspektiven. Und diese auszuhalten, Konflikte willkommen zu heißen und sich selbst und Andere nicht abzuwerten, sondern genau diese Konflikte nutzbar zu machen… das wäre doch eine spannende Lernaufgabe.


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Warum kurzfristig sinnvolles Handeln langfristig dämlich sein kann https://heiko-veit.com/blog/warum-kurzfristig-sinnvolles-handeln-langfristig-daemlich-sein-kann/ https://heiko-veit.com/blog/warum-kurzfristig-sinnvolles-handeln-langfristig-daemlich-sein-kann/#comments Tue, 15 Jun 2021 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung https://heiko-veit.com/blog/warum-kurzfristig-sinnvolles-handeln-langfristig-daemlich-sein-kann/ Weiterlesen

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Im Alltag von Organisationen kommt es immer wieder zu Problemen. Das ist ganz natürlich. Wichtig ist jedoch, wie wir mit den Problemen umgehen. Dabei sollten immer die langfristigen Auswirkungen beachtet werden.

Ansonsten passiert schnell das „operative Lösung stärkt langfristig dysfunktionale Organisationskultur“-Muster. Bei diesem Muster wird ein aktuelles Problem schnell gelöst. Dabei werden jedoch manchmal Prinzipien gelingender Organisationen missachtet. Da es zu einer operativen Lösung gekommen ist, stellt sich bei den beteiligten Personen ein Erfolgserlebnis ein. Das führt dazu, dass die gefundene Lösung wiederholt wird. Über die Dauer wird diese Lösung zum Standard und sozusagen Bestandteil der Kultur.

Hier mal ein paar Beispiele, mit denen ich das Muster illustrieren möchte:

Im ersten Fall hat ein Mitarbeiter ein ganz konkretes Problem bei der Aufgabenerstellung. Er weiß nicht genau, wie er für das Projektmanagement an einen Projektplan herangehen soll. Er geht zu seiner Führungskraft und schildert ihm das Problem. Die Führungskraft erstellt kurzerhand eine Liste mit Aufgaben, schätzt diese ab und bringt sie in eine Reihenfolge. Damit nimmt er dem Mitarbeiter die Aufgabe ab, anstatt die Kreativität zu fördern und eine Methode zu vermitteln.

Im zweiten Fall kommt ein Projekt in einen Zeitverzug. Kurzer Hand übernimmt die Führungskraft einige Aufgabenstellungen, da sie auf Grund früherer Expertise fachlich dazu in der Lage ist. Das Projekt hat nur eine kurze Verzögerung. Allerdings wird weder die Arbeit der Führungskraft in den Kosten berücksichtigt, noch sichergestellt, dass die notwendigen Fähigkeiten in ausreichendem Maß in dem Team zur Verfügung stehen.

Und als drittes Beispiel ein Fall aus der normalen Linienarbeit. Ein Kunde kommt mit einer Beschwerde. Kurzfristig trifft der Geschäftsführer die Entscheidung entgegen der bestehenden Absprachen ein Produktfeature anzupassen. Er teilt diese Entscheidung direkt den Abteilungsleitern mit und erwartet eine kurzfristige Umsetzung, ohne den Bereichsleiter in den Prozess einzubinden und ohne dass dieser die Entscheidung kommuniziert.

Dazu einige Gedanken zur Anregungen

Passiert so etwas einmal, ist das kein Problem. Das Risiko ist jedoch, dass diese Problemlösung der Standard wird.

Das führt dann dazu, dass Mitarbeiter nicht mehr selbst die Verantwortung für Lösungsfindung übernehmen und der Entwicklungsstand der Mitarbeitenden wächst, sondern diese erwarten in Zukunft, dass Führungskräfte immer Lösungen bringen.

Die Führungskraft hat keine Zeit mehr für die eigentliche Führungsarbeit, sowohl das Managen des Tagesgeschäftes wird vernachlässigt, als auch die Weiterentwicklung von Mitarbeitern und Organisation.

Der Bereichsleiter wird immer weniger aktiv entscheiden und die Abteilungsleiter werden den direkten Draht zur Geschäftsführung immer mehr nutzen. Ob dabei die unterschiedlichen Interessen passend ausgeregelt werden bleibt offen. Auf jeden Fall steigt für den Geschäftsführer die Komplexität. Im schlimmsten Fall muss er nun alle Feature-Entscheidungen selbst treffen.

Das sind natürlich nur Beispiele, die passieren könnten. Doch genau so entstehen Muster, genauso entsteht Kultur. Und anschließend wundert man sich, dass man demotivierte Mitarbeiter hat, die keinen eigenen Antrieb mehr zeigen oder warum bestimmte Führungskräfte nicht mal ihren eigenen Verantwortungsbereich vorantreiben.

Feuerwehrlösungen sind keine gute Kulturgrundlage

„Kultur ist das Ergebnis aller am Prozess Beteiligten.“ Und Kultur ist schneller einfach so geschehen, als bewusst gestaltet. Die Herausforderung ist, sich bei jeder Aktion und jeder Entscheidung über die Muster und die Risiken für nicht zieldienliche Muster in der Zukunft bewusst zu machen. Soweit das möglich ist, denn die eigene Betriebsblindheit ist ja auch ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Auf jedes Problem im Feuerwehrmodus zu reagieren, Ressourcen aufzuwenden, um ein akutes Thema zu lösen ist keine gute Grundlage für langfristige und nachhaltige Organisationen. Es braucht Rhythmus und Routinen. Es braucht das Sicherstellen, dass kein Brand auftritt. Das erscheint auf den ersten Blick langweiliger und manchmal weniger lohnend als operative Probleme lösen, aber ist langfristig für die Organisation deutlich besser.

Also… beginnen Sie damit, sich ein Frühwarnsystem aufzubauen. Wenn Sie jeden Tag zum Abschluss des Tages kurz sehr bewusst reflektieren, können Sie die Handlungen Ihres Tages bewerten und sich überlegen, was Sie vielleicht nicht mehr tun möchten. 

Reflexionsfragen:

  • Welche Entscheidungen musste ich heute unter hohem Druck treffen?
  • Welche Probleme musste ich heute unter hohem Druck lösen?
  • Habe ich heute wirklich von meiner reifsten Perspektive aus gehandelt?
  • Was habe ich heute getan, was ich so nicht mehr tun möchte?
  • Wo habe ich ein konkretes Problem gelöst und mir nicht die Frage gestellt, wie ich in Zukunft sicherstellen kann, dass dieses Problem nicht mehr auftritt?
  • Wie kann ich etwas, was heute getan werden musste in Rhythmen und Routinen einbauen, damit es langfristig in der Kultur wirkt?
  • Was habe ich heute getan, was zu einer wünschenswerten Kultur beiträgt?

Finden Sie Ihre eigenen Fragen, das hier sind nur mal ein paar Ideen.

Viel Freude beim bewussteren Gestalten Ihrer Organisationskultur. Denn wir gestalten diese immer, jeden Tag, es ist nur eine Frage der Bewusstheit unserer Gestaltungsbeiträge.

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Potential haben bedeutet auch nur, etwas noch nicht getan zu haben https://heiko-veit.com/blog/potential/ https://heiko-veit.com/blog/potential/#comments Sat, 05 Jun 2021 12:46:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Persönlichkeitsentwicklung Entwicklungsbegleitung https://heiko-veit.com/blog/potential/ Weiterlesen

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Potential ist an vielen Stellen in aller Munde.

  • Man ist auf der Suche nach Marktpotentialen
  • Man sieht das Potential von Mitarbeitern
  • Projekte haben viel Potential

Was ist denn dieses ominöse Potential? Was bedeutet das? Ich habe letztens eine sehr schöne und nützliche Definition gehört:

„Having potential just means, you haven’t done it yet.“

Bill Parcell – vermutlich 😉

Schauen wir uns das doch einfach mal genauer an. Potential haben bedeutet lediglich, Du hast es bislang noch nicht getan. So könnte eine sinngemäße Übersetzung sein.

Mit Potential meinen wir ja meistens, dass wir eine Erwartung oder Hoffnung in jemanden oder etwas setzen und das Vertrauen haben, dass das, was in diesem Hoffnungsraum ist auch wirklich realisiert werden kann.

Wie auch immer wir zu dieser Potentialeinschätzung gelangt sind, am Ende des Tages sind wir in einem noch nicht bewiesenen Hypothesenraum. Das bedeutet ja nicht, dass es nicht eine Hypothese mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit sein mag, aber es ist und bleibt eine Hypothese!

Diese Hypothese ist auch sehr nützlich, denn sie kann unsere Aufmerksamkeit fokussieren. Und sie kann uns dazu bringen, wirklich den Hoffnungsraum zu realisieren. Und das ist es doch, worum es letzten Endes geht:

Es geht darum, dass was im Hoffnungsraum liegen könnte in eine Wirksamkeit zu überführen. Und genau dazu müssen wir etwas tun. Wir müssen handeln und dann auf das Feedback schauen.

Was wäre also ein nützlicher Ansatz:

  • Sich klar machen, was ist eigentlich konkret mit dem Potential gemeint.
    Welche Fähigkeiten, Fertigkeiten, Gewinne, Erkenntnisse oder ähnliches glauben wir eigentlich konkret in eine Wirkung zu bringen. Und was könnte diese Wirkung sein? Feedbackmechanismen überlegen
  • Wie könnten wir feststellen, ob die gewünschte Wirkung eingetreten ist? Und es lohnt sich auch einmal darüber nachzudenken, wie wir feststellen können, ob diegewünschte Wirkung eben NICHT eingetreten ist. Und im Sinne des „systemischen Mobilé-Gedankens“ ist die Frage, wo könnte eventuell eine nicht erwünschte Wirkung eintreten und wie kann ich die mitbekommen?

Konkrete Schritte vereinbaren und gehen

Wenn wir wissen, welches Potential wir heben wollen, dann haben wir ein konkretes Ziel. Über die Feedbackmechanismen wissen wir, wie wir die Zielerreichung und den Fortschritt messen wollen.

Darum ist es jetzt an der Zeit zu überlegen, mit welchen Schritten wir das Potential heben wollen. Was muss sich im Denken, Fühlen oder Verhalten von wem ändern, damit das Potential gehoben wird?

Wenn das klar ist, muss ich die Vereinbarungen treffen, die notwendig sind, um den Weg zu gehen.

Nachverfolgen und auswerten

Die geplanten Feedbackmechanismen müssen jetzt genutzt werden, um Erkenntnisse zu gewinnen. Das ankommende Feedback muss natürlich sinnvoll ausgewertet werden:

Passt das Feedback zu den Erwartungen?
Muss ich etwas anpassen?
Ist das Potential vielleicht noch ein anderes oder gar nicht da?
Ist der Weg vielleicht falsch?
Sind die Feedbackmechanismen angemessen?

Es gilt in der Auswertung das Ergebnis UND den Prozess, wie es zu dem Ergebnis kam und die Grundannahmen die wir in 1-3 herausgearbeitet haben zu reflektieren und dann ggf. Anpassungen vorzunehmen.

Beim Nachverfolgen und Auswerten kann sich dann natürlich auch herausstellen, dass das vermutete Potential leider nicht realisierbar ist. Das muss nicht zwingend daran liegen, dass das Potential nicht da ist, vielleicht erlauben die vielen Umstände der Gesamtsituation dessen Realisierung leider nicht.

Und dann gilt es, sich auch von den vielen damit verbundenen Hoffnungen zu verabschieden. Das erfordert häufig einen Trauerprozess und dann auch die Überlegung, was man auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse im Anschluss tut. So könnte man beispielsweise entscheiden, einen Markt aufzugeben oder eine Zusammenarbeit zu beenden.

Gerade wenn es um Potential bei Menschen geht, empfehle ich dringend, den gesamten Prozess im transparenten Dialog zu gestalten. Dann wissen alle Beteiligten auch Bescheid und können sich sinnvoll einbringen.

Vermutetes Potential –also alle, wie ich oben ja beschrieben habe- sind ohne konkrete Schritte der Realisierung nicht der beste Grund, an etwas fest zu halten….

So, dann mal viel Spaß bei den ersten Gehversuchen:

Wo vermuten Sie ein Potential?

Gehen sie die Schritte durch und gewinnen Sie Erkenntnisse….

Viel Spaß!

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Führung – das missverstandene Element in Organisationen https://heiko-veit.com/blog/fuehrung-das-missverstandene-element-in-organisationen/ https://heiko-veit.com/blog/fuehrung-das-missverstandene-element-in-organisationen/#comments Mon, 08 Feb 2021 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Entwicklungsbegleitung https://heiko-veit.com/blog/fuehrung-das-missverstandene-element-in-organisationen/ Weiterlesen

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In diesem Beitrag soll es einmal ganz explizit um das Thema „Führung“ gehen. Gerade in post-konventionellen Organisationen, also Organisationen, die versuchen klassische Organisationsstrukturen und -muster zu überwinden, wird das Thema Führung schnell zu einem Thema für ideologische Diskussionen. 

Daher hier mal ein paar differenzierende Überlegungen.

Führung, das unbekannte Wesen

  • Welche Assoziationen kommen Dir in den Kopf, wenn Du das Wort Führung hörst? Wie viele Gedanken zum Thema Macht und Machtmissbrauch tauchen auf?
  • Wie viele Assoziationen von Vor-GESETZTEN, also Menschen, die vor einen gesetzt werden, warum und wozu auch immer?
  • Wie viele Assoziationen zu UNTERgebenen, also Menschen, die einem gegeben werden und warum eigentlich drunter und nicht daneben, tauchen auf?
  • Wie viele geschichtliche Episoden fallen Dir ein, gerade da können wir Deutschen ja auch aus dem Vollen schöpfen.
  • Wie viel Organigramm kommt Dir gerade in den Sinn?
  • Und fällt Dir auch der Spruch ein „Wer glaubt, dass Abteilungsleiter Abteilungen leiten, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.“

Das gängige Narrativ lässt uns schnell an eine Führungsperson denken, was auf jeden Fall auch eine Variante der Organisation von Führung sein kann, aber eben nicht muss.

Führung ist eine Systemfunktion, keine Stellenbeschreibung

Um Führung post-konventionell zu denken, gilt es erst einmal, hinter die gängigen Narrative zu schauen und differenziert auf die Funktionsweise von Führung zu schauen.

Führung ist eine Funktion im System, die Orientierung sicher stellt.

Im Wesentlichen geht es bei Führung um Orientierung. Es geht darum, eine Ausrichtung herzustellen, die es ermöglicht, dass die Menschen in der Organisation in Richtung dieser Orientierung zusammen wirken können.

Darüber hinaus geht es auch um ein gemeinsames Verständnis von Grenzen, die neben der Ausrichtung sicher stellen, dass die Menschen in der Organisation sich innerhalb eines vereinbarten Rahmens aufhalten können.

Führung über eine Person zu realisieren ist wohl die trivialste Form des Herstellens der Orientierung. Diese Modell haben wir in unserer Kindheit zutiefst aufgenommen, weil wir als Kinder im Allgemeinen die Orientierung von Erziehungsberechtigten erhalten haben. Wie immer führen Menschen ein einmal erlerntes Muster fort, sofern dieses Muster nicht einmal reflektiert und verändert wird.

Das führt dazu, dass die meisten Menschen irgendwie (meistens unbewusst) davon ausgehen, dass es jemanden gibt, der mehr weiß, der weiter blickt oder einfach auf Grund seiner Position das Recht oder die Pflicht hat, Entscheidungen zu treffen und Führung zu übernehmen.

Doch das führt eben immer dazu, dass Menschen sich nicht in der vollen Bandbreite einbringen. Es führt automatisch zu einer gewissen Abwertung, bzw. Aufwertung von mir oder anderen und es sorgt auch schnell für einen Mangel an Verantwortung, weil die Erfahrung ja ist, dass jemand anderes antwortet.

Führung anders operationalisieren

Wenn wir uns einmal verbieten, die Führungsfunktion durch einen Menschen zu realisieren, können wir auf interessante Gedanken kommen. Wir müssen uns dann nämlich strukturelle Prozesse überlegen, die als Routine, Ritual oder ähnlich funktionieren. Und dann können wir bei der Operationalisierung überlegen, wie dieser strukturelle Prozess aussehen muss, damit sich relevante Personen auch voll einbringen können.

Um darüber nachzudenken lohnt es sich, einmal genauer auf die verschiedenen Details zu schauen, die Führung sicher stellen.

Vier Schlüsselaufgaben von Führung

Um Führung eine Ebene tiefer zu legen, hat sich in meiner Praxis die Aufteilung in vier Schlüsselaufgaben von Führung bewährt.

Schluesselaufgaben von Fuehrung in Organisationen

Diese vier Schlüsselaufgaben und deren Illustration durch Beispiele kann natürlich kontextabhängig unterschiedlich betrachtet und anders geschnitten werden. Bitte auch hier diese Aufteilung als Denkanstoß betrachten und kontextspezifisch ausformulieren.

Jetzt ist also im Zusammenhang von Organisationsdesign die spannende Frage, welche Strukturen, Prozesse, Regeln, Prinzipien, Rituale, Routinen und Vorgehensweise nützlich sind, um Führung in der Organisation gut zu verankern.

Beispiele für alternative Führungsaufteilung

Tagesgeschäft managen kann ich an ein Team übergeben, welches sich beispielsweise mit Methoden aus den agilen Techniken zu einer eindeutigen Priorisierungsentscheidung kommen.

Darauf basieren könnte über eine Berechnungsformel die zur Verfügung stehende Kapazität verteilt werden.

Eskalationen könnten in einem Stand-Up angesprochen werden und situativ könnte das Team entscheiden, wer diese Eskalation weiter bearbeitet.

Mitarbeiter entwickeln beinhaltet unter Anderem ja auch das Thema des Feedbacks. Neben individuellem Feedback auf Basis vereinbarter (und selbst erstellter und im Team abgestimmter Mitarbeitenden-) Entwicklungspläne gibt es auch die Möglichkeit, transparente oder anonyme Gruppenfeedbacks einzusammeln oder dies an eine Retrospektive zu koppeln.

Organisation entwickeln kann über strukturierte Workshops in Form von Retrospektiven oder auch Sensing Journeys, Staff Rides oder anderen Formaten realisiert werden. In den Prozess sollte dann auch das Feedback von außen, also relevanten Stakeholdern, wie Kunden, Partnern, Zulieferern mit beinhalten und könnte dann auf Optimierung des Gesamtsystems hinauslaufen und nicht an den eigenen Systemgrenzen enden.

Sich selbst entwickeln ist eigentlich schon immer eine Aufgabe, die jeder für sich selbst durchführen muss. Dazu braucht es natürlich auch Feedback, was im Wesentlichen über Mitarbeiter entwickeln sichergestellt werden könnte. Jede Form der äußeren Steuerung dieses Themas beinhaltet automatisch die Diskussion über die Frage nach der Übergriffigkeit von Organisationen, wenn die persönliche Entwicklung nicht selbst entschieden, initiiert und gesteuert erfolgt.

Noch drei Hinweis zum Ende

Ja, der Aufwand ein Organisationsdesign durchzuführen, welches eben nicht die Muster der Vergangenheit aufgreift und einfach eine Führungskraft benennt und dennoch eine effiziente und effektive Art der Orientierungsherstellung sicher zu stellen ist nicht trivial.

Ja, Grenzen finden ist nicht trivial und dennoch unglaublich wichtig. Das Herausbilden eines Systems über die Zeit, in dem sich verschiedene Arten von Grenzen bilden, während andere entschieden werden müssen, hat natürlich ein Element einer reflexiven Praxis.

Und ja, Ausrichtung kann man sehr schön auseinander nehmen in Aus-Richtung, was auch bedeuten könnte, dass man die Aussen-Perspektive mit einbeziehen muss. Organisationen haben keinen Selbstzweck. Im Wesentlichen geht es darum, ein Bedürfnis aus dem Kontext zu befriedigen und daher sollte genau auch der Kontext und die Aussenorientierung und somit die Wertschöpfung für den Kontext ein wesentlicher Bezugspunkt für das gesamte Organisationsdesign sein.

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Empathie, das (un)bekannte Wesen… https://heiko-veit.com/blog/empathie-das-unbekannte-wesen/ https://heiko-veit.com/blog/empathie-das-unbekannte-wesen/#comments Thu, 02 Jul 2020 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Entwicklungsbegleitung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/empathie-das-unbekannte-wesen/ Weiterlesen

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Egal ob es einem gefällt oder nicht, die Empathie hat eine große Bedeutung für die Bewältigung praktischer Aufgaben, insbesondere in Teams und Organisationen.

Es ist also an der Zeit, sich das Thema „Empathie“ einmal genauer anzuschauen.

Es geht der Empathie wie den meisten häufig verwendeten Begriffen, es gibt eine Vielzahl von -teilweise mehrdeutigen- Definitionen. Es ist ja ein grundsätzliches Problem, dass jeder Mensch mit einem Wort einen eigenen Bedeutungsraum adressiert. Unterschiedliche Definitionen im wissenschaftlichen Kontext erschweren das Problem zusätzlich.

Ich finde die Definition von Lawrence Shaw und Elizabeth Segal sehr gelungen. Sie definieren Empathie und unterscheiden in

Emotionale (affektive) Empathie

Die Fähigkeit das Gleiche zu empfinden wie andere Menschen, sich also emotional in die Situation des anderen einzufühlen. Das wird auch als emotionale Sensitivität bezeichnet.

Kognitive Empathie

Hier geht es um die Fähigkeit Gedanken und Absichten anderer Menschen zu verstehen und daraus auch möglichst treffende Hypothesen zum erwarteten Verhalten eines Menschen abzuleiten. Das passt ziemlich genau zur „Theory of Mind“, in der es um die Fähigkeit geht, eine Annahme über Bewusstseinsvorgänge in anderen Personen vorzunehmen und diese in der eigenen Person zu erkennen – d. h. Gefühle, Bedürfnisse, Ideen, Absichten, Erwartungen und Meinungen bei anderen zu vermuten.

Hier finde ich wichtig anzumerken, dass das kognitive Vermuten eines Gefühls bei dem Gegenüber etwas anderes ist als das echte emotionale Mit-Empfinden aus der emotionalen Empathie.

Soziale Empathie

Das meint die Fähigkeit in komplexen sozialen Situationen und Systemen die Gesamtheit der Menschen mit unterschiedlichen Herkünften, Kulturen, Haltungen, Charakter- und Verhaltenseigenschaften zu verstehen und mit ihnen konstruktiv kommunizieren zu können.

Natürlich ist die Empathie aus meiner Sicht auch stark von der Entwicklungsstufe abhängig. Grundsätzlich hat jeder Mensch die Möglichkeit die Empathie auf der gesamten Stufe auszuprägen. Und so ist es auch möglich, sich empathisch auf Menschen auf der gleichen oder einer früheren Stufe einzulassen. Da kann es natürlich typologische Herausforderungen geben, wie wir oft zwischen Männern und Frauen erleben können.

Schwieriger wird es, wenn die Empathie für spätere Stufen aufgebracht werden soll. Auf einer späteren Stufe gibt es nun mal Bewusstseinsinhalte, die ich nicht in der gleichen Art und Weise verarbeiten kann. Somit sind der Korrektheit der Empathie automatisch Grenzen gesetzt.

Und nur, weil ich auf einer späteren Entwicklungsstufe prinzipiell in der Lage wäre, mich emotional auf eine frühere Stufe einzufühlen bedeutet das noch lange nicht, dass ich diese Fähigkeit auch wirklich ausgeprägt habe. Und damit sind wir beim Trainieren von Empathie.

Um Empathie trainieren zu können, gefällt mir der Ansatz von Nathan Spreng ziemlich gut. Er hat einen Fragebogen (Toronto Empathy Questionaire) entwickelt, mit dem es möglich ist, die Empathie zu operationalisieren. Damit kommen wir von einem philosophischen Begriff zu tatsächlich erlernbaren, bzw. trainierbaren Kompetenzen.

Spreng misst Empathie in fünf Dimensionen:

  • Korrektes Entschlüsseln nonverbaler Botschaften
  • Die gleichen Gefühle wie andere empfinden
  • Ähnliche Gedanken und Erinnerungen erleben
  • Auslösen gleicher körperlicher Reaktionen, wie Herzschlag, Enge, „feuchte Hände“
  • Auslösen helfender oder unterstützender Handlungsimpulse

Interessant finde ich dabei, dass sich in den Kategorien der Dreischritt von Wahrnehmen-Bewerten-Handeln wiederfindet.

Das Wahrnehmen der nonverbalen Botschaften, die aus meiner Sicht neben Körperhaltung, Gestik, Mimik, Stimmmodulation, Tonlage auch schwerer zu erkennende Elemente wie Micro-Expressions, Muskeltonus und weitere subtile Merkmale umfassen ist dabei der erste Schritt. Das kann trainiert werden, indem man genau beobachtet, auf Unterschiedlichkeit achtet ohne direkt zu bewerten oder in Gruppen sehr bewusst in Begegnungsübungen geht. Dabei ist es sinnvoll, sowohl auf das wirklich beobachtbare, objektive ebenso zu achten wie auf die eigenen inneren, eher subjektiven Reaktionen.

Das Entschlüsseln der Wahrnehmung, gleiche Gefühle haben oder ähnliche Gedanken zu haben ist dann der Schritt der Bewertung. Die eingehenden Informationen müssen ausgewertet und bewertet werden. Welche Anzeichen scheine ich zu verstehen, welche Anzeichen sind mir unklar. Wie erzeuge ich in mir das innere Bild der Begegnung?

Hier gilt es insbesondere die Hypothesenbildung sehr bewusst in den Blick zu nehmen. Und diese Hypothesen immer weiter und feiner zu untersuchen. Wie gut kann ich mich in die Welt meines Gegenübers hineinversetzen? Wie gut kann ich nachfühlen, was gefühlt wird, welche Denkmodelle kann ich nachvollziehen?

Dabei erfolgt die Entschlüsselung zu gewissen Teilen auch unbewusst, was sich oft in Körperreaktionen zeigt. Auch dafür gilt es immer aufmerksamer zu werden und diese Körperreaktionen auch in den eigenen Reflexionsprozess mit einzubeziehen.

Wo sind die Welten der Anderen auch so gänzlich unterschiedlich von meiner?

Dann ergibt sich das Feld der Handlung. Aus der Bewertung erfolgt ein Handlungsimpuls. Der kann ja sogar sein, dass man nicht handelt. Hier geht es dann darum, die Handlung auf Basis der ausgewerteten Informationen, der eigenen Haltung und des eigenen Zustands und der relevanten Ziele optimal zu gestalten. Dabei ist Kommunikation natürlich ein wesentliches Element, jedoch nur noch der sichtbare Ausdruck. Hier gilt es dann ebenso die Prozesshaftigkeit des Lebens zu begreifen und zu berücksichtigen. Manchmal ist ein sachlich richtiges Argument gerade einfach nicht zielführend. Sind beispielsweise die Kommunikationspartner nicht in Bindung, also nicht ausreichend in emotionaler und kognitiver Synchronisation, wird das Argument nicht richtig ankommen oder auf einer anderen Ebene der Kommunikation ankommen.

Was folgt daraus?

Somit kann man Empathie in drei Kategorien (emotional, kognitiv, sozial) und in drei Lernfeldern trainieren. Und daraus ergeben sich folgende Fragen, die ich einfach mal anbiete:

  • Wie steht es um meine Wahrnehmung im Bereich der emotionalen Empathie? Welche Hinweise beim Gegenüber und in mir nehme ich wahr?
  • Wie gut kann ich die Hinweise auf die Gefühle meines Gegenübers verarbeiten und ihnen die Bedeutung geben, die es bei dem Gegenüber wirklich hat?
  • Und wie kann ich zwischen meinen Gefühlen und den Gefühlen des Gegenübers unterscheiden?
  • Wie passend kann ich meine Empathie dann zielgerichtet in Handlung überführen, damit eine für alle Beteiligten gedeihliche Situation entsteht?
  • Wie steht es um die Wahrnehmung im Bereich der kognitiven Empathie?
  • Welche Hinweise und Nuancen nehme ich am Gegenüber und bei mir wahr?
  • Wie gut kann ich mich in die gedankliche Welt meines Gegenübers hineinversetzen, dass ich seine Perspektive und Schlussfolgerungen nachvollziehen oder gar vorhersagen kann?
    Das geht übrigens, ohne seine eigene Meinung aufzugeben….
  • Wie gut kann ich die Perspektive des Anderen mit meiner eigenen Perspektive in einer Art und Weise zusammenbringen, dass ich mit meinem Gegenüber zu Einigungen der Perspektiven und Inhalte gelange, die für alle Beteiligten gedeihlich sind?
  • Wie gut kann ich in einer Gruppe die individuellen und kollektiven Signale wahrnehmen? Welche Hinweise finde ich in der Gruppe sichtbar und was kann ich dazu in mir wahrnehmen?
  • Wie gut kann ich die Hinweise zur Gruppe verstoffwechseln und damit zu passenden inneren Bildern des sozialen Systems gelangen?
  • Übrigens ist das eine Variante, wie man systemische Aufstellungen verwenden kann, was insbesondere im Bereich der Organisationsaufstellungen nützlich ist.
  • Wie gelingt es mir dann, in einer Gruppe eine Kohäsion herzustellen und mit der gesamten Gruppe Ziele zu erreichen und gedeihliche Situationen zu erzeugen?

Wie immer wünsche ich viel Vergnügen und spannende Erkenntnisse mit den Fragen.

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Gesunder Menschenverstand ist „Quatsch“… https://heiko-veit.com/blog/gesunder-menschenverstand-ist-quatsch/ https://heiko-veit.com/blog/gesunder-menschenverstand-ist-quatsch/#comments Mon, 15 Jun 2020 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/gesunder-menschenverstand-ist-quatsch/ Weiterlesen

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Mal ganz ehrlich…

Wie oft tauchte schon der Gedanke auf: „Meine Güte, warum machen die das so kompliziert. Können wir nicht einfach mit gesundem Menschenverstand an die Sache herangehen?“

oder

„Wie konnte das passieren? Mit ein bisschen gesundem Menschenverstand hätte man das doch vermeiden können.“

Dieser Gedanke ist erst einmal einleuchtend. Wie so vieles, wenn wir nicht mal etwas genauer darüber nachdenken.

Was bedeutet denn „gesunder Menschenverstand“?

Wikipedia (und lassen wir mal die Diskussion über den Sinn und Unsinn dieser „Quelle“ bei Seite) sagt dazu:

„Der Ausdruck gesunder Menschenverstand bedeutet den einfachen, erfahrungsbezogenen und allgemein geteilten Verstand des Menschen bzw. dessen natürliches Urteilsvermögen.“

Lassen wir das doch mal einen kurzen Augenblick wirken:

  • einfach
  • erfahrungsbezogen
  • und allgemein geteilt….

Falls Du gerade lachst, herzlichen Glückwunsch. Wir haben hier die Kombination von “einfach”, „erfahrungsbezogen“ und „allgemein geteilt“.

Nehmen wir die Definition mal Ernst

Das bedeutet, ich kann gesunden Menschenverstand nur in einer Gruppe anwenden, die einen gleichen Erfahrungsraum hat, der auch noch allgemein geteilt wird, also bei dem sich die Bedeutungsgebung und die Reflexion der Erlebnisse auch noch gleich verhält. In AQAL-Sprache würden wir da von einer sehr hohen Übereinstimmung im linken unteren Quadranten sprechen. Und da haben wir mal wieder unsere Probleme… schließlich machen Menschen sehr unterschiedliche Erfahrungen, haben sehr unterschiedliche mentale Modelle, mit denen sie Ihre Erfahrungen reflektieren.

Und das bedeutet zusammengefasst, dass immer, wenn ich „gesunder Menschenverstand“ sage, ich in Wirklichkeit sage, dass ich mit meinem Hintergrund, meinen Erfahrungen, meinem Lebensweg, meinen Ausbildungen, meinen eigenen Prägungen, ….., etwas in einer bestimmten Art tun würde. Damit ignoriere ich –mehr oder weniger-, dass jeder Mensch eine sehr individuelle Sicht auf das Leben hat, wir alle unterschiedliche Hintergründe/Ausbildungen/Erlebnisse haben und dergleichen mehr.

Und darüber hinaus mache ich mir üblicherweise nicht (mehr) klar, was eigentlich meine Kriterien, meine Überlegungen, meine Schlussfolgerungen sind, die ich in einer Situation ansetze.

Also, wenn Du das nächste Mal bemerkst, dass Du „vom gesunden Menschenverstand“ sprechen möchtest, mach doch mal stattdessen folgende Übung und schau, was Du dann wirklich sagen magst:

  • Was meinst Du in diesem Fall konkret mit „gesundem Menschenverstand“?
  • Welche Aktivitäten, Methoden, Strategien verwendest Du in der Situation -meistens ja unbewusst?
  • Welche Kriterien ziehst Du heran, um zu beurteilen, ob es gesunder Menschenverstand ist?
  • Welche Erfahrungen haben Dich geprägt?

Mit Erfahrungen meine ich hier übrigens alles, was Du reflektieren kannst, Deine Erlebnisse, Deine Aus- und Weiterbildungen, Dein privater Hintergrund, Deine Lebenssituation heute und in der Kindheit….

Wie kann ich meine Erkenntnisse formulieren, damit mein Gegenüber von meiner Sichtweise profitiert?

Und viel Spaß und interessante Erkenntnisse bei der eigenen Erkundung mit diesen Fragen. 

Lass Dich überraschen, zu welchen anderen Lösungen ihr auch in einem Team kommt, wenn ihr an Hand konkreter Situationen Eure Erfahrungshintergründe austauscht und lösungsorientiert einsetzt…. 

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Macht Teil 3: Macht als Bestandteil von Veränderungsprozessen https://heiko-veit.com/blog/macht-als-bestandteil-von-veraenderungsprozessen-teil3/ https://heiko-veit.com/blog/macht-als-bestandteil-von-veraenderungsprozessen-teil3/#comments Tue, 02 Jun 2020 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/macht-als-bestandteil-von-veraenderungsprozessen-teil3/ Weiterlesen

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Nach ein paar grundlegenden Überlegungen zu Macht in der Organisation beleuchte ich hier mal die Perspektive von Machtumverteilung in Veränderungsprozessen. Und weise auch kurz auf den Unterschied bei Machtumverteilung in lateralen und vertikalen Veränderungsprozessen hin.

Nachdem ich über die individuelle Macht geschrieben habe, bekam ich ein paar Rückfragen zu Macht in Organisationen. Daher habe ich in meinem zweiten Beitrag die individuellen Machtkonzepte in den Organisationskontext gesetzt. Jetzt geht es um Macht in Veränderungs- und Transformationsprozessen aus einer ersten Perspektive. In einem nächsten Artikel schaue ich dann mal auf die Herausforderungen des Individuums in diesem Kontext. Und Fragen gerne an mich, dann kann ich damit drauf eingehen: hvt@heiko-veit.de.

Also, wie angekündigt, erst einmal ein paar Gedanken zu der Perspektive des Systems Organisation.

Dazu möchte ich an die Unterscheidung erinnern, ob es sich um eine laterale/horizontale Veränderung oder um eine vertikale Veränderung/Transformation geht. Ja, ich bin mir darüber bewusst, dass das in der Praxis nicht immer trennbar ist, aber für die Reflexion ist das erst mal eine nützliche Unterscheidung.

Was ist das also für ein Unterschied?

Bei einer lateralen Veränderung ändert sich die wesentliche Weltsicht und der Komplexitätsgrad nicht. Das ist eine Entwicklung auf ein und dergleichen Entwicklungsstufe. Dabei kann es erst einmal schon umwälzend aussehen, die grundsätzliche Handlungslogik und die gelten Kulturregeln der Organisation bleiben aber unverändert.

Ein aktuelles Beispiel ist, dass an vielen Stellen agile Techniken und Praktiken verwendet werden, jedoch der kulturelle Wandel und die damit verbundenen Haltungsveränderungen nicht wirklich passieren. Agile Techniken werden dann als ein Element für Effektivität oder Effizienz verwendet. Was vielen Organisationen sehr gut tut und zu deren Gesundung beiträgt, aber eben noch keinen wirklichen Paradigmenwechsel darstellt.

Oft finden laterale Veränderungen eher im objektiv-sichtbaren Bereich statt, beispielsweise die Veränderung einer Organisationsstruktur. Es können sich hier auch Haltungen und Werte ändern, aber die bleiben dann meistens auf der gleichen Entwicklungsstufe.

Wenn wir uns in dem Kontext das Thema Macht anschauen, dann reden wir darüber, dass die soziale Macht, also die Verantwortung, die eine Rolle oder Abteilung hat, umverteilt werden soll.

Dazu kurz ein Schritt zurück auf die (nächste) Metaebene:

Eine Organisation ist ja unter anderem ein Mittel, um die Spannungsfelder unterschiedliche Zielstellungen auszubalancieren. Und Macht bedeutet, eine Zielstellung durchzusetzen.

Aus rein organisatorischer Perspektive ist dann also die Frage: Welche Spannungsfelder habe ich in der Organisation? Und wie will ich diese gestalten? Und dabei ist es unerheblich, ob es sich um die primären Spannungsfelder vom Markt oder die sekundären Spannungsfelder aus der internen Organisation, Menschen oder sonstigen Ressourcen handelt.

Somit ist das Thema Macht hier relativ trivial:

Hier geht es darum, bisherige Machtbereiche anders zu schneiden und anders zu verteilen. Und damit gilt es folgende Fragen zu beantworten:

  • Was sind die Treiber für den Veränderungsprozess?
  • Was sind die Ziele?
  • Welche Rahmenbedingungen nehmen wir an, unter denen Treiber und Ziele sinnvoll sind und sind die noch gültig?

Wenn man diese, gemeinsam mit einer Kontextanalyse gut reflektiert hat, ist der nächste Schritt relativ einfach. Man definiert, welche Macht, welcher Einfluss in Zukunft wo liegen soll. Zumindest aus der Perspektive des Systems Organisation ist das einfach… ich schreibe ja noch nicht über das Individuum und die dort eventuell empfundenen Verluste.

Bei einer vertikalen Veränderung ändert sich die grundlegende Handlungslogik, die Weltsicht, die Art und Weise, wie die Organisation sich und Ihrer Umwelt Bedeutung gibt, es ändern sich die Grundprämissen. DAS ist eine wirkliche Transformation.

Wenn Agilität wirklich in die DNS einer Organisation einsickert, ändern sich die Bedeutungsgebungsmuster, die Kultur ändert sich. Eventuell werden die agilen Praktiken aus dem Lehrbuch sogar komplett über den Haufen geworfen, weil in dem speziellen Fall bessere Wege gefunden werden, die Aufgabe der Organisation zu lösen. Es gibt ja viel Bewährtes für Flexibilität jenseits der Agilitätswelle.

In einem solchen Fall hat man nicht mehr die Diskussion über die jährliche starre Budgetplanung, die dann doch nicht zum iterativen Vorgehen passt. Es ist kein Thema mehr, dass eine Person eventuell nicht die Entscheidungskompetenz für ein Produkt hat. Eventuell gibt es sogar keine klassischen Führungskräfte mehr…

Und dennoch, auch in dem Fall gilt es Spannungsfelder zu managen und Macht einzusetzen, damit etwas geschieht. Hier kommt es nicht nur zu einer Umverteilung der Macht auf andere Rollen oder Abteilungen. Eine Umverteilung der Macht muss hier mehr oder weniger stärker in die Wertschöpfungsprozesse des Systems erfolgen. Wie können wir Prozesse und Strukturen gestalten, die eine Umverteilung der Macht bewirken und was wollen wir damit überhaupt erreichen?

Auch hier gilt es wieder die Treiber der Veränderung bewusst in den Blick zu nehmen. Da helfen die üblicherweise benutzten Begriffe wie „Stärkung der Anpassungsfähigkeit an den Markt“ nur sehr bedingt weiter. Die für diese Organisation gültigen Treiber und Spannungen herauszufinden ist eine wichtige Aufgabe. Das ist spannend und herausfordernd, vor allem, wenn wir irgendwann in die Richtung post-konventioneller Organisationen gelangen.

Jetzt ist der Beitrag schon sehr lang geworden und ich habe mich nur dem Aspekt der sozialen Macht gewidmet. Die intellektuelle Macht, die ja auch durchaus etwas mit Information, Wissen und Ausbildung zu tun hat, ist ein weiterer Aspekt, der wesentlich ist. Ebenso die emotionale Macht, die in Organisationen ja oft in den Netzwerken zu sehen ist. Daher mal ein paar Frage, die über die soziale Macht hinaus gehen:

  • Wo erlebe ich in meiner Organisation intellektuelle Machtverteilung?
  • Wer hat/behält Wissen?
  • Wer sammelt Informationen und wo erlebe ich deren Weitergabe als gefiltert?
  • Wo erlebe ich in meiner Organisation den Einsatz von emotionaler Macht?
  • Wo findet eine eher anziehende Art mit emotionaler Macht umzugehen statt?
  • Und wo erlebe ich die eher angstfördernden Arten mit emotionaler Macht umzugehen?
  • Wo erlebe ich den Einsatz von physischer Macht in der Organisation, beispielsweise in der Raumgestaltung?
  • Wo sehe ich heute (beliebige) Machtverhältnisse aus objektiven Gründen an der falschen Stelle verortet?
  • Und welche Gründe sind das?
  • Wo sind in meiner Organisation Machtelemente bereits in Prozesse oder strukturierte Gruppen überführt worden?
  • Welche Erfahrungen habe ich mit der Übertragung von Macht von Personen zu Strukturen oder Prozessen gemacht?

Und ja, es geht mit dem Thema Macht weiter…

spannend. Als ich anfing, war ich mir noch gar nicht bewusst, wie breit das Thema eigentlich ist. Und ich folge ja auch nur einem von vielen möglichen Fäden.

Übrigens, diese Artikel zum Thema Macht könnten auch noch interessant sein:

Macht Teil 2: Macht in Organisationen 

Macht Teil 1: Macht oder Ohnmacht - Was wir als Kinder lernen sollten?

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Ich habe auf meinen letzten Artikel zum Thema „Macht oder Ohnmacht“ ein paar Fragen erhalten. Daher ergänze ich meinen ersten Beitrag zur persönlichen Macht und bringe ein paar Aspekte im Kontext Organisationen mit auf.

In Beitrag „Macht oder Ohnmacht“ habe ich ja den Schwerpunkt auf die individuelle Macht und wie wir uns selbst in unserer Machtausübung optimieren können eingegangen. Damit geht es klassischerweise um unsere Fähigkeit Interessen und Entscheidungen durchzusetzen, eben etwas zu machen.

Zwei Formen der in dem ersten Artikel angesprochenen Machtarten möchte ich für Organisationen besonders erläutern. Die soziale Macht wird beispielsweise durch die Autorisierung in einer Organisation erhöht. Durch eine Rolle oder Hierarchiestufe wird mir formell eine soziale Macht übertragen. Das ist insbesondere die disziplinarische Macht.

Eine zweite Machtform in Organisationen wird oft als Informations- oder Expertenmacht bezeichnet. Durch Wissen oder Expertise kann ich besonders Einfluss nehmen. Das zählt dann im Allgemeinen zur intellektuellen Macht.

In einer Organisation (einem sozialen System) ist Macht eine feste Größe. Das ist vergleichbar mit der Energie in einem geschlossenen physischen System: Die Energie kann sich umverteilen, umformen oder umwandeln, sie wird jedoch niemals mehr oder weniger.

Um sich das vorzustellen, nehmen wir ein kleines soziales System aus zwei Personen mit gegensätzlichen Interessen:

Wenn einer von Beiden ein Interesse durchsetzt, sinkt automatisch die Macht des Anderen.
Wenn beide die gleiche Macht haben, passiert nichts, die Macht ist dann gleichverteilt.
Wenn jemand jetzt beispielsweise durch den Einsatz von Überzeugung (intellektueller Macht) den anderen überzeugt, ist die Macht von der Gleichverteilung auf eine Person übergangen.

In jedem sozialen System ist ein Machtgefälle unter den Mitgliedern normal. Selbst wenn die Macht durch Autorisierung in einer Organisation bei allen gleich verteilt wäre, weil es anstelle einer Hierarchie eine andere Form der Entscheidungssteuerung gäbe, hätten die Mitglieder auf Grund unterschiedlicher Leben und Vorerfahrungen höchst wahrscheinlich unterschiedliche Machtkompetenz. Denn es reicht ja, etwas weniger konfliktscheu, etwas besser rhetorisch geschult, etwas besser vernetzt zu sein, etwas besser emotionale Bindung eingehen zu können, um eine Machtverteilung zu verschieben. Und ob sich bei völliger Machtgleichverteilung überhaupt etwas bewegen würde… auch eine interessante Frage. 😉

Wir sehen also, es gibt im Spiel der Kräfte/Mächte eine Menge Variablen, die sich aber dennoch auf einer Muster und Kategorienebene relativ gut beschreiben lassen.

Das Wort Macht kann man in Deutschland kaum aussprechen, ohne dass sich gleich eine Verbindung zum Wort Machtmissbrauch ergibt. Wenn man aber Macht einmal so betrachtet, wie ich es in diesem und dem vorhergehenden Artikel dargestellt habe, kann man vielleicht einmal einen etwas neutraleren Blick auf Macht bekommen.

In einem kommenden Beitrag befasse ich mich mal mit der Verschiebung von Macht in Veränderungsprozessen und im Übergang von konventionellen zu post-konventionellen Organisationen.

Bis dahin wäre folgendes vielleicht mal bedenkenswert:

  • Welche Machtverteilung erlebe ich gerade in meinen sozialen Systemen?
  • Welche Veränderungen in der Machtverteilung erlebe ich gerade?
  • Mal angenommen, ich möchte unter Berücksichtigung des Kontexts (z.B. meiner Rolle, den Organisationszielen, …) die Machtverteilung verändern, welche Form der Macht müsste ich bei mir steigern

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Macht oder Ohnmacht – Was wir als Kinder lernen sollten https://heiko-veit.com/blog/macht-oder-ohnmacht-was-wir-als-kinder-lernen-sollten/ https://heiko-veit.com/blog/macht-oder-ohnmacht-was-wir-als-kinder-lernen-sollten/#comments Sat, 02 May 2020 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/macht-oder-ohnmacht-was-wir-als-kinder-lernen-sollten/ Weiterlesen

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In manchen Organisationen habe ich den Eindruck, Menschen haben die Ihnen inne wohnende Macht abgegeben. Es erscheint mir an der Zeit, sich mal mit der Macht etwas genauer zu befassen.

Macht – was löst das Wort an Vorstellungen aus? Was verbinden wir mit dem Begriff und was sind unsere inneren Bilder dazu? Wie nah ist Macht an Unterdrückung und (Macht-) Missbrauch?

Wenn wir mal ganz grundlegend auf Macht schauen, dann ist das die Möglichkeit oder Fähigkeit, dass jemand etwas bewirken oder beeinflussen kann.

Macht hat also etwas mit Machen zu tun.

Als Kind erproben und lernen wir, wenn es denn gut geht, vier mögliche Ausdrucksformen der Macht:

Intellektuelle Macht

Wir überzeugen, als Kind mit oftmals sehr unpassenden Argumenten, aber das macht es nicht weniger bedeutsam, was wir hier lernen. Argumentieren, überzeugen und Unterstützung gewinnen, unsere Meinung so mitteilen, dass wir andere bewegen ist intellektuelle Macht

Emotionale Macht

Die Wirkung unserer Gefühle und auch die Fähigkeit des Mitgefühls sind hier die wesentlichen Aspekte. Wer kennt nicht das Kind, welches weint, um seinen Willen durchzusetzen. Unsere eigene emotionale Lage ehrlich und authentisch offen zu legen, ist eine Option, um Menschen zur Kooperation zu bewegen.

Physische Macht

Natürlich darf die körperliche Variante der Macht nicht fehlen. Hier geht es nicht nur um die Muskulatur, sondern natürlich auch um verschiedene sachliche Hilfsmittel der Macht. Wenn auch in vielen Büros diese Variante der Macht eigentlich nicht mehr angebracht ist, so ist sie häufig gut zu erkennen. Ein sich körperlich Aufbauen ist auch ein Aspekt von physischer Macht. Den besten Platz im Raum einnehmen und dergleichen mehr.

Soziale Macht

Wir Menschen schaffen immer wieder soziale Regeln, die unsere Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen steuert. Über die Nutzung dieser Regeln erzeugen wir eine soziale Macht. Auch ein demokratisches Abstimmen ist Teil einer sozialen Macht.

In der Praxis verwenden wir oft verschiedene Kombinationen dieser Arten der Machtausübung. Hier ist mal eine kleine Reflektion spannend:

  • Welche Varianten der Macht setze ich bevorzugt ein?
  • Welche Variante setze ich niemals ein?
  • Welche Variante setze ich ein, obwohl ich mir dessen gar nicht bewusst bin?
  • Auf welche Varianten der Macht reagiere ich besonders?
  • Bei welcher Varianten von Macht stelle ich meine eigene Macht zurück und bin eingeschüchtert?

Die Machtausübung hat darüber hinaus fünf Phasen, die wir durchlaufen müssen, damit unsere Machtausübung gelingt und uns auch erfüllt:

Autonomie

Die Klarheit, dass wir für uns selbst Macht ausüben können. Wir dürfen Bedürfnisse, Wünsche, Ziele und Absichten haben und uns für deren Erfüllung und Erreichung einsetzen und etwas „machen“.

Initiative

Wir müssen beginnen. Wir müssen aktiv starten und etwas auf den Weg bringen

Durchhalten

Nachdem wir gestartet haben, müssen wir auch den Weg weiter gehen. Ob es sich hierbei um Disziplin handelt oder um Leichtigkeit, das ist wohl sehr individuell. Aber wir müssen konsequent weitergehen, es sei denn, wir erkennen, dass der eingeschlagene Weg falsch ist. Dann können wir eine neue Entscheidung treffen.

Vollenden

Wir müssen nicht nur Durchhalten, wir müssen es auch zu einem Abschluss bringen. Und dabei steht uns manchmal eine falsche Erwartung an Perfektion im Weg.

Feiern

Nachdem wir etwas vollendet haben, geht es auch darum den Erfolg zu feiern, damit wir die Erfüllung auch erleben und nicht gleich dem nächsten nachhecheln.

Und auch hier stellen sich spannende Fragen:

  • Mit welcher Phase habe ich die größten Probleme?
  • Welche Phase lebe ich nicht?
  • Was fällt mir besonders schwer oder worauf muss ich einen besonderen Augenmerk legen?
  • Wo brauche ich vielleicht noch Unterstützung?

Ich wünsche viel Erfolg und Freude beim „machen“, beim Macht ausleben und dass Sie Ihre Macht immer für stimmige und gute Ziele einsetzen mögen. Zu ihrem Wohl und zum Wohl des Ganzen.

Weitere spannende Beiträge zum Thema Macht:

Macht Teil 2: Macht in Organisationen

Macht Teil 3: Macht als Bestandteil von Veränderungsprozessen

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Scheitern, auch nur eine Kernkompetenz? https://heiko-veit.com/blog/scheitern-auch-nur-eine-kernkompetenz/ https://heiko-veit.com/blog/scheitern-auch-nur-eine-kernkompetenz/#comments Thu, 02 Apr 2020 12:47:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Persönlichkeitsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/scheitern-auch-nur-eine-kernkompetenz/ Weiterlesen

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Überall kann man von den Umbrüchen unsere Zeit lesen, neue Technologien, neue Geschäftsmodelle, neue Paradigmen…

Manchmal fragt man sich, ob wirklich nichts von dem, was früher funktioniert hat, heute noch eine Bedeutung hat.

Welche Rolle spielt da das Scheitern?

Unabhängig davon, dass ich der Meinung bin, dass das Neue immer auf den Schultern des Vergangenen steht und wir eine gesunde Basis benötigen, um den anstehenden Herausforderungen unserer Zeit gut begegnen zu können, möchte ich heute mal das Scheitern in den Blick nehmen.

Als ich bei einem Kunden letztens die Aussage machte: „Das Projekt ist offensichtlich gescheitert!“, betrat eine nahezu greifbare Todesstille den Raum. Einige Personen schauten auch sehr schockiert. Alleine das Wort Scheitern hatte eine unglaublich einfrierende Wirkung.

In dem folgenden Dialog erkannte ich, welche unglaublichen Vorstellungen sich um das Wort „scheitern“ ranken.

Lassen Sie das Wort einfach mal auf sich wirken: Scheitern! Gescheitert!

Welche Gedanken und Gefühle kommen Ihnen dabei hoch?

Anscheinend ist es weit verbreitet, dass Scheitern etwas endgültiges ist. Und darüber hinaus noch etwas, dem nichts Gutes abzugewinnen ist. Scheitern bedeutet schnell das Licht auszumachen, den Eingang zuzumauern und nie wieder einen Blick auf das zu werfen, was in dem Raum mit dem bösen Etikett „scheitern“ zu finden ist.

Im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache findet man als Bedeutung:
ein angestrebtes Ziel o. Ä. nicht erreichen, keinen Erfolg haben
misslingen, missglücken, fehlschlagen
oder mit der Ergänzung „veraltend“: zerschellen, stranden

Da ist nicht wirklich etwas von einer Katastrophe zu finden. Vielleicht ein klein wenig in der veraltenden Bedeutung. Doch was muss eigentlich passieren, dass wir zerschellen oder stranden können?

Das sind ja Metaphern aus der Schifffahrt. Und das kann eigentlich nur passieren, wenn man neue oder besonders riskante Wege befährt.

Wenn wir Scheitern vermeiden wollten, dürften wir immer nur auf bekannten Pfaden gehen. Und selbst dann wäre es noch nicht garantiert, dass wir nicht scheitern. Denn es kann ja immer noch Umstände geben, die wir nicht vorhersehen können.

Im Umkehrschluss bedeutet es, dass wir jedes Mal, wenn wir etwas Neues probieren, die Gefahr des Scheiterns eingehen müssen. Damit meine ich nicht kopf-, herz- oder bauchlose Hektik, sondern ein bewusstes Experimentieren, ein Ausprobieren von Neuem, ein Schritt-für-Schritt vorangehen und ganzheitlich reflektieren.

Dazu gehört auch das Anerkennen, wenn etwas nicht funktioniert hat. Mit Anerkennen meine ich weder eine Schuldigensuche, noch ein Ignorieren. Jedes Scheitern ist eine Einladung genauer hinzuschauen.

Ein paar hilfreiche Anregungen dabei könnten sein:

  • Was hat schon funktioniert?
  • Bis wohin hat etwas funktioniert?
  • Wer würde das als funktionierend beurteilen?
  • Und was sind überhaupt unsere Kriterien für „funktionierend“?
  • Wo waren die Grenzen?
  • Was hätten wir noch bedenken können oder sollen?
  • Welche Grundannahmen waren falsch?

Bei jedem Scheitern muss auch geprüft werden, was aktuell zu tun ist, um eventuell kritische Auswirkungen nicht eintreten zu lassen oder um eingetretenen Schaden wieder zu reparieren.

Und dann gilt es den nächsten Schritt zu unternehmen, das nächste Experiment zu wagen. 

Ganz im Sinne von Samuel Becket:

Alles seit je.

Nie was anderes.

Immer versucht.

Immer gescheitert.

Einerlei.

Wieder versuchen.

Wieder scheitern.

Besser scheitern.

Samuel Becket

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Manchmal treffen sich meine Entscheidungen ohne mich https://heiko-veit.com/blog/entscheidungen-treffen-sich-manchmal-ohne-mich/ https://heiko-veit.com/blog/entscheidungen-treffen-sich-manchmal-ohne-mich/#comments Mon, 02 Mar 2020 12:49:00 +0000 Entwicklungsbegleitung Persönlichkeitsentwicklung Führung https://heiko-veit.com/blog/entscheidungen-treffen-sich-manchmal-ohne-mich/ Weiterlesen

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Die Kraft der Entscheidung, die Kraft zu entscheiden

Von den ganz trivialen Fragen der Kleidung bis hin zu Fragen des Jobwechsels, jeden Tag treffen wir Millionen von Entscheidungen. Wie wir sitzen, wie wir blicken, was wir anziehen, was wir essen, ob wir freundlich zu den Menschen um uns herum sind oder nicht…

Manche Entscheidungen fallen uns leicht, über viele denken wir gar nicht bewusst nach und dennoch ist es eine Art von Entscheidung. Und die Summe unserer Entscheidungen hat uns genau dahin im Leben geführt, wo wir gerade sind.

Es ist eine äußerst spannende Frage, wie bewusst ich mir meiner Entscheidungen eigentlich bin, was ich zur Grundlage meiner vielen, auch automatisierten, Entscheidungen mache, aber darauf will ich heute mal nicht fokussieren. Heute geht es mir darum, mal die Idee verschiedener Arten von Entscheidungen dar zu legen.

Ein paar Arten sind:

Klare Entscheidungen

Ich weiß, was ich will und kann mich daher leicht entscheiden. Es gibt auch keine sonderlichen Hindernisse oder Erschwernisse. Das macht uns im Allgemeinen keine Probleme.

Pro- und Contra-Entscheidungen

Eine Liste mit Pro und Contra-Punkten gibt ein sehr eindeutiges Bild. Man kann die verschiedenen Punkte auf der Liste vielleicht auch noch gewichten, aber eigentlich ist sehr klar, was die Entscheidung ist. Hier gibt es eigentlich nichts zu entscheiden, weil die Kriterien einfach gesetzt werden können und die sachliche Ebene eine Richtung vorgibt. Das bedeutet ja nicht, dass es keine emotionalen oder anderen Hürden gibt, dass wir die Entscheidung nicht treffen WOLLEN, das ändert aber nichts daran, dass die Entscheidung eigentlich klar ist und wir nur noch ein wenig „zicken“…

Egal-Entscheidungen

Das Leben fordert von uns eine Entscheidung, aber eigentlich ist es egal, wie wir uns entscheiden, denn in jedem Fall haben wir bestimmte Nachteile und Vorteile und keine der Entscheidungen hat einen wesentlichen Einfluss auf unser Leben.

Intuitive Entscheidungen

Wir wissen spontan, was wir wollen und blockieren uns eventuell, weil es sachliche Argumente gibt, warum diese Entscheidung doch nicht einfach so sein darf. Was machen wir da gerade zum Maßstab für unsere Entscheidung ist eine spannede Frage.

Unbewusste Entscheidungen, Reaktionsmuster

Ganz oft reagieren wir auf unsere Umwelt als seien wir im Autopilotmodus. Vollautomatisiert lächeln wir, grüßen, holen uns einen Kaffee, schreiben im Termin mit und dergleichen mehr. Hier macht uns die Entscheidung selbst selten Probleme. Jedoch können die Auswirkungen verheerend sein. Denn hier reproduzieren wir alte Muster. Mit einer höheren Bewusstheit können wir viel in unserem Leben verändern.

Um mal ein nicht ganz so verheerendes Beispiel zu nehmen:

Iss einfach mal ganz bewusst und frage Dich nach jedem Bissen, ob Du noch Hunger hast, ob es Dir schmeckt und ob Du wirklich noch weiter essen möchtest. Viel Spaß mit den Erfahrungen.

Und viele weitere Varianten könnte man ergänzen…

Jede Entscheidung gibt unserem Leben eine Richtung. Mal hat sie einen großen Einfluss, mal einen kleinen. Mal sorgt eine Entscheidung für das Beibehalten der alten Richtung, mal sorgt sie dafür, dass wir wirklich etwas ändern.

Egal wie wir die Entscheidung treffen und egal welche Art von Entscheidung wir vor uns haben, jedes Mal geben wir eine Antwort. Und damit haben wir auch die Verantwortung.

  • Und vielleicht wäre da manchmal etwas mehr Bewusstheit und Aufmerksamkeit sinnvoll….
  • Welche Entscheidungen hast Du heute schon getroffen?
  • Tragen sie dazu bei, Dich mehr zu dem werden/sein zu lassen, der Du sein willst?
  • Welche Entscheidungen stehen gerade an?
  • Wie möchtest Du diese Entscheidungen treffen?
  • Welche Entscheidungen sind trivial und auf welche möchtest Du wirklich achten?
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Ein kurzer Blick auf Spiral Dynamics - mit Differenzierungen! https://heiko-veit.com/blog/spiral-dynamics/ https://heiko-veit.com/blog/spiral-dynamics/#comments Sat, 15 Feb 2020 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung Entwicklungsbegleitung Vertikale Entwicklung Bewusstseinsentwicklung https://heiko-veit.com/blog/spiral-dynamics/ Weiterlesen

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Spiral Dynamics wurde von Don Beck und Christopher Cowan auf der Grundlage von Dr. Clare W. Graves' Forschung in den 1950er Jahren entwickelt. Als Psychologieprofessor am Union College erforschte Dr. Clare W. Graves von den 1950er bis zu den 1980er Jahren, was Menschen antreibt und glücklich macht. Dabei entdeckte er, dass in der menschlichen Entwicklung eine Reihe abgetrennter Stadien zu unterscheiden sind. In jedem dieser Stadien, die in Spiral Dynamics als Wertesysteme oder Meme bezeichnet werden, haben Menschen andere Motivationen, Triebfedern und daraus resultierende Bewältigungsmechanismen. Jedes dieser Wertesysteme entsteht durch die Interaktion mit spezifischen Lebens- und Arbeitsumständen.

In meinen Betrachtungen habe ich immer eine Entwicklungsperspektive als Hintergrundfolie. Ich setze mittlerweile als Entwicklungsmodell für Einzelpersonen vor Allem STAGES, ein Ich-Entwicklungsmodell ein. Und für die Entwicklung von Gruppen und Organisationen verwende ich zur Beschreibung lieber Anwendungen der Theory of Process.

Allerdings habe ich davor lange Spiral Dynamics verwendet und finde es auch eine noch ein anregendes Modell für die Entwicklung von Weltsichten. Eine Weltsicht oder Meme ist dabei stark vereinfacht eine Mischung aus Umweltbedingungen und Bewältigungsmechanismen, weniger die Entwicklungsstufe des Bewusstseins.

Die Weltsichten und die dazugehörigen Werte haben sich im Laufe der menschlichen Evolution herausgebildet. Wichtig ist, dass es sich um ein Entwicklungsmodell und nicht um eine Typologie handelt. Auf jeder Stufe weitet sich mein Blick und ich nehme mehr Elemente auf, werde flexibler und offener.

Dabei gilt, dass keine Stufe übersprungen werden kann.

Die Unterscheidung, ob ich Spiral Dynamics auf eine Person oder auf eine Gruppe von Personen anwende, ist auch nochmal relevant und wichtig. So können einzelne Personen andere Weltsichten haben, als die Weltsicht, die sich in einem Gruppenprozess als dominant durchsetzt. Der Satz sollte schon zeigen, wie komplex und bunt diese Prozesse sind und dass es ganz wesentlich ist genau zu differenzieren, auf wen oder was ich gerade mit Spiral Dynamics schaue.

Noch ein paar einführende Hinweise zu Spiral Dynamics

Um die Dynamik zwischen Menschen, in Teams und in Organisationen zu verstehen, müssen wir – jenseits von Gedanken und Verhalten – nach der darunterliegenden Motivation suchen, die die Gedanken und das menschliche Verhalten verursacht. Jeder Mensch ist motiviert, nur eben nicht zu den gleichen Dingen. Viele Konflikte, Missverständnisse und Reibungen in Organisationen entstehen, weil wir erwarten, dass andere die gleichen Motivationen und Triebfedern haben wie wir. Das ist sicherlich in den meisten Organisationen nicht der Fall und auch nicht notwendig, denn Menschen mit völlig unterschiedlichen Motivationen und Triebfedern können ebenfalls gut zusammenarbeiten, solange sie sich über die Richtung einig sind und es ein klares, gemeinsames Ziel gibt.

Überblick Spiral Dynamics Ebenen

Hier einmal die in Organisationen wesentlichen Spiral Dynamics Ebenen in einem extremen Kurzüberblick.

Die erste Stufe „beige“ und die letzte formulierte Stufe „koralle“ habe ich einmal ausgelassen. Ich habe eine Zusammenstellung gewählt, die sehr verkürzt das Modell und einige Interpretationen, bzw. Zuordnungen zusammenfasst. Also bitte erwarte nicht, dass Du nach diesem Artikel mit diesem Modell arbeiten kannst. Es soll Dir nur einen groben ersten Einblick geben. 

Grundsätzlich versteht sich das Modell als „nach oben offen“. Weitere Weltsichten und Werteebenen entstehen bei fortschreitender Entwicklung.

Wertesystem: Purpur, Verwandtschaft, Sicherheit und Geborgenheit

Credo: Tradition und Gewohnheiten sichern unser Fortbestehen

Einstellung: Sicherheit finde ich bei meinen Verwandten

Teamsichtweise: Loyalität und sozialer Zusammenhalt bestimmen unsere Stärke

Qualität: Sorgen, Handwerk, Tun, Improvisationsvermögen

Fallstrick: Starrsinn, in der Vergangenheit leben

Führungsstil: der Pater familias

Gesellschaft: ursprünglich Jäger/Sammler, Nomaden, familiäre Stammesverbände; heutzutage Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft

Wertesystem: Rot, Willenskraft, Handeln & Leidenschaft

Credo: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Einstellung: Herrschen oder beherrscht werden

Teamsichtweise: Alles steht und/oder fällt mit der Anwesenheit oder dem Fehlen einer starken Führung

Qualität: Mut, Tatkraft, Handlungsorientiertheit

Fallstrick: Opportunismus, Machoverhalten, Egoistisch, Impulsiv 

Führungsstil: Der Kommandant

Gesellschaft: Ursprünglich streitende Stämme, Clans mit Kriegsherren, Freistaat, Autokratie; heutzutage Aktionsgruppe, Hard-Core-Sport, Banden, Widerstands- und Befreiungsgruppen

Wertesystem: Blau, Ordnung, Stabilität & Moral

Credo: Zweimal nachdenken, bevor man zur Tat schreitet

Einstellung: Ich erfülle pflichtgetreu meine Arbeit

Teamsichtweise: Alle sind Rädchen in einem größeren, hierarchischen System

Qualität: Sorgfältig, Disziplin, Integer

Fallstrick: Bürokratie, verurteilend, unflexibel, ängstlich, gegenüber Fremden und Fremden

Führungsstil: Der Manager

Gesellschaft: Ursprünglich feudale Gesellschaft, Ständegesellschaft, ideologisch erstarrte Gesellschaft; heutzutage nationalistischer Staat, Region mit eigener Identität, Kirchengemeinde

Wertesystem: Orange, Selbstentfaltung, von Erfolg getrieben & Rationalität

Credo: Nur das Ergebnis zählt

Einstellung: Ich nutze meine Chancen und brillierem um zu gewinnen

Teamsichtweise: Wettbewerb und Leistungsbelohnung sind Voraussetzungen für Erfolg

Qualität: Vision, innovieren, verdienen

Fallstrick: Kalte Sachlichkeit, ausschließlich auf Zahlen starren, Leistungszwang, emotionslos, schlechter Verlierer

Führungsstil: Der Unternehmer

Gesellschaft: Ursprünglich Industriegesellschaft, Meritokratie; heutzutage Demokratie und freier Markt, Wohlstandsgesellschaft, Wissensökonomie

Wertesystem: Grün, Sensibilität, Harmonie & Gemeinschaft

Credo: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht

Einstellung: Der Weg ist das Ziel

Teamsichtweise: Jeder ist gleich(wertig)

Qualität: Sensitiv für Prozesse, empathisch, idealistisch

Fallstrick: nebulös, sentimental, alle einbinden, träge Entscheidungsprozesse

Führungsstil: Der Verbinder

Gesellschaft: Ursprünglich Multikulturelle Gesellschaft, Sozial- und Versorgungsstaat; heutzutage Bürgergesellschaft, partizipierende Gesellschaft

Wertesystem: Gelb, Synergie systemisch & integral

Credo: Unglaublich, was man schaffen kann. Es ist unwichtig, wer dafür die Anerkennung bekommt

Einstellung: Ich erfülle die Rolle, welche die Situation von mir verlangt

Teamsichtweise: Eine Zusammenarbeit von größtenteils getrennt voneinander arbeitenden Professionals

Qualität: autonom, Umgang mit widersprüchlichen Werten, Gefühl für timing

Fallstrick: Unergründlich, eigensinnig, stellt Dinge unnötig kompliziert oder komplex dar

Führungsstil: Der Evolutionär

Gesellschaft: Zurzeit in Entwicklung; nachhaltige Gesellschaft, Kreislauf- und "Sharing"-Wirtschaft

Tolles Modell, aber Vorsicht bei der Anwendung

Noch einmal der Disclaimer, dass ich Spiral Dynamics für kein gutes Grundlagenmodell für Organisationsentwicklung halte, sondern nur als eine ergänzende Perspektive, mit der man sehr vorsichtig umgehen sollte. Bei Interesse an differenzierteren Begründungen, einfach mal nachfragen. 😉

Wichtig ist noch der Hinweis, dass man zwischen der Struktur und dem Inhalt einer Ebene unterscheiden muss. Die Struktur bilden quasi die Prinzipien, nach denen eine innere und äußere Orientierung erfolgt. Das ist in Spiral Dynamics aus meiner Sicht nicht so klar unterschieden, wie es in STAGES oder der Theory of Process erkennbar ist. Aber auch Spiral Dynamics unterscheidet eigentlich Struktur und Inhalt. So könnte eine Struktur eher blau sein, der Inhalt aber schon Werten entsprechen, die eher bei grün angesiedelt sind.

Eine agile Methodik kombiniert orange Ergebnisorientierung mit grüner Kooperation. Wenn eine agile Methodik also jetzt strikt nach Lehrbuch eingeführt wird, es keine Anpassung an die eigene Organisation gibt und regelmäßig Audits durchgeführt werden, ob auch alle Regeln des Vorgehens eingehalten werden, so ist die Struktur eher in der blauen Entwicklungsstufe zu finden. Das mag zwar schon einiges an Verbesserungen bringen, jedoch ist das noch kein wirklicher Schritt zur echten Agilität, denn es steht nicht der Kunde im Vordergrund, sondern die Einhaltung der richtigen Prozesse.

Jede Stufe schaut auf die Welt aus seiner eigenen Brille. Dabei hat erst die gelbe Stufe eine entwicklungsorientierte Perspektive und kann alle anderen Ebenen wertschätzend integrieren. Die anderen Stufen werden sich eher ablehnen.

Die blaue Ebene lehnt die grenzüberschreitende orangene Perspektive ab. Denn Orange verändert Regeln, wenn das effizienter ist. Grün lehnt die reine orangene Ergebnisorientierung ab, weil aus der Perspektive die Sachebene übertrieben wird und die Mitmenschlichkeit zu kurz kommt. Aus der orangenen Perspektive diskutiert Grün die Dinge zu Tode, ohne wirklich voran zu kommen.

Grün könnte jedoch bereits sehen, dass die orangene Ergebnisorientierung wichtig ist. Grün könnte also eventuell Orange vermitteln, dass die Einbindung der Gefühle langfristig zu einer besseren Effizienz führt. Orange kann die grüne Perspektive nicht sehen, bzw. verstehen und könnte daher keine Integration einer grünen Perspektive betreiben.

Doch Vorsicht. Jemand könnte sozial sehr kompetent und sehr einladend sein, eine wundervolle Atmosphäre verbreiten, ohne dass er auf einer grünen Entwicklungsstufe sein müsste. Das könnte ich auch tun, um mein kurzfristiges Ziel zu erreichen (rot), weil sich das so gehört (blau), weil es meinen Zielen dient (orange), weil es mir ein wichtiger Wert ist (grün), weil es der Verbindung zwischen Menschen dient (gelb). Für die Einschätzung einer Stufe ist es also wichtig, hinter das Verhalten zu schauen. 

Warum tun Menschen das, was sie tun, das ist die Schlüsselfrage.

Das ist hier mit Sicherheit ein extrem verkürzter Einblick in das Modell und wird unglaublich vielen Nuancen nicht gerecht. Aber es ist immerhin ein Einblick. 😉

Wie wäre es also mal, diese Brille einen Moment aufzusetzen und zu schauen, welche Muster sich in Organisationen, Freundeskreis und Familie zeigen, die sich den Stufen zuordnen liessen… 😉

Viel Spaß dabei!

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Von KPIS (Kennzahlen), Steuerung und Sinn… https://heiko-veit.com/blog/kpis-kennzahlen-messen-steuern/ https://heiko-veit.com/blog/kpis-kennzahlen-messen-steuern/#comments Sun, 02 Feb 2020 00:00:00 +0000 Organisationsentwicklung Führung https://heiko-veit.com/blog/kpis-kennzahlen-messen-steuern/ Weiterlesen

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Eine Organisation muss geführt und gesteuert werden. 

Auch wenn dies nicht unbedingt durch einen Diktator erfolgen sollte… 

Entscheidungen in komplexen Situationen können nur durch Menschen sinnvoll getroffen werden. 

Und Menschen sind dazu auf Informationen angewiesen…

Unabhängig vom Organisationsmodell, ob klassisch hierarchisch, flache oder tiefe Hierarchie, holarchisch oder zwiebelförmig, kooperativ oder diktatorisch, keine Organisation kommt ohne Entscheidungen und Steuerung aus. Und Steuerung in komplexen Situationen können nur Menschen sinnvoll vornehmen, da sich die Welt nicht mit Algorithmen und Routinen vollumfänglich beschreiben lassen kann. 

Ok, manche würden sagen „noch nicht“, aber das warten wir erst mal ab….

Sinnvoll bedeutet auch, dass Informationen unseren Sinnen erst einmal zugänglich gemacht, dann interpretiert werden, um dann daraus Schlüsse zu ziehen.

Hier geht es mal um den Beginn… das Zugänglich machen mit den Sinnen und einen guten Rahmen als Interpretationshilfe.

Also, um gute Entscheidungen zu treffen, müssen Menschen sinnlich wahrnehmen und müssen dann daraus -unter anderem- gute Informationen machen. Und da möchte ich gerne für die Ehrenrettung eines leider extrem in Misskredit geratenen Elements eintreten. Für den KPI, den Key Performance Indicator.

Ohne jetzt auf die Historie, die übertriebene Verwendung von KPIs oder auf die lustige Idee, eine Organisation wäre alleine mit Powerpoint und Excel zu führen einzugehen, hier ein paar pragmatische Hinweise.

Mehr zu KPIs (Kennzahlen)

Ein KPI soll mir Informationen geben, die es mir möglich machen, (m)eine Organisationseinheit zu steuern. Ob die Steuerung jetzt auf Ebene von Prozessen, Ressourcen, Mitarbeitern, Kunden oder sonstiges einwirkt, ist für die grundsätzliche Betrachtung von KPIs unwesentlich.

Ein KPI hat also zum Ziel, mir Informationen zu geben, damit ich die Organisation steuern kann. Damit habe ich ein paar ganz konkrete Anforderungen an einen KPI:

Die Offensichtlichste: Ich muss etwas messen, was ich auch beeinflussen kann!

Ansonsten ist das eher weniger ein KPI, als mehr ein Eingangsparameter für Steuerungsprozesse oder eine interessante Information, mit der ich Erkenntnisse gewinnen kann, was eigentlich vorgeht oder die ich in die Bewertung meiner KPIs mit einbeziehen kann.

Die Aussage, etwas zu messen, was ich auch beeinflussen kann, klingt jetzt so einfach, bedeutet in der Praxis aber, dass ich mir bei der Definition von KPIs einiges an Gedanken machen muss.

Wenn auch vielleicht nicht unbedingt in der Reihenfolge, so muss ich mir aber doch die folgenden Gedanken machen:

Wie messe ich den KPI?

Ich benötige eine sichere und wiederholbare Messmethodik, die mir auch verlässliche Ergebnisse liefert. 

Das klingt jetzt überraschend? Gut. Ich habe schon Kunden erlebt, die haben KPIs definiert, bei denen leider die Grundlagen fehlten und diese daher gar nicht erhoben werden konnten.

Was nicht bedeutet, dass Menschen dann nicht Daten zusammengestellt haben, um die KPIs zu liefern. Jedoch eben mit viel manuellem Aufwand und damit -mal abgesehen von der Effizienzfrage- mit einer hohen Fehleranfälligkeit.

Was ist der Zielwert oder Zielbereich für diesen KPI?

Ein KPI sollte mich schnell in die Lage versetzen zu steuern. 

Und steuern bedeutet ja auch einer Orientierung zu folgen. Zumindest, wenn man ergebnisorientiert steuern möchte. Dazu ist es wichtig, dass man einen Zielwert oder einen Zielbereich definiert, in dem der KPI liegen soll. Dies kann übrigens auch relativ geschehen. Gerade zum Thema relative Zielsetzung empfehle ich Niels Pflägings Buch „Beyond Budgeting“.

Übrigens muss man manchmal auch erst mal ein paar Daten sammeln, bevor in meinem Kontext passende Zielbereiche definiert werden können.

Welche Faktoren haben einen Einfluss auf diesen KPI?

Interessanterweise ist das eine Frage, die sich viele Organisationen gar nicht konsequent stellen. 

Dabei ist das genau das spannende Element, denn ich möchte ja den KPI nutzen, um zu steuern. Dann sollte ich auch wissen, WIE ich steuere, um diesen KPI zu beeinflussen. Was sind die Einflussfaktoren auf diesen KPI und welche davon kann ich wirklich beeinflussen und bei welchen bin ich abhängig von anderen, vielleicht sogar vom Markt?

So, jetzt müssen wir das „nur“ noch zusammen setzen.

KPI Steuerung Sinn Organisationen


Wenn man das jetzt genau anschaut, kann man meistens feststellen, dass erst mehrere KPIs in Bezug zueinander gesetzt werden müssen, damit man wirklich sinnvolle Erkenntnisse ableiten kann.

Und das ist gerade ein Schlüsselsatz: Ein Mensch muss sinnvolle Erkenntnisse ableiten.

Vielleicht indem Sie sich mal einen KPI anschauen, den Sie derzeit verwenden und sich die wesentlichen Fragen einmal stellen:

  • Ist der KPI allgemeinverständlich definiert?
  • Ist der KPI allen relevanten Personen zugängig und kann er auch entsprechend interpretiert werden?
  • Ist die Messung des KPI verlässlich?
  • Ist der Zielwert des KPI nützlich definiert?
  • Kenne ich die Einflussfaktoren auf den KPI und wie sind diese beeinflussbar?
  • Gibt es eine ausreichende Dokumentation dieser Zusammenhänge?

Und gerade in größeren Organisationen wäre dazu noch zu ergänzen:

  • Welche Routinen, also regelmäßig stattfindenden Abläufe gibt es auf welcher Ebene, um die KPIs (und weitere Informationen) auch regelmäßig zu nutzen, Veränderungen zu reflektieren und Maßnahmen zu initiieren?
Vielleicht offensichtlich, aber dennoch:
Die Betrachtung und Reflexion über einen KPI erzeugt noch keinen Unterschied, es braucht eine Handlung, um etwas zu verändern!
Das schönste Dashboard, die professionellste Dokumentation und Darstellung hilft nicht, wenn es nicht eine Klarheit der Erkenntnisse und daraus abgeleitete Aktivitäten gibt, deren Wirkung
-hoffentlich Erfolg- auch wiederum ausgewertet wird.

Food for Thought: Mögliche Täuschungsprozesse

Selbst wenn man sich an die obigen Empfehlungen für wirksame KPIs hält, kann man dennoch vielfältigen Täuschungen unterliegen. So könnte man beispielsweise glauben, dass Aussagen über Produktivität, Krankenstand oder andere eher intern erhobene Leistungskennzahlen auch direkte Aussagen über die Überlebensfähigkeit und den Erfolg der Organisation zuliessen. Natürlich sind diese Zahlen relevant, sie benötigen aber eine Einordnung unter Berücksichtigung des Kontexts der Organisation. Und genau da kommt die Unternehmensgrenze ins Spiel. 

Das Überleben und der Erfolg der Organisation ist primär an der Schnittstelle zwischen Organisation und Kontext, also beispielsweise Austauschbeziehungen zu Kunden, Mitarbeitende oder Gesellschaft zu erkennen. Daher sind Informationen wie Umsatz, Gewinn und Cash-Flow, die sich an der Unternehmensgrenze abspielen "härter" als beispielsweise die interne Produktivität. Natürlich kann man jetzt sagen, dass die Produktivität eine Auswirkung auf das Verhältnis von Umsatz zu Gewinn hat und damit relevant ist. 

Aber eine wirklich gute Produktivität sagt halt noch nichts darüber aus, ob genug Produkte abgenommen und bezahlt werden.

Wenn man mit obigen Überlegungen einmal über den Unterschied von internen Kennzahlen und denen an der Grenze der Organisation reflektiert, wird man schnell feststellen, dass je mehr wir auf Unternehmensgrenze und somit den Kontext schauen, unsere direkten Einflussmöglichkeiten geringer werden. Damit wird es auch schwieriger, erfolgversprechende Maßnahmen abzuleiten. Auch die direkte Wirksamkeitsmessung wird hier immer herausfordernder. Gerade an den Unternehmensgrenzen ist auch der Einsatz relativer Ziele, ein Konzept aus dem Beyond Budgeting, besonders interessant. 

Damit einher geht aber auch, sich bewusster zu werden, welche Aspekte wir stärker steuern und gestalten können und an welchen Stellen es sich um einen regelrecht co-kreativen Akt zwischen Unternehmen und Umwelt handelt, in dem wir nur Wahrscheinlichkeiten erhöhen können. Das erzeugt natürlich eine gewisse Form von Unsicherheit, die oftmals durch die Illusion von Kontrolle behoben wird.

Dazu kommen reichlich Narrative und Standard-KPIs, die landläufig genutzt werden, unabhängig davon, ob diese KPIs wirklich gut erstellt wurden oder ob die vermuteten Wirkzusammenhänge wirklich existent sind, bzw. unter welchen Rahmenbedingungen diese KPIs anwendbar sind.

Messen wir das Richtige und leiten wir passende Maßnahmen ab?

Am Ende ist im Unternehmenskontext immer wieder die Frage relevant, ob Aktivitäten das kurzfristige und langfristige Überleben der Organisation unterstützen. 

Sehr vereinfacht liegt das natürlich daran, ob attraktive Werte für relevante Kunden geschaffen werden. 

Oder anders formuliert: Ob relevante Probleme für den Markt gelöst werden. Und sei es nur "Entertainment" als Wert, der das Problem einer potentiellen Langeweile oder gar der Notwendigkeit nach eigener Sinnsuche "löst".

Daher ist bei allen KPIs und den aus den KPIs abgeleiteten Maßnahmen der Kontext der Organisation ganz explizit mitzudenken und in den Fokus zu nehmen. Es hat schon Organisationen gegeben, die haben sich "zu Tode gespart". Interne Kennzahlen sind immer besser geworden, aber die notwendige Wertschöpfung für den Kunden war soweit aus dem Fokus geraten, dass am Ende der Kunde eben nicht mehr gekauft hat. 

Als Ergänzung zum "vielleicht offensichtlichen":
Eine Handlung muss noch lange nicht den Effekt haben, der gewünscht ist.
Und genau zu klären, welcher Effekt eigentlich erzielt werden soll, ist wichtig, damit nicht Mittel und Zweck verwechselt werden.
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